[24.07.2011 - X08 - Touristenfalle]

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Zwei Tage später fühlte sie sich nur bedingt besser. Sie wusste noch immer nicht, wie sie mit Heidenstein reden sollte, wusste nicht, wie sie mit ihm umgehen sollte. Er sagte, dass er verstand, doch sie glaubte ihm nicht. Er war sentimental, emotional, er meinte vielleicht zu verstehen, doch wenn er sie ansah, hoffte er doch mehr.

Also. Was sollte sie sagen?

An diesem Abend war sie allein weggegangen. Sie saß in einer Bar – eine von jenen exotisch eingerichteten Bars, wie sie von Touristen meistens heimgesucht wurden. Entsprechend herrschte ausgelassene Stimmung. In diversen Ländern auf der Nordhalbkugel der Welt, waren Sommerferien und so gab es einen Touristenboom. Immerhin war Südafrika selbst im hiesigen Winter warm genug, um am Strand zu liegen und zu tun, was auch immer Touristen so taten.

Pakhet saß an der Bar. Sie trug eine helle Bluse, eine enge schwarze Hose und zu allem Überfluss hochhackige Schuhe. Sie war sich beinahe sicher, dass dies ein dummer Scherz von Smith war. Es waren die einzigen Ausgehschuhe gewesen, die in dem Koffer, den er hatte bringen lassen, enthalten waren.

Vor ihr stand ein Glas Whiskey, dass an dem sie immer wieder nippte.

Verdammt, sie war hierher förmlich geflohen, um nicht zu riskieren, Heidenstein über den Weg zu laufen. Es war albern, sie wusste es, aber was sollte sie sonst tun? Sie konnte mit der Situation nicht umgehen. Man konnte einen viermeter großen Riesen vor sie stellen und sie zögerte keinen Moment. Doch soziale Situationen? Sie wusste nicht, was man sagen sollte. Nein, sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Wenn sie eine Rolle spielte, war es etwas anderes, doch als sie selbst?

„Bist du allein hier?", fragte jemand.

Sie sah zu ihrer Rechten, wo ein Mann – hellhäutig, aber gebräunt, braunhaarig, sie schätzte ihn Mitte dreißig – sich auf dem zuvor leeren Barhocker nieder gelassen hatte.

„Fragt wer?", erwiderte sie.

Er streckte ihr die Hand entgegen. Grinste. Sie kannte diese Art von Grinsen. „Mein Name ist Mason. Mason Bredley."

Eigentlich sollte sie ihn wegschicken. Eigentlich hatte sie keine Lust. Doch dann wiederum  ... Sie schüttelte seine Hand, griff sie fest. „Mary." Es war ihre falsche Identität unter der sie seit sieben Jahren lebte.

„Mary und weiter?"

Sie lächelte distanziert. „Einfach nur Mary."

Für einen Moment verblasste sein Lächeln, doch dann kehrte es zurück, als er verstand. Sie wollte ihren Namen nicht mit einer Bekanntschaft für eine Nacht teilen. „Bist du allein hier?", fragte er.

„Was, wenn es so wäre?", erwiderte sie mit einem spitzen Lächeln.

„Dann würde ich fragen, ob ich dir einen Cocktail ausgeben darf", antwortete er schelmisch.

Sie musterte ihn aus den Augenwinkeln. Ihr Lächeln war selbstsicher, aufreizend. Das hier war eine Rolle. Es war so viel einfacher. Sie nahm das Glas vor ihr und leerte den letzten Schluck. „Ich bin alleine", bestätigte sie und wandte sich ihm zu. „Und du?" Es war nicht so, als hätte sie den Ring an seinem Finger nicht bemerkt. Doch es war nicht ihre Schuld, dass er seine Frau betrog. Es war nicht ihre Schuld. Wenn sie ihn ablehnte, würde er jemand anderen finden.

Er lächelte. „Ich auch."

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