22. Ein Ruf

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Jählings kehrte die Sneedronning aus ihren Gedanken zurück. Sie senkte den Kopf und liess den Blick über die kalte Landschaft schweifen. Gerade als sie in ihre Gemächer zurückkehren wollte, bemerkte sie zwei kleine Punkte, die aus dem Wald kamen. Der Wind trug ein Lachen zu ihr, hell und klar. Sie kniff misstrauisch die Augen zusammen und erkannte, dass Jack mit Elsa zum Schloss lief. Der Wind fauchte auf und fuhr ihr in die Haare. Vor sich hin grummelnd rauschte die Sneedronning vom Dach.

«Hör auf, Jack!», lachte Elsa und versuchte sich zu ducken, damit die kleinen Vögel, die Jack erschaffen hatte, nicht mehr durch ihre Haare flatterten und an ihrem Kleid zupften. «Warum?», grinste Jack und beobachtete Elsas Versuch den Vögeln zu entkommen. «Weil ich mich ansonsten gezwungen sehe, dich mit Schneebällen zu bewerfen!», gab Elsa zur Antwort. Jack lachte und mit einer Handbewegung lösten sich die Vögel in kleine Schneeflocken auf, die glitzernd auf den Boden fielen. Elsa öffnete gerade den Mund, um ihn zu fragen ob er wegen der Schneeballdrohung die Vögel aufgelöst habe, als ein eisiger Wind über die Ebene pfiff. Jack schaute beunruhigt zu den Zinnen des Schlosses. «Die Herrin ist wütend», murmelte er. «Ich denke, es ist besser, wenn wir unser Schokokränzchen verschieben. In solch einer Laune macht jedes Geräusch, das nur im Entferntesten glücklich erscheint, sie nur noch gefährlicher.» «Selbst für dich?», fragte Elsa leise und warf ihm einen Blick zu. «Selbst für mich.»

Die beiden verstummten und liefen leise durch das geöffnete Schlosstor. Die Unbeschwertheit, die bis eben noch geherrscht hatte, war verschwunden. Sie waren wieder in der Realität des ewigen Winters angekommen. Jack begleitete Elsa durch die Eingangshalle und wollte sie zurück zu ihrem Zimmer bringen, als eine verstört dreinblickende Sophya aus einem Gang trat. ^Die Sneedronning verlangt nach dir^, teilte sie Elsa mit.

«Was hat sie gesagt?», fragte Jack. Er wusste, es war vermutlich unhöflich Elsa zu fragen, was Sophya ihr gesagt hatte. «Die Sneedronning möchte mich sehen.» Jack wurde unruhig. Bis jetzt hatte die Sneedronning noch nie verlangt, dass Elsa zu ihr kommen solle. Naja, wenn man von dem einen Mal absah, als sie ihr gesagt hatte, weshalb sie sich veränderte. Aber das war schon Wochen her. Seither hatte sie sich nicht mehr um Elsa geschert. Es schien sogar fast, als hätte sie vergessen, dass ausser Jack noch andere Menschen im Schloss waren. Und nun wollte sie plötzlich, dass Elsa zu ihr kam?

Aus einem Reflex heraus ergriff er ihren Arm. «Geh nicht», bat er sie eindringlich. Elsa wandte sich um und er erstarrte. Ihre Augen waren plötzlich so leer und erinnerten an eine Puppe. «Sie ruft nach mir», antwortete sie dumpf und löste seine Finger. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber sofort wieder. Auch Sophya schien beunruhigt über die Veränderung ihrer Freundin. Sie hatte sich zwar in den vergangenen Wochen etwas von ihr entfernt, wollte aber versuchen, wieder näher an Elsa heranzutreten. Nun allerdings fragte sie sich, ob es die beste Idee war, wenn sie den Versuch wagte, wieder ein engeres Verhältnis zu ihrer Freundin aufzubauen. War es vielleicht sogar schon zu spät und ihre Freundin war schon zu sehr in den Fängen dieser Frau, die sich Sneedronning nannte, gefangen?

Genau in diesem Moment fuhr ein Ruck durch Elsas Körper und sie tat einen Schritt in Richtung des Thronsaals. Mit eckigen Bewegungen lief sie den Gang hinunter und verschwand aus Jacks und Sophyas Blickfeld. Beide wussten nicht, dass dies für eine lange Zeit das letzte Mal sein würde, in dem sie ihre Freundin sähen.

Die Sneedronning erwartete Elsa schon. Zufrieden bemerkte sie, dass der von ihr erschaffene Splitter nun endlich so sehr in Elsa verankert war, dass sie einem Ruf von ihr nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Willenlos blieb Elsa vor ihr stehen. «Komm mein Kind», sagte sie und streckte scheinbar fürsorglich Elsa ihre Hand entgegen. Kurz zögerte Elsa und ein Licht flackerte in ihren Augen, doch kaum begegnete sie dem Blick der Sneedronning, erlosch es auch schon wieder. Elsa trat näher und ergriff die eisige Hand. Sofort erhob sich ein Schneewirbel um die beiden und sie verschwanden ins Nichts.

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