Kapitel 11

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Mila

Als ich am Morgen aus dem Haus gehe, steht Julian davor und wartet auf mich. Mein Magen zieht sich sofort flatternd zusammen und ich gehe mit zitternden Knien auf ihn zu. Ich kann den Kuss, und wie er sich angefühlt hat, nicht vergessen. Fast die ganze Nacht lag ich mit Schmetterlingen im Bauch wach und habe diesen Kuss und seine Worte wieder und wieder durchgespielt in Gedanken. Und je länger ich darüber nachgedacht habe, desto mehr Angst habe ich bekommen. Jetzt weiß ich nicht einmal mehr: Habe ich Angst, ihm mein Vertrauen zu schenken, oder habe ich Angst, dass er mein Vertrauen schon längst hat, weil er gestern selbst alle Zweifel und alle Gründe, die ich gegen ihn vorbringen konnte, restlos gelöscht hat?

Wortlos gehe ich auf ihn zu, nehme den Helm und steige hinter ihm auf das Motorrad. Ich lege meine Arme um ihn und denke nicht darüber nach, dass nur diese Berührung allein meinen Körper kribbeln lässt, als hätte ich Brausepulver unter der Haut. Obwohl ich ihn gestern nach unserem Kuss abgewiesen habe und er mich mit enttäuschtem Gesichtsausdruck nach Hause gefahren hat, hat er mich heute wieder abgeholt. Ich hatte damit gerechnet, dass er aufgeben würde, wenn er bemerkt, dass er es mit mir nicht so leicht hat wie mit anderen Mädchen. Will er mir mit seiner Hartnäckigkeit zeigen, dass er es ernst meint? Oder habe ich nur seinen Jagdinstinkt geweckt?

Wir halten auf seinem gewohnten Parkplatz, wo ich unter dem belustigten Gelächter seiner Freunde vom Motorrad absteige und versuche, so schnell wie möglich zu verschwinden.

»Ihr führt euch auf wie die letzten Idioten«, höre ich Julian hinter mir schimpfen.

»Ach wirklich?«, antwortet jemand.

Ich laufe so schnell ich kann über den Parkplatz. Wenn ich mir das antun muss, dann kann ich in Zukunft auch wieder den Audi nehmen. Mit großen Schritten steuere ich direkt auf Kilian zu, der schon auf mich wartet.

»Du siehst aus, als wärst du auf Rush getroffen.«

»In etwa, ich bin auf seine Freunde getroffen.«

Als ich mich umdrehe, hält Julian mit wild entschlossenem Blick auf uns zu. Wie eine Dampfwalze schiebt er sich zwischen parkenden Autos und quatschenden Schülergruppen hindurch und sein Blick weicht keine Sekunde von mir ab. Ich versteife mich innerlich.

»Er kommt her.«

Ich sehe Kilian mit hochgezogener Augenbraue an. »Meinst du?«, frage ich sarkastisch.

Keinen Schritt von uns entfernt wird Julian von Sina aufgehalten. Ich weiß nicht, ob ich Sina dankbar sein oder ob ich sie nervig finden soll. Sie drängt sich direkt zwischen mich und Julian und bleibt mit dem Rücken zu mir stehen. Julian sieht mich zornig über ihre Schulter hinweg an. Ich wende mich von ihm ab und konzentriere mich auf Kilian, der sichtlich verspannt vor mir steht. Er mag Julian und seine Freunde nicht besonders. Er mag auch keine Sportler. Eigentlich sind wir beide uns sehr ähnlich. Aber ich höre ihm kaum zu, weil ich auf das lausche, was direkt neben mir passiert.

»Vergisst du auch die Party am Samstag nicht?«, will Sina wissen.

»Du weißt, ich komme samstags auf keine Party, da sind wir in der Bar.«

»Kannst du nicht einen Auftritt ausfallen lassen?«

»Kann ich nicht. Meine Mutter braucht jeden Cent, den ihr die Auftritte einbringen, um den Laden über Wasser zu halten.«

»Dann machen wir die Party am Freitag. Du musst unbedingt kommen.« Sina legt ihren Kopf schief, dann dreht sie mir ihr Gesicht zu, als wäre sie eine dieser Puppen aus Horrorfilmen. Ich ignoriere sie einfach, trotzdem bekomme ich mit, was sie flüsternd, aber kaum leiser zu Julian sagt: »Sonst erfährst du nicht, was ich für uns beide geplant habe.«

Ein Rockstar zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt