Kapitel 11 - Abschiede

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Malucius lächelte verschlagen, als er mit seinem Karren, den zwei Esel zogen, in ein Dorf einkehrte.

Die Bewohner wirkten misstrauisch angesichts des fremden Mannes, den in der Gegend noch nie jemand gesehen hatte, der allein reiste und offenbar ein Kind in einem Weidenkorb mit sich führte. Sehen konnte es niemand, aber umso deutlicher hören, weil es heulte und quengelte.

»Hör' zu, Quälgeist. Entweder du bist jetzt still oder ich setze dich im Wald aus!«, fauchte der Mann zu Arian, der strampelte und mit rotem Gesicht um Aufmerksamkeit buhlte.

»Ari kann den gruseligen Mann nicht leiden«, erwiderte der Kleine und warf Malucius eine leere Nuckelflasche an den Kopf. Der Mann knurrte und spürte, wie Zorn in ihm aufwallte.

Wenn der Junge nicht als sein Druckmittel so unglaublich wichtig wäre, hätte er sich dessen schon längst entledigt. Kinder waren schon immer etwas, das Malucius nicht verstand und mit dem er nichts zu tun haben wollte. Ständig wollten sie etwas, schrien, zankten sich, machten Ärger, nervten ...

»Machst du deswegen so ein Theater? Ich bin auch nicht scharf auf dich!«

»Ari hat die Hosen voll«, nörgelte der Säugling, »und Hunger. Und Ari will zu Papa und Daddy.« Er heulte wieder auf, was zwei Frauen, eine junge und eine bereits etwas ergraute, auf der Straße neugierig zu dem Gespann herüberschauen ließ. Langsam näherten sie sich den beiden und Malucius warf einen bösen Blick auf Arian.

»Auch nur ein Wort, Freundchen, dass du nicht zu mir gehörst, und du siehst deine Väter und deine Schwester nie wieder, haben wir uns verstanden? Rede am besten gar nicht. Benimm' dich wie ein normales Baby!« Er fauchte leise und Arian, dem dicke Tränen in den Augenwinkeln hingen, machte ein verängstigtes Gesicht.

»Na, Ihr habt da ja einen lebhaften kleinen Fratz«, wurde Malucius von der jüngeren der beiden Frauen freundlich angesprochen, die einen Blick in den Korb warf. »Oh, ein hübscher Junge. Euer Sohn?«

Der Mann schmunzelte. Freundlich sein war seine leichteste Übung. Umso einfacher kam man an das, was man begehrte. »Mein Neffe. Wir machen einen kleinen Ausflug, aber ich fürchte, mir sind die Windeln und auch die Milch ausgegangen.«

»Oh, na dann lasst Euch von uns aushelfen. Das ist doch kein Problem. Macht eine kleine Rast, wir versorgen den Kleinen und auch Ihr seht aus, als könntet Ihr einen Happen vertragen. Kommt doch herein.« Die matronenhaften Frauen sahen einander begeistert an und hoben den Säugling aus dem Korb.

Malucius grinste und folgte ihnen in ein kleines Bauernhaus. Die Damen hatten ja keine Ahnung, wie hungrig er war. Doch erst sollten sie sich mal um den Quälgeist kümmern, dann musste er es nicht tun. Windeln wechseln war bei diesem Kind wirklich Folter.

Arian, eingeschüchtert durch die Drohung, seine Familie nicht wiederzusehen, war still und benahm sich wie ein gewöhnliches Baby. Er sagte kein Wort, während die Frauen ihn badeten, trockenlegten und ihm schließlich ein Fläschchen mit warmer Milch in die kleinen Hände drückten.

Malucius verfolgte das Ganze mit einer diebischen Freude. Es war unglaublich erholsam, das Kind nicht permanent reden, jammern oder nörgeln zu hören. Der Mann konnte sehen, wie gern Arian protestiert hätte, denn in der Milch fehlte natürlich das Blut. Aber zu reden, das hatte Malucius ihm verboten.

Doch der Kleine war ein Baby. Und die durften weinen, wenn ihnen etwas nicht passte. Und das tat Arian schließlich auch. Er warf die Flasche von sich und fing jämmerlich zu schreien an, so sehr, dass die freundlichen Damen ganz überfordert zu Malucius blickten.

Dieser knurrte leise. Dass er sich einmal auf einen Machtkampf mit einem Säugling einlassen würde, hätte er niemals gedacht. Er hob das Fläschchen auf und lächelte.

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