16. grosses Herz

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Jack sass geschockt auf dem Fensterbrett. War sie tatsächlich vor ihm weggelaufen? Betrübt liess er den Kopf hängen. Doch dann erinnerte er sich an diese kitschigen Romane, welche scheinbar jedes Mädchen, welches lesen konnte, so gerne las. Da liess der Junge das Mädchen, dass er lie... mochte, einfach davon stürmen. Wie oft hatte er den Kopf geschüttelt über soviel Dummheit. Doch gerade tat er genau dasselbe!

Rasch sprang er auf und lief Elsa hinterher. «Elsa!», schrie er. Er sah gerade noch einen Zipfel ihres hellblauen Kleides um die Ecke verschwinden. Laut fluchend sprang er hoch und flog ihr nach. Kurz hinter ihr liess er sich wieder zu Boden sinken, packte sie am Arm und wirbelte sie zu sich herum. «Els», murmelte er, «bitte lass mich erklären.» Sie starrte ihn an. «Also gibst du es zu?», fragte sie leise und ihre Augen wurden noch etwas kühler.

Er seufzte, hob sie hoch, stiess eines der Flurfenster auf und flog mit ihr hinauf in die inzwischen hereingebrochene Nacht. Wenn er sie nämlich auf dem Arm trug, konnte sie nicht vor ihm davonlaufen. Über ihnen leuchteten die Nordlichter in all ihren Farben. «Was... was machst du da?», kreischte Elsa erbost. «Dir erklären, was passiert ist. Und wenn ich mit dir fliege, hast du keine Möglichkeit davon zu laufen, bis ich fertig bin.» «Ich könnte von deinem Arm springen...», entgegnete sie und äugte zum Boden hinunter. Jack umfasste sie etwas fester. «Könntest du rein theoretisch, aber ich finge dich trotzdem wieder auf, bevor du auf dem Boden aufkommst. Falls du es vergessen hast, der ist gefroren.» Elsa atmete tief aus, um sich zu beruhigen und sah ihn abwartend an. «Also?», fragte sie.

Jack atmete tief ein und begann zu erzählen: «Du hast mich damals gefragt, ob ich ein Magier sei. Ich habe versprochen, dir das alles zu erklären...» «Aber das hast du nicht», unterbrach Ela ihn. Schuldbewusst sah Jack sie an. «Ja, das habe ich bis jetzt nicht getan, und das tut mir leid. Aber jetzt tu ich es. Würdest du also bitte zuhören? Du kannst mich danach gerne anschreien, wenn es dir hilft, aber bitte... hör mir zu.» Er wartete kurz. Elsa überlegte kurz und nickte dann.

Jack nahm all seinen Mut zusammen und fuhr in seiner Erklärung fort. «Zuerst musst du wissen, dass ich vor rund hundert Jahren geboren wurde. Ich lebte in einem kleinen Dorf und hatte eine kleine Schwester. Eines Tages wollte sie, dass ich ihr das Eisschuhlaufen beibringe. Also bin ich mit ihr zu einem nahen See gegangen. Am Ende des Tages konnte sie es tatsächlich einigermassen. Dann zog Nebel auf und ich wusste, dass es Zeit ist, nach Hause zu gehen. Ich rief nach ihr. Doch als sie zu mir kommen wollte, fing das Eis unter ihr an, brüchig zu werden. Ich versuchte ihr einzureden, dass ich ein Spiel mit ihr spielen würde und dass ihr nichts geschähe. Erst glaubte sie mir nicht. Ich denke, auch danach hat sie mir nie geglaubt. Mit einem Stock schaffte ich es aber, sie in Sicherheit zu bringen. Doch dabei... wurde ich selbst in diese Risslandschaft gezogen. Das Eis brach unter mir ein und ich stürzte in den See. Dabei muss ich wohl ertrunken sein. Als ich erwachte, verstand ich erst nicht, was passiert war. Als ich es schliesslich begriff, traf ich die Sneedronning, welche mir anbot, dass ich bei ihr Unterschlupf bekäme, wenn ich Eisstücke zu Menschen brächte. Sie verlieh mir magische Kräfte, die mir dabei helfen sollten, meine Aufgabe zu erfüllen. Also tat ich, was sie von mir verlangte. Doch bis vor wenigen Wochen begriff ich nicht wirklich, was diese Scherben anrichten. Die Sneedronning versicherte mir, dass die Scherben nicht schädlich seien... Ansonsten hätte ich diesem Handel nie zugestimmt... Ich hätte... ich hätte nie diese fürchterliche Scherbe zu deiner Schwester gebracht.» Jacks Stimme erstarb.

Elsa blickte ihn an. «Du bist also streng genommen schon seit mindestens hundert Jahren tot? Und diese Scherbe, die eigentlich für meine Schwester bestimmt wäre, erhielt ich? Doch warum?»

«Die Sneedronning wollte, dass nur diejenigen Scherben erhalten, die mich sehen, ohne dass ich mich mit Magie sichtbar mache. Deine Schwester konnte mich sehen. Doch dann war aus irgendeinem Grund nicht deine Schwester in ihrem Bett, sondern du. Doch erst nach deiner Erzählung vorhin begriff ich, dass sie offenbar jemanden sucht, der ihren Platz einnimmt.» Jack schaute zu den Polarlichtern, um nicht in Elsas Gesicht blicken zu müssen. Bestimmt hasste sie ihn jetzt. Doch er spürte, wie sich eine Hand an seine Wange legte. «Jack?» Unsicher senkte er den Blick. Elsas Blick war auf ihn gerichtet. Ihre Augen strahlten wieder etwas mehr in ihrem alten Glanz. Den Glanz, den er damals auf dem Ball gesehen hatte. Doch noch immer lauerte die Kälte hinter diesem Funkeln. «Ich hasse dich nicht.»

Jack nahm all seinen Mut zusammen. «Elsa ich...» Doch Elsa legte einen Finger auf seinen Mund. «Ich weiss Jack, ich weiss. Aber bitte, sag es noch nicht. Was, wenn sich dieses Gefühl ändert, wenn ich mich in eine Person wie sie verwandle?»

Jack legte den Kopf schräg. «Ich respektiere deinen Wunsch. Doch eines Tages werde ich es dir sagen. Wir werden gemeinsam einen Weg finden, diese Scherbe loszuwerden.»

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So, meine kleinen Schneeflocken, endlich geht es mal ein wenig vorwärts in der Story. Als Entschädigung für die lange Funkstille, bekommt ihr heute gleich zwei Kapitel

Und da ich weiss, wie gerne ihr etwas Drama habt (besonders du, Faurien). lasse ich euch jetzt einfach an einem kleinen Cliffhänger knabbern.

Alles liebe und bleibt frostig

Moon

SchneezauberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt