Kapitel 19

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Rush

Ich lege mich neben sie und ziehe sie an meine Seite. Selbst wenn ich ihr erklären würde, was es mir bedeutet, sie jetzt in meinen Armen halten zu können, würde sie es wahrscheinlich nicht verstehen. Ich habe das Gefühl, an den Emotionen zu ersticken, die mich gerade im Griff haben. Ich hatte alle Hoffnung aufgegeben, sie je wiederzusehen und jetzt liegt sie hier neben mir. Ich kann sie fühlen, ihren Atem auf meiner Haut spüren. Es fühlt sich an, als hätte mir jemand das größte Geschenk überhaupt gemacht. Ich will sie nie wieder loslassen, nie wieder die Hölle durchleben, die ich ohne sie durchleben musste. Sie legt ihre Hand auf meine Brust und streichelt mich schweigend.

»Mila, mir bedeutet es alles, dass du jetzt bei mir bist«, sage ich leise und lege meine Hand auf ihre. Etwas Hartes drückt sich gegen meinen Handballen und ich ziehe meine Hand mit klopfendem Herzen wieder weg und erstarre. Mir bleibt einfach der Atem im Hals stecken und ich richte mich erschrocken auf.

»Ich bin verheiratet«, sagt sie traurig lächelnd. »Tut mir leid, ich hätte es dir vorher sagen müssen.«

»Verheiratet«, sage ich und versuche gleichgültig zu klingen, damit sie nichts von dem Schmerz mitbekommt, mit dem sich mein Herz gerade befassen muss. »Wie lange schon?«, frage ich ruhig, noch immer bemüht, mir nichts anmerken zu lassen. Im Gefängnis hat nur der Gedanke an sie mich aufrecht gehalten. Nur die Vorstellung, dass wir eines Tages wieder zusammen sein werden. Nachdem ich erfahren hatte, dass sie Riverside verlassen hat, hatte ich trotzdem noch Hoffnung. Meine Hoffnung ist erst in den letzten Jahren Stückweise gestorben, bis ich sie vorhin wiedergesehen habe. In dem Moment wusste ich, sie und ich, wir werden wieder Eins und diesmal für immer. Und jetzt ist sie verheiratet. Nicht mit mir!

»Frag nicht«, antwortet sie und sagt mir damit mehr, als ich vertragen kann. Ich kann die Sekunde, in der meine Hoffnung aufs Neue stirbt, spüren. Es fühlt sich an, als würde ich innerlich vereisen. Ich mache zu, um mich vor dem Schmerz zu schützen.

»Dann frage ich auch nicht, Seattle. Aber du hast wohl Besseres als diesen Kerl verdient, sonst wärst du jetzt nicht hier.«

Sie richtet sich neben mir auf und setzt ein schiefes Grinsen auf, das nicht echt ist. »Du kennst ihn nicht, er ist toll. Ich habe den Fehler begangen.« Sie steht vom Bett auf, bevor ich sie zurückhalten kann und stellt sich so nackt wie sie ist vor das Fenster. Unter uns befindet sich ein Meer aus Lichtern und direkt vor uns die Space Needle. Ich betrachte ihre wundervolle Rückansicht und muss mit dem Drang kämpfen, mich hinter sie zu stellen, meine Arme um sie zu legen und zu verhindern, dass sie mich wieder verlässt. Ich will ihr sagen, dass wir zusammengehören, aber dazu habe ich kein Recht. Sie gehört einem anderen Mann, ich hatte meine Chance bei ihr. Ich wünschte nur, sie hätte mir mehr vertraut. Aber hätte ich mir denn selbst vertrauen können?

»Wir waren nie ein Fehler, Seattle.« Ich steige aus dem Bett und schlüpfe in meine Hose. Ich muss ins Bad verschwinden. Ich brauch nur ein paar Sekunden, um durchatmen zu können. Ich muss nachdenken, ohne dass ihr Anblick mich verrückt macht vor Begehren und Wut auf sie.

Sie dreht sich zu mir um. »Julian, ich ... Es tut mir leid. Das hier und auch alles, was damals schiefging, aber das habe ich dir ja schon gesagt. Ich weiß nicht, was ich dir noch sagen kann, außer, du hast schon immer diese Dinge mit mir gemacht, hast mich angezogen, mich in den Wahnsinn getrieben, mich weggestoßen, mir wehgetan. Aber es warst immer du, den ich wollte, deswegen fiel es mir viel zu leicht, mit dir hier hoch zu kommen. Was es nicht richtig macht.«

Sie bereut es schon Minuten danach und das macht mich so zornig, wie lange nicht mehr. Ich möchte am liebsten frustriert auf etwas einschlagen, dabei habe ich das schon lange hinter mir gelassen. Ich wende mich von ihr ab und gehe ins Bad. Nur kurz durchatmen. Kurz nachdenken. Ich muss einen Weg finden, sie bei mir zu halten. Sie hat es doch gesagt, es war immer ich, den sie wollte.

Ein Rockstar zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt