Es war Riley, der als Erster schaltete, mit einem Satz auf den zweiten Schatten zusprang, diesen fest packte und mehr ins Licht zog.
»Ein ... ein Alptraumkind«, murmelte Megan und benutzte eine andere Bezeichnung für das Volk der Schattenfeen, ging an die Tür und schaltete das elektrische Licht ein, um jeden Winkel Dunkelheit und damit die Fluchtmöglichkeiten des Eindringlings zu eliminieren.
Aus Phobos' Kehle wühlte sich ein sehr boshaftes Knurren nach oben, als er auf das kleine Wesen zuging, es am Kragen hochhob und fest ansah. »Was ist das für ein Spiel? Wo ist unser Kind? Rück' mit der Sprache heraus, wenn du leben willst, du dreckiges kleines Scheusal!«
Die Schattenfee, die bei Licht betrachtet noch unheimlicher aussah, da man unter ihrer schleierartigen schwarzen Haut ihre verschwommenen Züge nur erahnen konnte, grinste. Zumindest erschien es der Lich und den beiden Vampiren so.
»Rede, verdammt!«, fauchte Phobos und verstärkte den Griff um die Kehle des Wesens.
»Schatz, Vorsicht. Wenn du es umbringst, haben wir gar nichts gewonnen.« Riley, dessen Augen rot geworden waren, hatte einen undurchdringlichen Ausdruck im Gesicht, eine Mischung aus Hunger, Zorn, Ratlosigkeit. Und Angst. Doch anders als bei seinem Gefährten zeigte sich diese nicht in blinder Wut.
»Ich weiß. Das ist der einzige Grund, warum dieses kleine Viech noch lebt. Aber ich zeige mich vielleicht gnädig, wenn du den Mund aufmachst. Also, Alptraumkind, was hast du zu sagen?«
Das Grinsen verstärkte sich und unter dem Schleier konnte man schemenhaft spitze kleine Reißzähne erkennen. Schattenfeen waren bei dem Völkern Belletristicas dafür bekannt, dass sie sehr schmerzhaft zubeißen konnten. Nur eine der vielen kleinen Grausamkeiten, die sie an ihren Gefangenen ausübten.
»Das Kind ist der Ausgleich einer alten Schuld, die du einst auf dich geladen hast, Vampir. Das, was du genommen hast, sollst du nun vergelten.«
»Nein!«, keuchte Phobos und in der nächsten Sekunde knackte es vernehmlich und die Schattenfee erschlaffte in den Händen des Unsterblichen. Er hatte dem Wesen unbeabsichtigt das Genick gebrochen. Mit leeren Augen und einem erschütterten Gesicht ließ Phobos die kindgleiche Fee zu Boden sinken und fiel in einen der Sessel.
»Was bedeutet das?!«, forderte Riley zu wissen, der angewidert um das tote Wesen herumging.
»Dass meine Vergangenheit mich eingeholt hat. Wir müssen in die Akademie. Ich muss dringend mit Belle reden. Und dann holen wir uns Arian zurück!«
»Mit Belle? Sollten wir nicht sofort ...?«
»Ja. Mit ihr. Vertrau' mir. Sie muss davon wissen. Die Götter stehen uns bei ... das hätte nicht passieren dürfen.«
Ohne ein weiteres Wort erhob er sich, nickte Megan zum Abschied zu und zog Riley an der Hand hinter sich her, aus dem Schloss heraus und zum Portal. Keiner von beiden achtete auf die neugierigen Minions, die sich um die Schattenfee getummelt und begonnen hatten, diese zu piksen und vor sich hin zu kichern. Megan würde schon Verwendung für den Kadaver haben. Oder ihn einfach ins Feuer werfen.
»Würdest du mal mit mir reden, bitte?«
»Ich erkläre es dir, wenn wir da sind.« Phobos wählte am Portal die Akademie, Belletristicas Ort des Wissens und der Geschichtsschreibung, als Zielort aus und durchschritt es gemeinsam mit seinem Liebsten, der noch immer nicht aufgehört hatte, ihn fragend, fordernd, hartnäckig anzusehen.
»Rye, bitte.«
Das Portal, das zu dem Archiv gehörte, lag draußen, ähnlich wie bei Megan, und man hatte einen freien Blick auf einen hohen Turm, der nun wegen der nächtlichen Dunkelheit majestätisch erleuchtet war. Die Akademie lag auf der Meerseite, linksseitig am westlichen Gebirge Belletristicas in einer kleinen Bucht, und wurde im Süden von einem dichten und sehr dunklen Wald abgeschirmt. Man hatte das Gefühl, der Zeit entrückt zu sein, so friedlich und still war dieser Ort, an dem die über das Land wachenden Feen ihre Zuflucht hatten.
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Sternschnuppenfänger
FantasíaEine Geschichte aus Belletristica ~ Nach fünfhundert Jahren des Wartens wiederholt sich in Belletristica das mystische Schauspiel der Fairieden. Alle Augen sind auf diesen gewaltigen Meteoritenschauer gerichtet, wodurch niemand das Erstarken eines a...