Der Mann stöhnte vor Schmerzen und streckte die Hand nach ihr aus. „Okay, verdammt", presste er hervor. „Ihr könnt das Mädchen haben, wenn ihr mir nur helft, zu einem Krankenhaus zu kommen."
Pakhet musterte ihn. Sie war sicher, dass der deutlich übergewichtige Mafioso nicht schwer verwundet war. Schmerzhaft, ja, aber nicht schwer. Sie sah sich jedoch nicht verpflichtet, ihm das mitzuteilen. „Deal", meinte sie und kniete sich neben ihn. Sie wollte ihn auf die Seite hieven, um ihn zum einen in der stabilen Seitenlage zu haben und zum anderen seinen blutenden Arm besser ansehen zu können, als ein Schuss erklang.
Blut spritzte und sie brauchte einen Moment zu erkennen, dass der Ursprung des Blutes der Kopf des Mannes war.
Ein letztes Zucken ging durch seinen Körper, dann war er tot. Ein rotes, unförmiges Loch zierte die Seite seiner Stirn.
„Was zur Hölle ...", begann sie und hob den Blick.
Orion stand mit hartem, bleichen Gesicht neben dem Toten, die Waffe in der Hand und wandte sich jetzt dem nächsten Verletzten zu, der nach dem Kampf zu Boden gegangen war.
„Orion", knurrte Pakhet und stand auf. Sie legte die Hand auf die eigene Pistole. „Lass die Waffe fallen! Jetzt!"
Der junge Magier zitterte, das Gesicht seltsam verzerrt. „Du kannst mir nichts vorschreiben." Er drückte ab.
Der halbohnmächtige Ganger stöhnte, als die Kugel ihn im Brustraum traf.
Orion schoss erneut, traf ihn dieses Mal in die Seite des Kopfes.
Was zur Hölle tat er da? Was versuchte er?
Wut durchströmte Pakhet und sie zog ihre eigene Waffe. Sie zielte auf ihn. „Hör mir zu. Du lässt deine Waffe fallen und hebst deine Hände hoch."
Er warf ihr einen kühlen Blick zu. „Oder was? Du wirst mich nicht erschießen, Bitch. Du hast sogar versucht, diesen Abschaum nicht zu töten."
Das stimmte. Natürlich. Sie tötete nicht, wenn es sich nicht vermeiden ließ und ihr Auftrag es nicht verlangte. Seit Jahren nicht mehr. Sie bereute nur nicht, wenn sie dennoch tödlich traf.
„Orion!"
Sie standen auf einem Parkplatz hinter einem alten Restaurant am Ende der Riebeek Street. Der Boden war noch nass von einem kurzen Regenschauer am Mittag, auch wenn das Wetter wieder trocken war. Es war dämmrig, aber noch nicht dunkel.
Verdammt, das hätte eigentlich eine einfache Mission sein sollen. Sie waren in Kapstadt. Es war eine Standardmission: Sorgt dafür, dass die örtliche Mafia-Truppe das zur Erpressung entführte Mädchen gehen lässt. Einfach. Es war auch alles nach Plan verlaufen – selbst wenn weder Orion, noch Spider oder Mik eine große Hilfe gewesen waren.
Auch jetzt hockten Spider und Mik hinter einem alten Nissan, dessen Kühlerhaube von acht oder neun Einschusslöchern geziert wurde.
Um sie herum: Drei tote Männer. Ein weiterer Verwundeter. Und eine junge Frau, die ihre Waffe hatte fallen lassen und nun auf dem Boden kniete. Sie zitterte, als Orion als nächstes auf sie zielte.
Fuck. Der Idiot würde sie erschießen. Aus Mordlust? Aus Panik? Aus Rache? Was wusste sie schon? Alles, was sie wusste, war, dass sie es verhindern musste.
Und doch ...
Wenn sie auf ihn schoss, konnte sie ihn töten.
Wenn sie ihn waffenlos angriff, wäre sie zu langsam, um die Frau zu retten.
Also musste sie seinen Tod in Kauf nehmen, wenn sie die Frau retten wollte.
Es sei denn ...
„Lass mich einfach in Ruhe, Bitch", knurrte er und machte einen weiteren Schritt auf die nun weinende Frau zu.
Mit einer ruhigen Bewegung gab Pakhet ihre Pistole in die linke Hand und griff zum zweiten Holster an ihrer Brust. Die Waffe, die Heidenstein gebaut hatte. Sie hatte Betäubungsdarts geladen, hatte sie bisher jedoch nicht an einem lebenden Subjekt ausprobiert. So würde Orion die Ehre zukommen.
Sie zog die Waffe, als Orion einen weiteren Schritt auf die Frau zustolperte.
Sein Finger spannte sich auf dem Abzug an.
Dann schoss sie. Der Dart traf ihn im Nacken.
Für einen Moment blieb Orion stehen. Dankbarerweise drückte er nicht ab, wandte sich stattdessen zu ihr um. „Was zur Hölle ...?" Er griff nach dem Dart. „Bitch." Seine Hand begann zu zittern, als er den Dart betrachtete. Seine Waffe fiel zu Boden. Er schwankte. Für einige Sekunden kämpfte er, machte einen wackeligen Schritt auf sie zu. „Bitch", wiederholte er. Dann kippte er um,
Pakhet atmete auf und hastete zu ihm hinüber. „Spider!", rief sie und kickte die Waffe in Richtung des Wagen, hinter dem die beiden anderen sich versteckten.
Sofort sprang Spider hervor. „Jawohl!"
Dann bückte sich Pakhet zu Orion hinab, fühlte seinen Puls.
Er war schwach und unregelmäßig. Vielleicht hatte sie zu stark dosiert.
Sie blickte zu der jungen Frau. „Lauf weg", wies sie sie an. Sie hatte keine Zeit, sich mit ihr zu beschäftigen und wenn sie zu einer Familie gehörte, hatte sie fraglos eine Zuflucht.
Die junge Frau nickte. Sie stand auf. Dann lief sie.
DU LIEST GERADE
Mosaik
Fantasy[Urban Fantasy Thriller | Weibliche Protagonistin | LGBTQ Content | Südafrika] Joanne. Pakhet. Vor sieben Jahren gab sie ihren alten Namen, ihr altes Leben auf, zog nach Südafrika, wurde zur Söldnerin. Seither ist ihre Welt verrückter, ihr Leben jed...