Sylfaen hing mit blassgrünem Gesicht über der Reling des Schiffes und versuchte krampfhaft, ihr karges Frühstück und den scheußlichen Kaffee nicht ins Meer zu spucken.
»Oh Gott, ich glaube, ich will lieber auf der Insel sterben als auf diesem Höllenkahn zurückzupaddeln«, keuchte sie und hickste, bevor sie erneut den Kopf über die Bande hielt.
»Wir können dich auf dem Rückweg ja auch bewusstlos schlagen, wenn dir das hilft«, entgegnete Riley, der neben ihr auf einer festgezurrten Kanone saß, trocken.
»Das würde es absolut«, presste das Elflingmädchen zwischen ihren Zähnen hervor.
»Bald hast du es ja überstanden«, murmelte Phobos. Er saß etwas abseits der beiden auf einem Bündel Taue und hatte die Augen geschlossen. Er fühlte sich auf dem schwankenden Deck eines Schiffes zwar nicht seekrank, doch er vertraute seinem Gleichgewichtssinn nicht.
»Dann steht uns das Schlimmste doch erst bevor«, antwortete der junge Vampir leise. »Wir wissen nicht einmal genau, wie wir es angehen sollen. Der Mistkerl steht bestimmt nicht vor dem Vulkan und erwartet uns. Diese feige Ratte versteckt sich vermutlich in seinem Loch und lässt uns auflaufen.«
»Wie ist es auf der Insel?«, ächzte Sylfaen und drehte ihr Gesicht zu Phobos. Sie hoffte, ein Gespräch würde sie ablenken.
»Karg. An der Küste gibt es ein paar Wälder mit schlecht gewachsenen Krüppelbäumen. Je näher du dem Vulkan kommst, umso trister wird das Land. Ne Lavagesteininsel halt. Vielleicht hat sie sich aber auch verändert. Ich war nur einmal dort. Vulkanasche ist ja sehr fruchtbar.«
»Und wie holen wir die Ratte aus ihrem Bau?« Riley brummte unzufrieden und knackte mit den Fingerknöcheln. Er hatte das Bedürfnis, auf etwas einzuschlagen - bevorzugt etwas, das schreien und bluten konnte.
»Wahrscheinlich leichter als wir jetzt denken.«
»Ah, ich hab vergessen, dass du ihn ja gut kennst«, schnappte der junge Vampir, seufzte aber sogleich und schüttelte den Kopf. Seine Nerven waren zum Zerreißen angespannt. »Wird Zeit, dass wir ankommen und ihm endlich die Fresse polieren können, diesem Stück Dreck!«
Phobos und Sylfaen nickten nur.
Das Schiff manövrierte sich durch die See und die Segel waren voll aufgebläht. Doch trotz des deutlich spürbaren Windes wollte der Nebel sich nicht verziehen.
Der Ruf des Kapitäns ließ alle aufhorchen und sie sahen zu, wie die Matrosen in dem Dunst die Wanden hochkletterten, um die Segel einzuholen. Kurz darauf ging der Anker nieder, das laute Platschen war deutlich zu hören, es war dumpf und wurde durch die Wasserpartikel in der Luft gespenstisch weitergetragen.
»Näher kommen wir an die Insel nicht heran«, knurrte der alte Seebär Benjamin und den Feen Belle und Khaeli zu, »Die Strömungen rund herum und die Klippen sind zu gefährlich, wir haben zu viel Tiefgang. Mit dem Dingi ist es leichter.«
Die Kämpfer hatten sich aufgerichtet und an der Reling aufgestellt. Jeder von ihnen hatte den Blick dem Eiland zugewandt, das aus dem Dunst hervorlugte. Sogar von ihrem Standort aus konnte man sehen, dass der Feuerberg rauchte.
»Der Vulkan ist tatsächlich aktiv«, murmelte Riley fasziniert. Als er noch in seiner Welt gelebt hatte, wäre er niemals auch nur im Traum in die Nähe eines solchen Ortes gekommen und nun trennten ihn nur wenige Kilometer Wasser und Land davon.
»Auf diesem liegt kein Zauber«, schnurrte Megan hinter ihnen. Sie hatte ihren pechschwarzen Umhang wieder übergezogen und lächelte sinnend. Während der Überfahrt hatte sie sich in den Frachtraum zurückgezogen und ein Nickerchen gemacht. »Anders als meiner, kann der hier jeden Moment hochgehen.«
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Sternschnuppenfänger
FantasiaEine Geschichte aus Belletristica ~ Nach fünfhundert Jahren des Wartens wiederholt sich in Belletristica das mystische Schauspiel der Fairieden. Alle Augen sind auf diesen gewaltigen Meteoritenschauer gerichtet, wodurch niemand das Erstarken eines a...