4. Die Schneekönigin

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Jack rannte verzweifelt in den Wald. Auch wenn er es irgendwo tief in sich gewusst hatte, es so plötzlich vor Augen geführt zu bekommen, dass man tot war, war nicht angenehm. Er rutschte auf einer Eisschicht aus und merkte, wie er die Kontrolle verlor. Er ruderte wild mit den Armen und versuchte, sein Gleichgewicht zu behalten. Doch durch das ständige Gefuchtel drehte er sich nur im Kreis. Plötzlich rauschte er in eine weiche Masse und plumpste zu Boden. «Pass auf, kleiner Jack.», sagte eine leise Stimme über ihm. Er hob den Kopf und blickte in ein Frauengesicht. Ihr Gesicht wirkte, als ob es mit Eiskristallen überzogen wäre. Ihre Augen gross und verschiedenfarben. Eines war weiss mit silbernen Sprenkeln, das andere war sturmgrau. Ihr Haar, lang und gelockt, war so blau, dass es an eine Gasflamme erinnerte. Sie ging vor ihm in die Hocke und musterte sein Gesicht. «Wer bist du?», fragte Jack leise. «Ich? Das weisst du doch längst, kleiner Jack.» Sie lachte und ihr Lachen war so klar, dass es wie ein Heulen des Windes durch den Wald flog. Ihr langes, weisses Kleid mit dem grossen, fächerartig aufstehenden Kragen bauschte sich im Wind, der uns plötzlich umwehte. Sie hob die Hand und pustete in ihre Handfläche. Als ihr Atem sich mit ihrer Haut vermischte, wurden winzige Schneeflocken davongetragen. «Du bist... du bist die Sneedronningen?» Sie nickte. «Siehst du, kleiner Jack? Du kanntest die Antwort.» «Was willst du von mir? Wieso kannst du...» «Still, kleiner Jack, still. Hör mir zu. Ich bin sicher, auch du hast inzwischen festgestellt, dass du tot bist. Du bist nicht viel mehr als ein Geist, doch da du zu früh gestorben bist, kann deine Seele keinen Frieden finden. Doch dich kann natürlich niemand wahrnehmen. So wie mich auch. Schon seit Äonen konnte ich mit niemandem mehr wirklich sprechen. Deswegen biete ich dir einen Handel an.» «Einen Handel?», fragte Jack misstrauisch und suchte in ihren Augen nach einem Anzeichen für eine Lüge. «Ja, kleiner Jack, ein Handel. Ich nehme dich bei mir auf und du verteilst für mich», sie pustete in ihre Handfläche, erschuf eine tellergrosse Schneeflocke und zerbrach diese, « diese Scherben.» «Was bewirken die?» «Das braucht dich nicht zu kümmern, kleiner Jack. Doch ich versichere dir, dass es niemandem schadet.» Jack überlegte kurz und meinte schliesslich: «Ich mach's.» Die Schneekönigin lächelte ihn warm an und nahm ihn bei der Hand. «Ich möchte dir etwas geben.» Damit beugte sie sich vor und küsste ihn. Jack zuckte zurück, doch die Schneekönigin hob nur die Brauen und wisperte: «Vertrau mir, kleiner Jack. Es wird dir helfen.» Sie küsste ihn erneut. Jack öffnete den Mund um nach Luft zu schnappen. Sie packte seinen Kiefer und atmete in seinen Mund. Sofort wurden Jacks Haare, die vorher braun waren, weiss wie frisch gefallener Schnee. Seine dunkelbraunen Augen wurden blaugrau. Seinen Stock, den er immer noch umklammert hielt, überzog sich ausgehend von seiner Hand mit einer dünnen Eisschicht. «Das wird dir die Aufgabe leichter machen», murmelte sie. Dann umschloss sie Jacks Hände mit ihren eisig kalten Fingern. Ein Lachen gelte durch den Wald, ein Schneesturm erhob sich und die Eiskönigin und Jack verschwanden im nächtlichen Schneegestöber.

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Hey zusammen :-)

Wie findet ihr es, wie Jack zu seinen Eiskräften kam? Ich hätte es seltsam gefunden, hätte Jack seine Kräfte von Anfang an gehabt.

Wie findet ihr die Schneekönigin?

Alles Liebe

Moon

SchneezauberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt