Kapitel 27

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Mila

»Wenn ich dich in dieser Schürze sehe, kommen Erinnerungen in mir hoch.« Julian hält meinen Oberarm umklammert und flüstert. Die Gläser auf dem Tablett, das ich mit einer Hand trage, klirren leise, so sehr zittere ich.

Ich werfe einen vorsichtigen Blick durch die Bar, keiner beachtet uns. »Lass mich los«, zische ich Julian an.

Er lächelt, senkt seinen Kopf noch weiter, um mir noch näher zu kommen, seine Nase berührt fast meine und ich bin umgeben von seinem Geruch, was mich noch mehr zittern lässt, weil mein Körper sich verzweifelt nach noch mehr von Julian sehnt. »Ich sage nur, was ich denke. Und ich denke, du siehst heiß aus.«

Er lässt mich los, als ich schockiert nach Luft schnappe und geht lachend weg. Er weiß genau, was er in mir auslöst, wenn er solche Dinge tut, da kann ich mich noch so sehr verstellen, ihn noch so sehr auf Abstand halten, er weiß, dass ich ihn will und das nutzt er schamlos aus.

Ich bringe die schmutzigen Gläser hinter den Tresen und beginne sie zu spülen. Die Bar ist heute nicht so überfüllt wie in den letzten Tagen, weswegen es kein Problem ist, dass Josie beschlossen hat, zu Hause zu bleiben. Es geht ihr gerade nicht so gut und damit ich sie nicht verrate, spiele ich Julian etwas vor und achte genau darauf, nicht zu besorgt zu sein, wenn er über seine Mutter spricht.

»Ich hätte gern ein Glas Cola«, sagt ein Mädchen zu mir, das etwa in dem Alter ist wie ich damals, als ich nach Riverside gekommen bin.

Ich schenke ihr Cola ein und stelle das Glas vor sie, sie lächelt schüchtern, sieht dann über ihre Schulter zurück auf Julian, der eben einen Tisch bedient und lachend mit den Mädchen flirtet. »Er ist ziemlich heiß, wie hältst du es nur aus, mit ihm hier zu arbeiten?«

Ich spüre, dass mein Gesicht heiß wird, was sie zum Glück nicht sehen kann, weil es zu dunkel ist. »Ich sage mir, er ist den Stress nicht wert.«

Sie sieht mich erstaunt an, nimmt ihr Glas und geht an einen der Tische zurück, die in einer Nische versteckt stehen. Dort sitzen die Mädchen, die zu schüchtern sind, um mit Julian zu flirten und ihn lieber aus der Ferne anschmachten.

Julian stellt ein Tablett mit Gläsern neben mich, beugt sich zu mir und haucht mir heißen Atem auf die Wange. Ich erschauere, lasse mir aber nichts anmerken. Mittlerweile bin ich darauf vorbereitet, dass er immer wieder versucht, mich irgendwie aus der Reserve zu locken. »Erinnerst du dich noch an unsere heimlichen Treffen hinter der Bar?«

»Du meinst zwischen den stinkenden Mülltonnen?«

Er streicht über meinen Oberschenkel. »Irgendwie hab ich das anders in Erinnerung, Seattle.«

Ich weiche einen Schritt zurück, bevor mein Herz noch aus meiner Brust springt. »Julian, was tust du?«

»Ist das nicht offensichtlich? Ich will dich, Mila.«

»Nein, willst du nicht«, sage ich, wende mich ab und fülle Schränke auf, die nicht aufgefüllt werden müssen.

»Woher willst du das wissen?«, fragt er und klingt wütend. Er geht, bevor ich etwas antworten könnte, also folge ich ihm und halte ihn auf, bevor er zum Hinterausgang rausgehen kann.

»Weil wir beide verschiedene Auffassungen von »ich will dich« haben. Ich will dich, ohne die Gefahr, dass du mir das Herz aus der Brust reißt. Du willst mich nur so lange, bis du mich hast und verlierst dann das Interesse. Für dich ist das alles ein Spiel, aber ich kann nicht spielen, ich werde Mutter. Du hast andere Ziele in deinem Leben. Andere Träume. Hast du auch nur eine Sekunde daran gedacht, was es bedeutet, dass ich schwanger bin? Rick hat es«, sage ich und lasse ihn stehen.

Rush

»Warte!« Ich halte sie am Oberarm fest. So leicht lasse ich sie diesmal nicht entkommen. Sie sieht mich wütend an und ich muss einen Augenblick mit meinen Gefühlen kämpfen, dann amte ich tief aus. »Es ist sein Baby, also sollte er sich damit befassen. Aber wo war er in den letzten Wochen? Ich hab ihn nicht gesehen. Er war nicht ein einziges Mal in Riverside.«

Sie löst meine Hand von ihrem Oberarm und presst die Lippen fest aufeinander. Was ich gesagt habe, geht ihr nahe. Wir stehen hier hinten im Dunkeln, wo keiner uns sehen kann. Es wäre ein Leichtes, sie einfach gegen die Wand zu drücken und zu küssen. Aber sie hat auch recht, wenn sie sagt, ich hätte noch keine Sekunde daran gedacht, dass dieses Baby alles verändert. Sie muss jetzt Entscheidungen treffen, die sie für dieses Baby trifft und ich weiß nicht, ob ich der Richtige wäre. Ob ich ein Vater sein könnte.

Seit ich mit ihr bei ihrem Termin war, denke ich immer wieder darüber nach, was ich tun würde, wenn es mein Baby wäre. Ob es nicht möglich wäre, dass es sogar mein Baby ist. Die Vorstellung, dass es so sein könnte, versetzt mich in Panik, weswegen ich nicht gewagt habe, sie zu fragen, wie sie so sicher sein kann, dass es nicht von mir ist. Denn ich brauche mich nicht daran zu erinnern, dass wir nicht verhütet haben. Ich habe es nicht getan, weil ich sie ganz spüren wollte. Komplett in sie eintauchen wollte. Ihr so nah wie möglich sein wollte. Es wäre also möglich, dass dieses Baby von mir ist. Dieser Gedanke lässt mich sie noch mehr wollen. Lässt mich noch besitzergreifender werden.

»Könnte es von mir sein?«, platze ich plötzlich raus.

Ihre Augen weiten sich nur für einen kurzen Moment, dann schüttelt sie den Kopf. »Nein«, sagt sie so ruhig, dass ich ihr glaube. »Rick und ich machen eine Pause, damit wir uns über unsere Gefühle klarwerden können.«

Ich schnaube verächtlich. Sie weiß genau, was sie fühlt. Ich weiß es auch, mir wäre egal, wer der Vater dieses Babys ist. Ich würde es trotzdem lieben, weil ich sie liebe. »Du belügst dich selbst.«

»Warum ist dir das so wichtig?« Sie sieht zu mir auf und ich nähere mich ihr so weit, bis wir nur noch Zentimeter voneinander entfernt stehen und ich ihr fruchtiges Parfüm riechen kann.

»Weil ich mir über meine Gefühle im Klaren bin. Ich weiß, dass ich dich will.« Ich hole zitternd Luft und gehe an ihr vorbei, weil ich es nicht länger ertragen kann, dass sie sich selbst belügt, wenn sie glaubt, sie könnte uns einfach den Rücken kehren und zu ihm zurückgehen. Wovor hat sie Angst? Kann sie mir noch immer nicht genug vertrauen, um sich selbst einzugestehen, dass sie mich liebt?



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