Erwin's PoV
Ich war aufgeregt. Sehr sogar. Man konnte es mir zwar -hoffentlich- nicht ansehen, aber in meinem Inneren hüpfte ich herum wie ein kleiner Junge, kurz, bevor er sein langersehntes Eis bekam. Immerhin hing von diesem Termin ab, ob Yukio bei uns bleiben würde oder nicht. Dass ich nicht wusste, was er zu dem Ganzen sagte, trug ebenfalls dazu bei, dass meine Nerven zum Zerreißen gespannt waren. Ich hoffte, mich selbst etwas ablenken zu können, indem ich Frau Zoë im Haus herumführte.
Ich zeigte ihr alle Zimmer des Hauses, während sie sich zwischendrin etwas aufschrieb. Zuletzt zeigte ich ihr das Gästezimmer, in dem Yukio im Moment schlief. "Aber sehr kinderfreundlich ist dieses Zimmer nicht, oder?", stellte sie das in Frage, was Levi und ich bereits selbst wussten. "Nein, ist es tatsächlich nicht. Bevor wir den Kleinen aufnahmen, war das Zimmer ein einfaches Gästezimmer. Wir wollten es in den zwei Wochen noch nicht umräumen, da wir nicht wussten und wissen, ob Yukio auf Dauer hier bleiben wird. Sollte dies der Fall sein, werden wir uns sofort daran setzen, ihm dieses Zimmer kindgerecht einzurichten.", gab ich zu verstehen. In unseren Augen war es nicht sinnvoll, das Zimmer schon umzuräumen. Wir hofften zwar inständig, dass Yukio hier bleiben konnte, doch wenn der Fall eintreten sollte, dass es nicht so war, dann wäre alles umsonst und nutzlos gewesen.
Frau Zoë nickte verstehend und schrieb sich -wie so oft heute- etwas auf, ehe wir uns wieder in die Küche begaben. Dort saßen Levi und Yukio zusammen und tranken Tee, während Yukio zwischendrin an einem Apfel knabberte. Als wir uns wieder auf unsere Plätze setzten, sahen die beiden uns an. Während ich mich neben Yukio auf die Sitzbank setzte, saß Frau Zoë wieder gegenüber von uns dreien.
"Okay. Nachdem ich nun das Haus gesehen und mich über Yukios Meinung kund gemacht habe, habe ich noch ein, zwei Fragen, die speziell an sie beide, Herr Smith, Herr Ackerman, geht: In den letzten zwei Wochen ist wahrscheinlich vieles passiert, das ihren Alltag ein wenig auf den Kopf gestellt hat. Aber wie empfanden sie das Zusammenleben? Und, wenn ich fragen dürfte: in welchem Verhältnis stehen sie zwei?" Die letzte Frage stellte sie ganz klar Levi und mir und bevor ich antworten konnte, tat Levi das schon für mich: "Wir sind gute Freunde. Meine Frau hat mich rausgeschmissen und deswegen wohne ich übergangsweise in dem zweiten Gästezimmer." Yukio sah daraufhin ein wenig verwirrt zu Levi, doch sagte zum Glück nichts. Frau Zoë nickte nur.
"Um ihre erste Frage zu beantworten: Es war natürlich ein Umstellung, vom einen auf den nächsten Tag mit einem Kind zu leben. Wir dachten anfangs, wir würden damit nicht ganz klar kommen und als Yukio dann auch noch krank wurde, waren wir etwas überfordert. Doch schon nach kurzer Zeit hat sich das eingepegelt und ich glaube nicht, dass ich nur für mich spreche, wenn ich sage, dass mir das Zusammenleben in den letzten zwei Wochen sehr gefallen hat und ich mich daran gewöhnen könnte.", endete ich und erntete einen zustimmenden Blick von Levi und ein leises Schlürfen von Yukio, der seelenruhig seinen Tee trank.
Die uns gegenüber sitzende Frau lächelte sanft, ehe sie aufstand. "Ich muss kurz ein Telefonat führen.", sagte sie und verschwand kurz darauf draußen. Verwirrt sahen Levi und ich uns nur an, doch sagten nichts dazu. Yukio hatte währenddessen seine Tasse ausgetrunken und auch seinen Apfel aufgegessen.
Es dauerte geschlagene zehn Minuten, ehe die gnädige Frau wiederkam und sich mit einem fetten Grinsen auf den Lippen auf den Stuhl zurücksetzte. Yukio lehnte sich beim Anblick ihres Grinsens an Levi, als hätte er Angst, von ihr aufgefressen zu werden. Was auch immer sie zu sagen hatte, sie sollte es schnell machen, sonst würde ich noch vor Nervosität platzen.
"Wissen sie, es gibt viele Gründe, weshalb der Junge normalerweise nicht hier bleiben dürfte: Sie sind nicht verheiratet, die Kennenlern-Phase war viel zu kurz und was weiß ich was sonst noch Grund dafür sein könnte. Doch ich freue mich, ihnen mitteilen zu dürfen, dass einer Adoption des kleinen Yukio's nur noch einige Unterschriften im Wege stehten" Ich hatte nicht gedacht, dass das möglich war, doch ihr Grinsen wurde noch breiter.
Moment. Hatte ich das gerade richtig verstanden? Ich durfte Yukio adoptieren? Mit geweiteten Augen sah ich Levi an, welcher zwar mit gelangweilter Miene zurücksah, doch seine Augen strahlten pure Freude aus. Ab dem Moment konnte ich ein breites und vor allem glückliches Lächeln nicht unterdrücken, während ich dem zuhörte, was Frau Zoë zu ergänzen hatte: "Dass dies keine der Norm entsprechende Adoption ist, wissen Sie sicherlich auch, wie bereits gesagt war zum Beispiel die Kennenlernphase ganz anders, als sie eigentlich vorgeschrieben ist. Da es sich hier jedoch um besondere Umstände handelt und wir immer am Kindeswohl interessiert sind, haben meine Kollegen und ich eine Ausnahme gemacht. Das bedeutet jedoch auch, dass wir uns des Öfteren nach Yukio erkundigen werden."
Frau Zoë gab mir einige Papiere und erklärte mir im Groben, was in diesen mit Text vollgeschriebenen Dokumenten geschrieben stand. Ich hörte zu und setzte meine Unterschriften an die Stellen, die sie mir vorgab. Ich war aufgeregt, meine Unterschrift wurde also mit jedem Mal ungenauer und hässlicher, doch das war mir egal, solang man sie als meine erkennen konnte.
Nun war es also sicher: Yukio war mein Sohn. Er durfte bei uns bleiben und musste nicht mehr in ein Heim. Ich befürchtete, dass Yukio nicht verstand, was hier gerade passierte, doch als ich zu ihm runtersah, wusste ich, dass er sehr wohl alles verstanden hatte. Glücklich lächelte er zu mir hoch und umarmte mich im nächsten Moment. Lächelnd zog ich ihn auf meinen Schoß und drückte ihn sanft an mich. Das letzte mal war ich so glücklich, als Levi einwilligte, mit mir zusammen zu sein.
Einige Zeit später standen wir an der Eingangstür und verabschiedeten Frau Zoë. Sie reichte uns allen die Hand, während ich Yukio trug. "Ich werde wie gesagt regelmäßig mal vorbeikommen, um mich zu erkundigen, wie es so vorangeht. Bis dahin wünsche ich ihnen eine schöne Zeit und ihnen beiden viel Glück weiterhin in ihrer Beziehung.", sprach sie zu Levi und mir und ging dann. Perplex starrte ich ihr hinterher und sah dann zu Levi. Sie hatte uns durchschaut? Und mich trotzdem Yukio adoptieren lassen?
Noch immer verwirrt schloss ich die Tür, doch die Verwirrtheit wich der Freude, als die Tür ins Schloss fiel. Auch Levi konnte sich ein Lächeln beim besten Willen nicht verkneifen. Glücklich beugte ich mich zu ihm runter und küsste ihn, den kichernden Yukio im Arm.
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Wir schreiben das Jahr 2024 und ich frage mich, ob das hier überhaupt noch jemand liest?
Aus irgendeinem Grund habe ich mich daran erinnert, dass Wattpad und meine Geschichten ja auch noch existieren und irgendwie konnte ich diese Story nicht einfach so halbfertig stehen lassen.In den letzten Tagen hab ich mir meine eigene Story nochmal durchgelesen und auch die Kommentare, die mir die Motivation gegeben haben, hier nochmal dran zu arbeiten. Es gibt zwar nicht mehr viel, das in dieser Geschichte zu schreiben ist, doch vielleicht kann man da ja noch einen zweiten Teil draus machen - falls es überhaupt noch jemanden gibt, der das hier liest. Sagt mir gern bescheid, wenn ihr nach all den Jahren nochmal hier vorbeigeschaut habt!
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New Life?! ~Eruri Fanfiction~
FanfictionWaisenkinder. Waisenhaus. Waise. Bisher drehte sich alles in Yukio's Leben um den Begriff "Waise" und was noch so damit zu tun hat. Er hatte in den kurzen sechs Jahren seines Lebens bisher nichts anderes kennengelernt als das Waisenhaus. Ach ja, u...