17. Norðurljós

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Elsa lächelte. Plötzlich sah sie an Jack vorbei in den Himmel. «Jack? Was ist das?» Jack blickte über die Schulter. «Das sind Nordlichter. Kennst du die etwa nicht?» Elsa schüttelte den Kopf. «Bei uns gibt es das nicht. Ich habe zwar davon gelesen, aber so... schön habe ich es mir nicht vorgestellt.» Jack lächelte. «Wenn du willst, können wir noch etwas bleiben.» Elsa strahlte. Von ihrem Zorn war nichts mehr zu spüren. Eifrig nickte sie. Jack lächelte und liess sich auf einen hohen Ast sinken. Dieser war so hoch oben, dass es keine festen Äste mehr oberhalb gab, weswegen Elsa einen ungestörten Blick auf die Nordlichter geniessen konnte. Jack legte ihr einen Arm um die Taille. Wenn er herunterflöge, könnte er sich abfangen oder würde sich wenigstens nicht verletzen. Doch Elsa... war trotz allem ein Mensch. Jack sah kurz nach unten. Wenn Elsa fiele und er sie nicht auffinge, würde sie sich schwer verletzen. Elsa legte eine Hand auf den Arm, den Jack um ihre Körpermitte gelegt hatte und beobachtete verzückt das Schauspiel über sich. Jack dagegen beobachtete Elsa. Er genoss ihre unverfälschte Freude. Vor allem, da sie sich in den letzten Wochen so sehr zurückgezogen hatte. Hier draussen, weit fort von den kalten Schlossmauern wirkte sie frei.

Erst als die letzten Nordlichter über den nächtlichen Himmel gehuscht waren, erwachte Elsa aus ihrer Welt, in die die Nordlichter sie geführt hatten. Sie legte den Kopf auf Jacks Schulter und betrachtete den Himmel. Als sie allerdings anfing zu zittern, nahm Jack sie wieder auf seine Arme. «Jack, das musst du doch nicht. Jetzt werde ich dir garantiert nicht mehr weglaufen.» «Ich weiss», antwortete Jack. «Aber wenn wir zurückfliegen, sind wir um einiges schneller, als wenn wir durch die Schneemassen stapfen.» Elsa seufzte. «Weshalb ist das so wichtig? Du frierst doch sowieso nicht, oder?» Jack sah zu ihr hinunter. «Stimmt. Aber du kannst immer noch frieren. Deswegen möchte ich dich so schnell wie möglich zurückbringen.» «Dort... fühle ich mich aber... eingesperrt», murmelte Elsa und sah auf die Rinde des Baumes, auf dem sie noch sassen. «Du bist aber nicht allein. Du hast Sophya...» «Aber sie fürchtet sich vor mir, seit der Sache mit den Wölfen!», warf Elsa ein.

Jack seufzte. «Lass ihr etwas Zeit. Sie kennt das nicht, sie hat vermutlich immer gesagt bekommen, dass Menschen wie wir gefährlich seien.» «Aber das sind wir doch», murmelte Elsa leise. Jack legte einen Finger unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. «Nein, Els. Wir sind nicht gefährlich. Oder würdest du sagen, dass ich gefährlich bin?» Elsa schüttelte den Kopf. «Gut, du nicht aber...» «Du auch nicht. Du musst nur lernen, diese Kräfte zu kontrollieren.» «Aber die Sneedronning wird es mich bestimmt nicht beibringen. Sie will doch, dass ich ihren Platz einnehme!», flüsterte Elsa und verbarg ihren Kopf an Jacks Hals. Jack legte behutsam eine Hand an ihren Kopf und strich darüber, um sie zu beruhigen. «Sie vielleicht nicht, aber ich kann es dir beibringen.» Elsa hob den Kopf. Hoffnungsvoll sah sie ihm in die Augen. «Du würdest das wirklich tun?» Jack lächelte und gab ihr einen Kuss aufs Haar. Mehr traute er sich nicht, hatte sie doch gesagt, dass er es nicht aussprechen dürfe, was er für sie empfand. «Ja, das und noch viel mehr würde ich für dich tun, Els», murmelte er in ihr Haar.

«Was hast du gesagt?», fragte Elsa und schaute ihn neugierig an. «Nicht so wichtig», winkte er ab. «Jack... bitte sag es mir.» Sie suchte seinen Blickkontakt und verlor sich in seinen blauen Augen, die im Sternenlicht funkelten. Jack seufzte. «Ich habe gesagt, dass ich es dir beibringen werde.» Elsa sah ihn prüfend an. Sie merkte, dass er nicht die ganze Wahrheit sagte, dass sah Jack an ihrem Blick. Trotzdem bohrte sie nicht nach, legte ihre Arme um seinen Hals und lehnte den Kopf an seine Schulter. Langsam stiess sich Jack vom Ast ab und flog mit ihr zurück Richtung Schloss. Irgendwann merkte er, dass Elsas Atem immer gleichmässiger wurde. Er warf einen kurzen Blick auf ihr Gesicht, dass inzwischen etwas zur Seite gekippt war. Zufrieden lächelte er, als er sah, dass seine prinsesse eingeschlafen war. Leise flüsterte er: «Schlaf gut, prinsesse.» Er wusste, dass sie ihn nicht hören konnte. Trotzdem tat es gut, es wenigstens einmal laut ausgesprochen zu haben.

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