Murphy wartete vor dem Bayside-Einkaufszentrum auf sie. Wieder hatte er die Gestalt des dunkelhaarigen, hellhäutigen Jugendlichen angenommen. Er grinste, winkte und schien allgemein bester Laune zu sein. Vielleicht, weil er einen festen Job hatte. Vielleicht auch, weil er der Aussicht, sie weiter aufziehen zu können, entgegensah.
Pakhet seufzte und ermahnte sich, daran zu denken, warum sie hier war. Den Jungen sämtliche Flausen, Crash weiter zu ärgern, aus dem Kopf zu treiben. Ja. Genau. Und dabei durfte sie versuchen, sich von Murphy nicht unter den Teppich labern zu lassen.
„Hey!", rief er, als sie noch zehn Meter von ihm entfernt war. Sein Grinsen wirkte übertrieben begeistert.
„Hey, Murphy", erwiderte sie. „Na, was macht dein neuer Job?"
„Ach, der ist bestens", meinte Murphy. „Wir gehen uns Morgen Wohnungen Downtown ansehen." Er grinste. „Ist das nicht cool? Eine richtige Wohnung! Vielleicht sogar ein Haus!"
Ein Thema, bei dem sie kaum mitreden konnte. Sie hatte niemals nicht zumindest eine Wohnung gehabt. Ihre Eltern hatten Häuser besessen, dann war sie in eine eigene Wohnung gezogen und zwei Jahre später hatte sie das Haus hier in Kapstadt gemietet. „Sicher", sagte sie. Schließlich verstand sie, dass es für einen Straßenjungen etwas Überragendes sein musste.
„Ich dachte ja schon, dass wir dich gar nicht mehr sehen", plauderte Murphy weiter. „Immerhin habe ich dich ja so genervt und alles. Warum wolltest du dich mit mir treffen?"
„Weil ich mit dir reden wollte", erwiderte sie.
Nun war er es, der leise seufzte. „Also kein Eis?"
Sie hatte ihn scherzhaft auf ein Eis eingeladen, als sie telefoniert hatten. Sie lächelte. „Wir können gerne in ein Eiscafé gehen, um zu reden."
„Yay." Wieder grinste er. Übertrieb er oder war die Begeisterung ehrlich? Bei Murphy war sie nie sicher. Er schien selten ehrlich zu sein, war gleichzeitig aber oft kindisch.
„Dann komm einmal", meinte sie. „In dem Einkaufszentrum gibt es ein Café."
„Okay." Er grinste und marschierte voran, wartete nach ein paar Schritten aber auf sie.
Kurze Zeit später standen sie auf der Rolltreppe in das Obergeschoss des Einkaufszentrums. Es war immer wieder seltsam in der besseren Gegend Kapstadts unterwegs zu sein. Ein Großteil der Menschen hier war hellhäutig – etwas, das sich falsch anfühlte, in dieser Stadt. Und das, obwohl die Apartheit angeblich seit Jahren beendet war.
„Also, was hast du in den letzten Tagen gemacht?", fragte Murphy und drehte sich zu ihr um.
Sie wandte ihren Blick ihm zu. „Einen kleinen Job für Michael. Und ich habe Urlaub gebucht." Nach der ganzen Sache mit der Chaostruppe hatte sie Urlaub wirklich verdient.
„Urlaub? Wo denn?"
„Das sage ich dir nicht, Naseweis." Sie schenkte ihm ein distanziertes Lächeln.
Sie kamen am oberen Ende der Rolltreppe an, gingen auf die Galerie des Einkaufszentrums.
Murphy fuhr fort. „Du warst sicher auch wieder beim Doc, eh?"
Sie schenkte ihm einen fragenden Blick.
„Ihr scheint ja gut miteinander auszukommen", stellte Murphy fest.
Nicht er auch noch!
„Wieso?", meinte sie und hielt auf das Eiscafé am südlichen Ende der Etage zu.
„Nur so." Murphy grinste. Wieder. Er beschleunigte seine Schritte und glitt elegant, fast wie ein Tänzer, um einen der Tische herum, ehe er sich auf einen der Stühle sinken ließ.
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Mosaik
Fantasy[Urban Fantasy Thriller | Weibliche Protagonistin | LGBTQ Content | Südafrika] Joanne. Pakhet. Vor sieben Jahren gab sie ihren alten Namen, ihr altes Leben auf, zog nach Südafrika, wurde zur Söldnerin. Seither ist ihre Welt verrückter, ihr Leben jed...