12. kalte Haut

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Jack starrte besorgt über den Hof. Bisher hatte er nichts ausmachen können, dass über den Verbleib Sophya Auskunft geben könnte. Elsa indessen rannte über den Hof. Da es erneut angefangen hatte zu schneien, fielen dicke Flocken herunter. Plötzlich rief Elsa: «Jack! Komm her!» Jack hob den Kopf. Elsa stand unter dem offenen Torbogen und wedelte aufgeregt mit den Händen über dem Kopf herum. Jack stand auf und rannte zu ihr. Ihre Augen waren unruhig zu Boden gerichtet. Jack folgte ihrem Blick. Auf dem Boden waren deutlich Fussspuren zu sehen, die aus dem Schloss zeigten. Offenbar hatte Sophya das Tor aufgestossen und war in die Berge gelaufen. Wegen dem dichten Schneetreiben waren ihre Spuren im Hof schon verschwunden, doch hier, unter dem Torbogen, waren sie geblieben, da der Schnee nicht so bald hier landete. Jack starrte besorgt zum Waldrand. «Hol dein Pferd!», befahl er ruhig. Elsa nickte, und eilte in den Stall. Jack pfiff leise und ein norwegisches Fjordpferd trabte heran. Er wusste bis heute nicht, weshalb, aber Tiere konnten ihn immer sehen. Menschen dagegen erst, wenn er sich mit viel Mühe und Kraft sichtbar machte. Sobald sie ihn allerdings einmal sahen, sahen sie ihn immer. Er schüttelte den Kopf. Er sollte sich auf die Rettung Sophyas konzentrieren. Rasch schwang er sich auf sein Pferd, wobei ihm seine Flugfähigkeit half. «Jack?», fragte Elsa hinter ihm und starrte ihn an. Alarmiert blickte Jack hinüber und sah den ungläubigen Ausdruck auf Elsas Gesicht. «Was denn?», fragte er und betete, dass sie nichts gesehen hatte. Für sie war er einfach Jack. Kein toter Junge, der seltsame Kräfte besass. «Du... du bist... geflogen.» Jack seufzte. Sie hatte es doch gesehen. «Ja, bin ich. Ich...», er brach ab. Er sollte es ihr später erklären. Je länger Sophya ausserhalb der schützenden Mauern war, desto wahrscheinlicher war es, dass ihr etwas zustiess. «Ich erklär es dir später. Wir müssen erst Sophya finden.» Elsa starrte in seine Augen. Scheinbar versuchte sie herauszufinden, ob er log. Schliesslich nickte sie. «Einverstanden, ich werde dich daran erinnern.»
«Gut. Aber wie sollen wir Sophya finden? Sie kann doch nicht sprechen, von rufen ganz zu schweigen.» Elsa biss sich auf die Lippe. «Weshalb folgen wir nicht einfach...» Jack hob eine Augenbraue. «...den Fussspuren? Es schneit, man könnte sogar sagen, es stürmt, Elsa. Ihre Spuren sind schon längst verschneit. Allerdings...» «Allerdings was?» Jack seufzte tief. «Du hast mich eh gesehen. Also kommt es darauf auch nicht mehr an.» Er spitzte die Lippen und pustete in die Luft. Kleine, blaue Schneeflocken erschienen und blieben vor Jack schweben. «søger Sophya!» Die Flocken leuchteten auf und schwebten davon. Jack spornte sein Pferd zur Eile an und folgte ihnen. «Komm!», rief er über die Schulter. Er ahnte, dass Elsa nach wie vor auf dem Hof stand. Tatsächlich dauerte es nicht lange, und Elsa erschien an seiner Seite. «Du kannst also zaubern?» Jack nickte kurz. «Wenn man es so nennen will.» Offenbar war er nicht gewillt, ihr jetzt schon alles zu erzählen. Konzentriert folgten seine Augen den Schneeflocken, welche zielstrebig vor ihnen schwebten. Plötzlich hörte Jack etwas. Eilige Schritte knirschten im Schnee und ein Wolfsheulen ertönte. Irgendjemand, sehr vermutlich Sophya, war den Wölfen begegnet. Und diese waren, wie nicht anders zu erwarten, hungrig und jagten sie nun. «Wir müssen uns beeilen!», rief Jack und trieb sein Pferd zu grösster Eile an. Unruhig suchten seine Augen die Umgebung ab, wobei er immer wieder lauschte, in der Hoffnung, er könne hören, in welcher Richtung sich Sophya befand. Gerade als er glaubte, sie nicht finden zu können, sah er eine blasse Hand neben sich, die zwischen die dichten Bäume deutete. Elsa hatte zu ihm aufgeschlossen. «Dort!» Jack folgte Elsas Hand und entdeckte die junge Frau. Sie hatte sich scheinbar in irgendetwas verfangen, während die Wölfe sie knurrend umringten. Offenbar hatten sie noch keinen Angriff gestartet, sondern sie nur eingekesselt. Jack lächelte. «Was hast du?», fragte Elsa und beäugte Jack misstrauisch. «Das wird lustig», antwortete er und griff nach seinem Stab, welchen er bei sich hatte. Er deutete damit auf das Rudel und sofort erschien eine Eismauer, welche Sophya umgab. Die Wölfe knurrten und suchten nach ihrer Beute. Doch das Eis war milchig und dick. Einige warfen sich gegen das Eis, doch es gab nicht nach. Jack liess sich zurück in den Sattel sinken und beobachtete das Rudel. Elsa wollte sich in Bewegung setzen, zweifellos, um Sophya zu helfen, doch Jack griff in ihre Zügel. «Warte. Wenn du jetzt dahingehst, werden sich die Wölfe auf dich stürzen. Sie sind zornig und hungrig.» Als er hinübersah, bemerkte er, dass Elsa ohne einen Mantel neben ihm sass. Besorgt starrte er sie an. Bis jetzt hatte er gar keine Zeit gehabt, sie genauer anzusehen. Er selbst musste keinen Mantel tragen, war er doch gegen die Kälte immun. Doch Elsa war ein Mensch. Sie könnte nicht lange in dieser klirrenden Kälte überleben. «Frierst du nicht?», fragte er und liess sie nicht aus den Augen. Elsa schüttelte den Kopf, den Blick starr auf die Eismauer gerichtet, die Sophya schützte. Jack hob die Hand und berührte Elsa am Handgelenk. Ihre Haut war kalt wie Eis. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit.

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Hallo
Ich weiss, ich habe mich seit Urzeiten nicht mehr gemeldet, allerdings fehlte mir etwas die Motivation und die Inspiration für den weiteren Verlauf der Geschichte. Als Entschuldigung heute ein etwas längeres Kapitel (wenn es nicht sogar das längste bisherige ist).
Was denkt ihr, was ist mit Elsa los?

Alles liebe und schöne Festtage
Moon

SchneezauberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt