Kapitel 26 - Blühende Verbitterung

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Eine Woche später

Ein letzter Blick in den Spiegel. Meine Rüstung saß perfekt. Durch den Spiegel sah ich, wie nervös Loki wirklich war. Er knetete seine Hände, wie Mutter es immer tat, und auf seinem Gesicht zeichnete sich Sorge. Ich hasste es, ihn diesen Moment alleine durchstehen zu lassen, aber Vaters Worte waren unmissverständlich gewesen. Meine Anwesenheit, bei den Verhandlungen, war unabdingbar erforderlich. »Sif geht mit dir.«

»Meinst du, ich habe Angst vor diesem Jotun?«

Im Moment musste ich jedes Wort mehrfach prüfen, bevor es meine Lippen verließ und auch dann war es nicht sicher, wie Loki darauf reagieren würde. »Nein. Ich bin mir gewiss, dass du diese Begegnung meistern wirst.«

Ich löste mich von dem Spiegel und fasste Loki sachte am Nacken. Sanft küsste ich die zarten Lippen von Runa. Wie sehr verzehrte ich mich danach, endlich wieder Lokis Gestalt im Arm halten zu können. Wenn ich die Augen schloss und unsere Köpfe sich berührten, konnte ich für einige Sekunden vergessen, dass Runa vor mir stand, denn das Gefühl war das gleiche. Unsere Auren vereinten sich, erklärte es Loki mir vor einiger Zeit. Runas und Lokis Aura waren eins. »Du bist Loki«, erinnerte ich ihn, wie jeden Morgen.

»Mir gefällt die ganze Angelegenheit nicht.« Wütend betrachtete ich mein Spiegelbild. Lady Runa im langen Gewand. Aufgeputzt wie für einen Ball. Hätte ich nur die 100 Jahre gewählt. Behandele Nal freundlich, forderte Frigga. Warum sollte ich? Was hatte dieser Jotun je für mich getan?

Ich kam hinter ihn und streichelte über den Bauch. »Geht es Kunegunda gut?«

Unwirsch nahm ich seine Hand von meinem Bauch. »Es wird ein Jotun! Alle Jotunen sind Männer. Bist du fertig, können wir gehen?«

Seine Stimmungsschwankungen waren unerträglich. Meine einladende Bewegung zur Tür wurde kommentarlos von Loki zur Kenntnis genommen. Ein Ruck ging durch seinen Körper und stolz und arrogant schritt er zur Tür. Auf dem Gang trennten sich unsere Wege. Loki ging mit Sif zu den Gästeunterkünften und ich machte mich auf zum Regierungsbezirk.

***

Das erste was ich von dem riesigen Jotun sah, war das lange grüne Cape, das Kopf und Gestalt verbarg. Er stand mit dem Rücken zu mir und wandte sich um, als hinter mir die Türen ins Schloss fielen. Ich biss die Zähne zusammen und spürte, wie meine Wangenknochen hervortraten. Was wollte dieses Biest von mir? Was sollte diese ganze Schauspiel überhaupt? Meine angebliche Mutter.

»Ich bin Loki Odinson, Prinz von Asgard. Ihr wolltet mich sprechen?« Selbst der Name meines Stiefvaters lief mir wie Honig von den Lippen, bevor ich nur meinen Geburtsnamen in den Mund nehmen würde. Um nichts in den neun Welten hätte ich meinen Geburtsnamen in den Mund genommen, ja nicht einmal gedacht, im Angesicht der Monster.

Meine Finger legten sich um die Griffe meiner Dolche. Ich hielt den Atem an, als der Riese, der mich um zwei Köpfe überragte, sein Cape nach hinten schlug. Lange schwarze Haare fielen ihm auf die Schulter. Seine roten Augen musterten mich lange, ohne dass ich eine Regung in ihnen lesen konnte. Als meine Finger begannen zu krampfen, deutete der Riese eine leichte Verbeugung an.

»Ich bin Nal, Argune aus Jotunheim, Mutter von Loptr, Helblindi und Byleist. Träger der Reifrose.«

»Nun, da wir wissen wie wir heißen, was wollt Ihr?«

»Ich erfuhr erst vor einer Woche, dass du lebst. Ich würde gerne wissen, wie dein Leben verlaufen ist.«

»Ich lebe, das reicht.« Der Jotun musterte mich.

Prinzenrolle (Thorki)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt