Kapitel 21 - Die Nacht bricht herein

33 8 2
                                    

Riley lag noch wach, nachdem Phobos und er sich ins Schlafgemach zurückgezogen hatten, um die Spannung des Kriegsrates abzubauen. Das Unwetter, das über dem Meer begonnen hatte, war weiter gen Süden gezogen und nun zuckten die hellen Blitze vor den großen Fenstern des Turmgemachs; der Himmel war dunkel, als wäre es Nacht. Nichts ließ darauf schließen, dass der Nachmittag noch nicht sehr weit fortgeschritten war.

Der junge Vampir musterte seinen Mann, der nach den erlebten Wonnen eingeschlafen war und aus einem unbekannten Grund ärgerte es ihn. Wie konnte es sein, dass Phobos so ruhig war? Er war sonst derjenige, dessen impulsive Ader immer wieder zu Streit führte und der sich dann über Stunden nicht beruhigen konnte. Der so nachtragend und engstirnig war, dass er selbst nach Tagen noch über Dingen brütete, die Riley längst vergessen hatte, und deswegen wieder zu zanken anfing.

Warum war er dieses Mal so ruhig? Sollte er nicht unter der Decke hängen vor Wut und mit Sachen um sich werfen, die Lakaien zu Tode erschrecken oder an alles und jedem Gewalt anwenden? Sollte er nicht schreien und toben und Malucius vor dem Himmel und allen Göttern der Menschheit verfluchen?

Es ging immerhin um Arian.

Doch Phobos tat nichts dergleichen. Er saß stattdessen vor dem Kamin, mit einem Glas Whiskey und las, während Riley halb die Wände hoch ging. Und lag nun neben ihm, ruhig schlafend wie ein Kind, nachdem er die Lust genossen hatte, die die Unruhe in dem jungen Vampir nur noch verstärkt hatte. Lag das am Alter? Oder war es ihm egal? War es ihm gleich, dass dieser Psychopath ihren Sohn in der Gewalt hatte? Glaubte er, nur weil er und diese Fratze von einem Mann einst einmal eine Verbindung gehabt hatten, wäre Arian gar nicht in so großer Gefahr? War es ihm vielleicht sogar recht, dass ihr Kleiner nicht mehr hier war? Immerhin war Arian nicht geplant gewesen, sie hatten beide keine eigenen Kinder haben wollen und der Kleine konnte einem schon ziemlich auf den Wecker gehen. Seit er da war, hatte sich alles in ihrem Leben vollkommen verändert ...

Die kleine Stimme in Rileys Hinterkopf, die beteuerte, dass seine Gedanken Unsinn waren, wurde von der immer stärker werdenden Wut in dem jungen Vampir übertönt.

Ein Knurren drängte sich die Kehle des Mannes hinauf und ließ die Matratze so vibrieren, dass der Schlafende neben ihm erwachte und die Hand nach ihm ausstreckte. Phobos streichelte Riley über den nackten Rücken und brummte genüsslich, als er sich streckte.

»Was knurrst du denn so?«

»Interessiert's dich?«, fauchte der junge Vampir und rückte etwas von seinem Partner ab.

Phobos zog die Augenbraue hoch und ein sonderbares Gefühl breitete sich in ihm aus. Innerlich seufzend wusste er bereits, dass er mitten in einem Minenfeld stand und es im Grunde egal war, was er nun sagte, es würde zu einer Detonation führen.

»Würde ich sonst fragen?« Sich über das Gesicht reibend setzte sich der Unsterbliche auf.

»Nichts ist. Warum schläfst du nicht noch etwas in deiner Arschruhe. Dich scheint ja nichts zu beunruhigen!« Riley warf die Bettdecke von sich und sammelte seine Kleider vom Boden auf, bevor er sich wieder anzog.

»Welche Laus ist dir über die Leber gelaufen?«

»Weißt du ganz genau, wenn du mal scharf nachdenkst.«

Phobos seufzte. »Riley ...«

Der Angesprochene fauchte. »Nix Riley! Ach, schlaf' weiter. Du kannst mir eh nicht helfen!«

»Wenn man nicht mit mir redet, nein.«

»Reden, das ist alles, was du kannst. REDEN! Deswegen stecken wir in dieser Scheiße hier. Weil du nicht Manns genug gewesen bist, damals das einzig richtige zu tun! Du großer Held. Du Pazifist! Nur kein Blut an deinen noblen Händen! Das hier ist alles deine Schuld!« Der junge Vampir bebte vor Zorn und seine Hände zitterten.

SternschnuppenfängerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt