Kapitel 30

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Mila

Seit gestern Abend wage ich es nicht mehr, aus dem Fenster zu sehen, damit ich nicht noch einmal zusehen muss, wie Julian auf der Straße steht und Sina seine Zunge in den Hals schiebt. Die Erinnerung frisst mich auf, saugt mich aus. Ich bestehe nur noch aus Enttäuschung und Wut. Dabei weiß ich nicht mal, wem die Wut gilt: Julian oder mir?

»Findest du es hier drin nicht etwas dunkel?«

»Es kann nicht dunkel genug sein«, sage ich zu Josh und halte ihn davon ab, die schweren Vorhänge vor den Fenstern im Wohnzimmer zurückzuziehen.

»Ich verstehe nicht, warum du es ihm nicht einfach sagst?«

»Er hat gerade seine Mutter verloren, erfahren, dass sie und ich ihn belogen haben, soll ich ihm jetzt die nächste Lüge an den Kopf knallen? Soll ich einfach rübergehen, bei ihm klingeln, während er mit Sina rummacht und ihm sagen, schön, dass du eine neue Freundin hast, aber hey, ich bin schwanger von dir?«

»Genau das solltest du.«

Ich seufze frustriert. »Ich weiß, aber er ist im Moment so wütend auf mich, dass ich befürchte, er sagt oder tut etwas, das er später bereut, denn eigentlich ist er nicht dieser Mann, der er in den letzten Tagen war.« Ich denke mit einem Schaudern an das zurück, was er zu mir gesagt hat.

»Dieser Mann ist er wirklich nicht, Schwesterchen. Denn er liebt dich. Er hat zu mir gesagt, er hat schon immer gewusst, dass dieser Platz über seinem Herzen für dich reserviert ist, es ist ihm nur jetzt erst wirklich klargeworden.«

»Das hat er gesagt?« Ich starre mit Tränen in den Augen zu Josh auf und mein Herz krampft sich zusammen. Meine Schuldgefühle beginnen, mich zu verschlingen.

»Wieso stehen die Kisten hier im Wohnzimmer?«, will Josh wissen und sieht sich erstaunt um.

»Weil Rick gleich klingeln wird, um mich abzuholen.«

»Nein! Du läufst nicht weg!«

»Wir haben uns ausgesprochen und wollen es noch einmal versuchen.« Und ja, ich laufe weg, weil Julian recht hat, wenn er sagt, dass wir beide nicht in derselben Stadt leben können.

»Du musst es ihm sagen«, knurrt Josh mich wütend an, dann wendet er sich einfach von mir ab und lässt mich stehen.

Ich drehe mich zu den dunklen Vorhängen um und ziehe sie langsam auf. Auf der anderen Seite steht Julians altes Motorrad vor der Auffahrt. Er ist zu Hause. Mein Herz hämmert, aber ich muss es jetzt tun. Denn wenn ich es jetzt nicht tue, dann werde ich einfach verschwinden und er wird es nie erfahren. Und so verführerisch dieser Ausweg wäre, dieser Mensch bin auch ich nicht.

»Also dann«, mache ich mir Mut und setze einen Fuß vor den anderen, gehe direkt auf Julians Haus zu und ignoriere die Angst. Ich zähle sie einfach weg. Schritt, eins, Schritt, zwei ...

Ich atme tief ein, bevor ich die Klingel betätige und hoffe, dass Sina nicht da ist. Ich will mit Julian allein sprechen. »Mach es einfach wie mit einem Pflaster. Bring es hinter dich.«

»Was willst du hinter dich bringen?«

Ich drehe mich um und da steht Julian, er trägt nur Jogginghosen und ein Tanktop und er ist verschwitzt und außer Atem. Er sieht einfach zum Anbeißen aus, aber das sollte ich nicht bemerken, also konzentriere ich mich auf den kleinen Transporter, der eben vor unserem Haus hält und auf Rick, der aussteigt und mich fragend ansieht. Ich gehe die Treppen vor Julians Haus nach unten und bleibe vor ihm stehen. Pflaster! Pflaster!

»Wie geht es dir?«

»Du willst wissen, wie es mir geht? Deswegen bist du rübergekommen?« Er schiebt die Hände in die Taschen und ich beobachte die Bewegung seiner Muskeln. Unter dem Ausschnitt seines Tops lugt ein Teil meines Porträts hervor. Ich kann nicht anders, ich muss darauf starren, damit ich dem Zorn in seinem Gesicht nicht direkt ausgeliefert bin.

Ein Rockstar zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt