- Becca's Sicht-
Ich trat in das Caffée ein und suchte mir einen Tisch direkt neben der Tür. Der Raum war augrund der grossen Fensterfront sehr hell, was die ganze Athmosphäre fröhlich stimmte. Ich nahm meine Kopfhörer aus den Ohren und strich mir eine schwarze Strähne aus dem Gesicht.
Ich hoffte, Joyce würde bald kommen. Auch wenn ich nicht sicher war, dass alles mit ihr in Ordnung war, versuchte ich mir einzureden, dass es so war. Warum sie später kam, wusste ich nicht.
Ich bemerkte zwei Männer. Sie standen vor dem Eingang und ich war nur wenige Meter durch die Glasscheibe von ihnen getrennt. Ich betrachtete den muskulösen,grossen Glatzkopf mit der schiefen Nase und den Narben im Gesicht. Er wirkte sehr ungepflegt. Vergleichbar mit einer Kanalisationsratte. Ein wenig angewidert probierte ich meinen Blick von ihm zu lösen. Der Jüngere von ihnen schien auch einige Narben zu haben. Zumindest am rechten Oberarm. Sein Gesicht war von mir abgewandt.
"Wo zum Teufel bleibt diese Bitch?!", raunte der Glatzkopf. Ich konnte ihn problemlos verstehen, da die Türe offen stand.
"Die wird schon kommen, Louis. Wahrscheinlich verspätet sie sich." Nun drehte der Jüngere von beiden seine Kopf nach rechts, so dass ich sein Gesicht sehen konnte.Sein Gesicht war ebenfalls kantig, trotzdem sanfter.
"Und wo bleibt ihre Kollegin? Diese Becci oder Bea oder wie auch immer?"
"Sei nicht so laut, die könnte schon in dem Schuppen sein.", wies ihn der Jüngere zurecht. Mein Atem stockte. Meinte er mich? Das war unmöglich. Dieser Gedanke liess mich aber nicht in Ruhe und einige Minuten später wurde mein Verdacht bestätigt.
"Ich verlier langsam die Geduld. Gestern konnten wir Joyce nicht auf dem Schulweg abfangen und nun erscheint sie auch nicht." Ich zuckte zusammen.
"Boar, Louis. Halt deine Fresse. Wenn das jemand hört?!", zischte ihm der Jüngere zu. Sie wollte Joyce in die Finger bekommen?
"Kein Stress, Kyle.", gab Louis zurück. Der Jüngere hiess also Kyle. Ich überlegte, ob ich aufstehen sollte und von hier verschwinden, doch meine Intuition hielt mich davon ab. Denn wenn ich Joyce nicht abfangen würde, würde sie ihnen direkt in die Arme laufen. Während ich scharf nachdachte, was zu tun war merkte ich nicht, wie Kyle mich beobachtete.
Ich merkte es erst, als er dem Glatzkopf zuflüsterte: "Die da könnte es doch sein... Ich probier mal ihren Namen rauszukriegen." Aus dem Augenwinkel nahm ich das Nicken des Glatzkopfes wahr.
Ich fixierte meinen Blick auf die Tischkante um so zu tun, als ob ich nichts davon mitbekommen hätte. Mein Hirn arbeitete wie verrückt. Bevor ich einen klaren Gedanken fassen konnte sahen jedoch schon mich zwei smaragdgrüne Augen an.
"Hi.", meinte Kyle locker. Ich schenkte ihm ein Lächeln. Nicht bewusst, denn er fing mich in einer Art Bann ein. Seine Lachgrübchen kamen zum Vorschein. Er setzte sich an die andere Tischseite und senkte seinen Ton, sodass es nur noch ein Flüstern war.
"Wie heisst du?"
"Becca."
Erst danach realisierte ich, dass das nicht schlau war. Ich hätte mir am liebsten selbst eine Ohrflatter gegeben. Shit. Und jetzt?
Ich versuchte eine Lösung zu finden, doch Kyle unterbrach mich dabei.
"Hör zu Becca. Mein Name ist Kyle. Ich glaube, dass du die bist, die wir suchen. Kennst du eine Joyce Willson?"
"Ja."
Wie dumm war ich eigentlich? Seine Aura stellte mit mir etwas an, das ich nicht kannte. Er atmete tief durch.
"Du machst jetzt das was ich dir sage! Du heisst für die nächsten fünf Minuten Vanessa. Und Joyce nennst du Alexandra oder sonst irgendwie. Du rufst sie nun an und sagst, dass dir was dazwischen kam und du sie nun nicht treffen könntest. Du darfst kein einziges Mal eure echten Namen verwenden! Dann nimmst du deine Beine in die Hand und verschwindest von hier. Du rufst Joyce danach nochmals an und erklärst ihr die ganze Sache. Sie steckt in Schwierigkeiten. Du musst mir vetrauen! Okay?"
Unschlüssig und ein wenig verdattert schaute ich ihm in die Augen.
"Becca! Du musst mir vertrauen! Verstanden?"
Er sah mich so eindringlich an, dass ich nickte, nur damit er nicht mehr auf diese Art mein Kopf durchbohrte mit seinem Blick.
"Lächle! Er soll meinen, dass wir flirten!", zischte Kyle. Aus einem mir nicht erklärbaren Grund begann ich zu lächeln. Irgendetwas liess ihn glaubwürdig und nett wirken. Als er sich erhob zwinkerte er mir zu und liess mich alleine zurück.
"War jemand anderes.", hörte ich ihn zu seinem Glatzköpfigen Freund sagen. Er sagte es extra ein wenig laut, sodass ich es sicher hörte.
Waren die nicht im gleichen Gespann?
Da ich sowieso nicht mehr klar denken konnte, beschloss ich Kyle zu vertrauen und wählte Joyces Nummer.
"Ja, Becca? Es tut mir total Leid, aber du weisst nicht was ich gera..."
"Hiiii Alexandra! Hier ist Vanessa. Wie gehts dir so?", unterbrach ich sie mit einer überspitzten Laune.
"Becca? Hier ist Joyce..."
"Ach schön Süsse. Das freut mich zu hören. Alexandra, hör mal. Mir ist was ganz Dringendes dazwischengekommen, deshalb können wir und nicht treffen."
Vielleicht übertrieb ich es mit meiner Lautstärke, doch der Glatzkopf sollte es hören. Ein älterer Mann musterte mich verwundert, als ob ich von einem anderen Planten kommen würde. Joyce versuchte mir zu erklären, dass sie nicht Alexandra sei, doch ich liess mich nicht aus der Rolle bringen.
"Ich ruf dich später nochmals an. Bye, Alexandra!"
Ich legte auf und nahm meine Tasche. Hatte ich ein wenig oft ihren Namen ausgesprochen? War das zu auffällig gewesen? Beim Vorbeilaufen trafen sich die Blicke von Kyle und mir. Er lächelte mir suffisant zu, was mich wissen liess, dass ich alles richtig gemacht hatte. Dieses Rollenspiel würde mir Spass machen, wenn es nicht so was Ernstes wäre. Ich wusste nicht mal ob es so ernst war, doch ich vermutete es. Kyle hatte gesagt, Joyce wäre in Schwierigkeiten.
Als ich mich einige Strassen von ihnen entfernt hatte rief ich Joyce nochmals an und wir verabredeten uns bei der Schule, denn dort würden sie nicht nach ihr suchen.
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Falls ich sterben sollte
Teen FictionJason hat keine Familie- er hat seine Gang. Obwohl es vielleicht nicht sein Traumberuf ist, Leuten "Probleme zu machen", wie sein Anführer immer untertreibt, fühlt er sich in der Gang wohl. Doch als er das Mädchen, von dem er jede Nacht träumt, das...