Kapitel 7

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"Hey Alexandra!", hörte ich eine männliche Stimme aus einer geschätzten 50 Meter Distanz rufen.

"Hi Kyle!", rief Becca zurück. Ihre freundliche Miene änderte sich als sie mich wieder anschaute.

"Weg hier!"

Ihre Tonart liess mich wissen, dass es ernst war. Die Typen vom Kaffee. Sie stand auf und winkte den Typen erfreut zu. Dann ging sie in die entgegensetzte Richtung. Ich folgte ihr mit schnellen Schritten. Nach dem wir ein Stück entfernt waren und uns sicher waren, dass sie uns nicht folgten herrschte Stille zwischen uns.

„Boar Becca, du übertreibst doch.", warf ich ihr vor um das Schweigen zu brechen.

Vielleicht hatte sie aber Recht. Sie zuckte nur mit den Schultern, denn sie hatte wohl gemerkt, dass ich mir auch nicht ganz sicher war.

„Lass uns eine Maske kaufen für morgen Abend. Wir sollten uns ein wenig ablenken."

Sie griff nach meinem Handgelenk und bevor ich wieder einen klaren Gedanken fassen konnte lag ich mit gefüllten Taschen vom Shoppen auf meinem viel zu grossen Bett. Ich raffte mich auf und tappte die Treppe mit dem Goldgeländer hinunter. Wie ich diesen übertriebenen Schnickschnack hasste.

„Alles gut bei dir?", fragte mich mein Dad, als ich mich mit einem Glas Wasser zu ihm an den Tisch gesellte.

„Ja." Im Grunde war auch alles in Ordnung. Oder?

„Und bei dir so?" An seiner Mimik konnte ich erkennen, dass was nicht stimmte.

„Ja", log er mir eiskalt ins Gesicht.

„Hast du nochmals so einen Brief bekommen?" Ich traf ins Schwarze. Er setzte sich aufrechter hin, als müsse er etwas verkünden.

„Nein.", sagte er mir drohend.

„Zeig ihn mir!" Er sah mich verdattert an. Es kam nicht oft vor, dass ich mich ihm widersetzte. Er hatte nicht ausgesprochen, dass ich das Thema wechseln sollte, doch uns war es beiden klar. Er gab mir eine zweite Chance mich ihm zu fügen indem er schwieg.

„Zeig ihn mir!" Ich sprach die Worte klar und deutlich aus, als wolle ich ihm sagen: 'Diese Mal werde ich dir nicht gehorchen!' Ich war mir nicht sicher ob es das erste Mal war, dass ich mich ihm so deutlich widersetzte.

„Joyce!", sagte er warnend. Er gab mir also noch eine dritte Chance. Auch wenn es eine Ohrfeige bedeuten konnte, dachte ich keine Sekunde daran locker zu lassen. Ich schwieg einige Sekunden um ihm zu symbolisieren, dass ich mir genau überlegte was ich als nächstes sagte. Ich schaute ihm tief in die Augen. Er ebenso. Es war eine Art Wettbewerb, wer dem Blick des anderen länger Stand hielt.

„Zeig mir diesen Brief."

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich seine Hand verkrampfte und er sie langsam und möglichst kontrolliert zu einer Faust ballte. Er hätte sie wohl lieber gestreckt und mir eine Ohrfeige gegeben. Er erhob sich und sah mich von oben abschätzig an. Dann drehte er sich um und verliess den grossen Raum. Man konnte es schon fast als Saal bezeichnen. Dad würde nicht zurückkommen. Irgendwo musste er diese Briefe doch versteckt haben.

Ich begab mich ins Badezimmer um mir die Zähne zu putzen, bevor ich mir meine lockeren Schlafhosen anzog und das Fenster öffnete um frische Luft rein zu lassen. Von den ganzen Eindrücken dieses Tages liess ich mich erschöpft in mein Bett fallen. Ich probierte krampfhaft einzuschlafen doch der Zettel und die Schrift auf meinem Skateboard wollte mich nicht in Ruhe lassen. Was wurde hier für ein Spiel gespielt? Ich mochte es nicht die Unwissende zu sein. Ob das mit den Briefen von Dad zu tun einen Zusammenhang hatte wusste ich nicht. Langsam schlief ich ein, wechselte die Welt und fiel in das Land der Träume.

Ein lautes Geräusch liess mich aufschrecken. Mein Zimmer war dunkel und die Vorhänge wogen langsam im Wind, welcher durch mein Fenster wehte. Es entsprach einer typischen Szene eines Horrorfilms.

Als ich dieses Geräusch nochmals hörte pochte mein Herz noch schneller als es sowieso schon tat. Ich schlich ans Fenster und wagte einem Blick nach draussen. In der Dunkelheit erspähte ich eine Gestalt die mit einem Hammer etwas in unseren Baum hämmerte. Ich fragte mich, ob das ein schlechter Witz war. Ich hatte genug von diesem Spiel oder was auch immer das war.

„Ey!", rief ich. Die Gestalt riss ihren Kopf in meine Richtung und erstarrte. Sie rannte nicht wie erwartet weg.

„Was soll das?", rief ich runter. Ich hätte mir nie so viel Mut zugetraut aber von dem ganzen Chaos die letzten Tage hatte ich die Schnauze voll.

"Wir werden dich kriegen!", schrie die Person und setzte sich danach in Bewegung. Der Stimme nach zu beurteilen handelte es sich um eine männliche Person. Der Mann nahm anlauf und kletterte einer Spinne ähnlich über die Mauer. Vielleicht flog er auch drüber, denn die Dunkelheit schränkte meine Sehkraft ein. Der Gedanke einfach über die Mauer zu klettern war mir noch nie gekommen. Sie wirkte mir bis zu diesem Zeitpunkt unüberwindbar. Die Mauer verkörperte eine Art Sicherheit. Doch es schien, als wäre trotzdem nicht wie gedacht.

Ohne mir über die Worte bewusst zu werden legte ich mich wieder ins Bett. Ich spielte mit dem Gedanken nach draussen zu gehen und den Gegenstand, der an den Baum gehämmert wurde mir genauer anzusehen. Meine Müdigkeit überwältigte jedoch den Gadanken.

Joyce's Dad Sicht

Der Schrille Ton des Weckers riss mich aus dem Schlaf. Sofort war ich hellwach. Heute sollte endlich diese grosse Deal über die Bühne gehen. Ich zog die Nachttischschublade auf und griff nach Taschentüchern, doch ich berührte nur die Briefe, welche mich nicht besser stimmten. Es waren schon zwei. Die letzten zwei Tage hingen sie jeweils am Morgen am Baum. Dass es Briefe waren, machte mir keine Sorgen. Doch wie es aussah waren die Zettel mit einer Blutartigen Flüssigkeit geschrieben. Jedes Mal stand nur ein einziges Wort drauf.

Ich schlüpfte in meine Leder-Pantoffeln, die mich einiges gekostet hatten. Geld spielte keine Rolle. Im Halbschlaf erhob ich mich und trat in den Garten. Wie schon die zwei vergangenen Tage hing ein Zettel am Baum. 'ist' war dieses Mal gekritzelt. Inständig hoffte ich, dass alles ein Kinderstreich war. Ich riss die Worte vom Baum. Ich sah, dass Joyce's Fenster offen stand. Sie war wohl noch am schlafen. Zum Glück wusste sie nichts von dem ganzen Chaos, welches im Moment im gange war. Sie wusste nur von den zerstochenen Reifen und von den Briefen. Der Inhalt verschwieg ich ihr aber. Sie wusste nichts von dem Schuss auf dem Geschäftsgelände, von den verschwundenen Mitarbeitern geschweige der Blutspur in einem der Gänge. Wenn sie erfahren würde, dass es die Zettel was mit ihr zu tun haben würde würde sie Angst bekommen.

Alle bis jetzt erhaltenen Worte ergaben bis jetzt 'Deine Tochter ist'. Wütend?Schön? Meins? War es irgendeine Liebeserklärung oder ein Hinweis auf ihre Gefühle gegenüber mir?

Falls ich sterben sollteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt