Überredenskünste

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„Ich und Lehrerin?!" Sie lachte zweifelnd. Albus Dumbledore sah sie über die Gläser seiner halbmondförmigen Brille belustigt an und schlenderte zu dem kleinen Tisch in ihrer Küche.

„Darf ich mir ein Stück nehmen?" Yara sah überrascht von ihm zu dem noch warmen Kuchen auf dem Tisch und nickte.

„Ich habe meinen Zauberstab seit Jahren nicht mehr benutzt. Die einzige Annehmlichkeit, die ich mir hin und wieder gönne, ist das Apparieren. Lass mich doch in Frieden leben. Du hast mich in die Muggelwelt geschickt und gemeint, dass das für mich das Beste wäre. Und du hattest Recht."

„Falls Voldemort wieder kommt, möchte ich nicht, dass er dich findet. Er war kurz davor damals. Und dafür hat er nur Monate gebraucht. Bei James und Lily hat es auch nicht sehr lange gedauert." Sie sprang von ihrem Stuhl auf.

Sie hob eine Augenbraue. „Ich habe keine Angst vor Voldemort. Ich habe nichts mehr, das er mir wegnehmen kann." Dumbledore sah sie aus seinen blauen Augen durchdringend an. Traurig schüttelte sie den Kopf. „Albus, was soll das? Warum verlangst du von mir zurück zu kommen?"

„Voldemort erstarkt. Die Zeichen sind eindeutig. Er plant etwas. Und du wirst nicht die letzte bleiben, die er suchen wird." Yara sah den alten Mann mit den langen weißen Haaren und dem ebenso langen weißen Bart nachdenklich an.

„Das ist doch nicht alles? Ich soll mein Leben wegen deinen Vermutungen aufgeben? Wenn ich nach Hogwarts komme, dann findet er mich auch."

„Ich hatte gehofft, dass du uns helfen könntest. Du besitzt Fähigkeiten..."

„Du hast gehofft, ich könne Hogwarts schützen, nicht wahr? Ich bin eine Hexe wie jede andere auch. Meine Fähigkeiten gehören mir! Auch wenn meine Vergangenheit mich einzuholen droht." Der Schulleiter ignorierte ihre aufgebrachte Unterbrechung.

„Du warst bei ihm, nicht wahr?"

Sie warf ihm einen verärgerten Blick zu. „Die Zeiten haben sich geändert Albus. Ich gebe zu, du bist nicht der einzige, der bemerkt hat, dass sich etwas verändert. Ich habe meinen Stolz begraben und war dort, ja.", sagte sie bitter und blieb stehen. „Ich weiß, dass ich nicht in die Welt der Muggel gehöre. Aber ich habe so viele Jahre unter ihnen gelebt, dass ich fast selbst einer geworden bin."

„Hexerei verlernt man nicht so schnell. Du hast mir einmal gesagt, dass du in Hogwarts arbeiten möchtest, bis du deine Meinung geändert hast. Dieses Mal frage ich dich und ich hoffe, dass du annimmst. Es liegt noch immer an dir, wer du sein willst. Du hast das nicht getan, um dich zu bereichern oder deinem Vater zu liebe. Du warst dort, weil dir das Wohl anderer wichtiger war, als dein Stolz."

„Nein, eigentlich war ich dort, weil ich mir noch immer uneins bin. Aber es hat nichts gebracht. Es geht nicht so einfach, wie ich erhofft hatte. Ich stehe mir selber im Weg." Yara atmete tief ein. Was sollte sie tun? Sie fühlte sich in Hogwarts, wie Zuhause. Ein Gefühl, dass sie in der Muggelwelt nicht hatte. Vielleicht war es wirklich an der Zeit etwas zu ändern. Seufzend ergab sie sich ihrem Schicksal. „Ich nehme das Angebot an."

Albus Dumbledore lächelte erfreut. „Sehr schön. Morgen kommen die Schüler, meine Liebe."

Entsetzt sah sie ihn an. „Morgen schon?! Das schaffe ich niemals Albus! Ich muss meine Sachen noch packen und mich irgendwie vorbereiten! Ich kann zum Festessen nicht da sein. Außerdem muss ich meine Arbeit noch kündigen!"

„Das stört mich nicht. Hauptsache du schaffst es deinen Unterricht zu halten.", gluckste er. Stirnrunzelnd sah Yara ihn an.

„Welches Fach bekomme ich?"

„Geschichte der Zauberei. Professor Bins will sich ein wenig Ruhe gönnen." Sie sah ihn zweifelnd an. „Du siehst überrascht aus."

„Naja. Noch langweiliger als bei Professor Bins kann es ja nicht werden..."

Tatsächlich traf sie erst weit nach Mitternacht des nächsten Tages im Schloss ein. Sie zog ihren schweren Koffer hinter sich her, durch die finsteren Gänge. Ihr geräumiges Büro, das ihr als Wohnung dienen würde befand sich weit oben, genau wie das Klassenzimmer, in welchem sie unterrichten würde. Hatte sie sich das gut überlegt? Sie hatte noch nie unterrichtet. Aber wenn Dumbledore sie für die richtige hielt...warum auch nicht. Ihr war klar, dass sie nicht von allen gemocht werden würde. Sie war schwierig, viel zu stolz und jung. Sie hielt sich nicht für etwas Besseres, nein. Früher war sie auch nicht so gewesen. Eigentlich war sie lebensfroh und witzig, wenn sie sich öffnen konnte. Doch es gab Ereignisse, die sie verändert hatten.

Auch diesem Problem würde sie sich hier stellen müssen. Sie schüttelte den Kopf. Lieber nicht jetzt darüber nachdenken. Es war schon spät.

Sie erreichte ihr Büro. Im Kamin glomm noch die letzte Glut. Weiter stand nichts in dem kleinen Raum. Yara hatte ihre Sachen geschrumpft und in den Koffer gesteckt. Sie würde sie morgen aufbauen. Nur ihr Bett kramte sie aus dem Koffer hervor, es war so groß wie ihre Handfläche, stellte es auf den Boden, zückte ihren Zauberstab und ließ es mit einem ‚Engorgio' wieder wachsen. Sie verzauberte ihre Decke, sodass diese sich selbst bezog und verschwand unterdessen in ein kleines, praktisches Bad. Darin stand eine Wanne mitten im Raum, ein alter, angelaufener Spiegel hing über dem Waschbecken. Sie wusch sich den Lippenstift und die Wimperntusche vom Gesicht, ließ sich dann auf ihr bequemes, weiches Bett fallen und schlief fast sofort ein.


Yara - Ein Licht in der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt