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Nach einem ganz normalen kurzen Gespräch mit meinen Großeltern, bat meine Oma mich Eier, Milch, Nudeln, Tomaten, Schlagsahne, Joghurt, Gurken, Vollmilchschokolade und Spülmittel zu kaufen. Mein einziger Gedanke war „Hoffentlich kann ich's mir merken".
Ich schnappte meine Tasche, zog mir meine Sandalen an und lief zu Tor hinaus. Es war brennend heiß, bestimmt über 38°C. Auf dem Weg zum kleinen Laden eines bekannten grüßten mich viele Menschen. Ich winkte mal dahin mal hierhin und mir fiel auf, dass ich viele gar nicht mehr kannte. Lächelnd lief ich durch das Dorf bis ich an dem Kleinen Laden in einer Seitenstraße an kam.
Ich lief direkt rein und starte auf die kleine Theke mit einer kleinen Tippkasse drauf. Auf dem alten Bürostuhl saß Onkel Osman. Onkel Osman, war nicht wirklich mein Onkel. Ich kannte ihn schon eine Ewigkeit, früher hatten wir als Kinder hier immer Süßigkeiten gekauft. Ich küsste seine Hand und wir redeten kurz.
O: Also wie kann ich dir Helfen?
I: ehmm.. ich brauche.. Eier, Milch, Nudeln, Tomaten, Schlagsahne, Joghurt, Gurken, Vollmilchschokolade und Spülmittel.
Ich grinste und er auch.
O: Okay, paar sachen sind hinten im Lager ich bin gleich da.
Er lief aus dem Laden und verschwand in seinem versteckten Lager.
Ich schaute mich im um und schmunzelte über den vollgestopften Laden.
Plötzlich hörte ich ein Husten und Schritte hinter mir. Ich war mir sicher dass es Onkel Osman war.
I: Brauchst du Hilf-..
Ich sah ihn und es blitzte in mir. Mir wurde ganz heiß und schwindelig. Wieso löste er in mir so komische Sachen aus?
Ich glaub unsere Blicke trafen sich zum ersten Mal so intensiv. Nach 2 Sekunden lösten sich seine Augen von meinen und er zog noch einmal an seiner Zigarette, dann schnippste er sie auf den Boden.
Er lief rein in den engen Laden und stellte sich weit von mir Weg. Ich fands eigenartig aber konnte grade nicht nachdenken.
Er schaute sich um bis ich dachte, ich muss jetzt was sagen.
I: Osman Amca ist im Lager..
Er nickte ohne mich einmal anzusehen. Wieso war er so?
Mir war es irgendwie unangenehm wenn ich an die Nacht auf dem Berg dachte.
Während wir stumm warteten schielte ich mit meinem linken Auge zu ihm rüber und checkte ihn ab.
Er war echt schön. Seine Bräune, seine Haare, seine Augen, seine Größe. Ich schätzte das er ein Kopf größer wie ich war. Doch trotz seines heißen aussehens merkte man ihm seine dunkle Seite an. Er hatte überall Narben und ältere Wunden, seine Klamotten waren alt, die Haare waren ungemacht, Kratzer im Gesicht und ganz schwarze Hände. Ich schätze es kam von einem Job in dem er tätig war. Er roch auch sehr stark nach Nikotin und Alkohol.
Das war das erste Mal nach Jahren dass ich mir einen anderen Jungen anschaute.. und da war er wieder in meinen Gedanken..
Ich schüttelte kurz den Kopf und versuchte wieder anwesend zu sein. Mit der Zeit wurde es mir unangenehm so alleine mit ihm hier zu stehen.
Endlich kam Osman Amca mit meinen Sachen rein und lächelte erst mich und dann ihn an.
O: Aaaa, gut das du gekommen bist junge.
J: Wenn du rufst komm ich doch immer
Die 2 lächelten sich an und ich merkte das sie sich relativ gern hatten. Ich glaub ich sah ihn zum ersten Mal lächeln und mir wurde ganz heiß. Was war denn bei mir los? Oh mein gott ich dreh noch durch! Ich streitete in meinem Kopf mit mir selber.
O: Kennt ihr euch 2 eigentlich schon?
Oh mein Gott Osman Amca bitte nicht. Ich weiss nicht wieso aber mir war es irgendwie peinlich, ich lächelte nur leicht und schaute meinen Amca an.
O: Junge, das ist Nihan. Nihan, das ist Baris.
Baris. Baris. Baris
Ich wiederholte seinen Namen noch 71 mal in meinem Kopf. Baris hieß er also.
Der Junge gewährte mir nur einen kurzen Blick und schaute mich eine Milisekunde lang von oben bis nach unten an. Mir wurde schwindelig und er zog mich unnormal an. Ich könnte mich in dem Moment für die Gedanken boxen. Was tat ich hier bitte? Osman amca redete weiter.
O: Hmm ihr kennt euch bestimmt nicht. Baris du musst wissen, Nihan ist ganz ganz selten hier im Dorf. Sie wohnt mit ihrer Familie in Deutschland und kommt in den Ferien, ab und zu natürlich.
Osman amca lächelte mir zu. Ich nickte und hoffte auf eine Reaktion seinerseits, doch da kam nichts.
O: Mein Junge ich hab dich zum Kisten schleppen gerufen, mal wieder, du weisst mein Rücken macht das nicht mehr mit. Kannst du gegen 3 vorbei kommen?
B: Klar Onkel, ich komme.
O: kann ich dir noch was geben Junge ?
B: ein Marlboro
Seine Stimme brachte mich immer zum beben. Sie war so hart, fruchtlos, entschlossen und gnadenlos. Eiskalt einfach.
O: Mein Junge, hör auf mit dem Gift. Gift für den Körper. Du fügst dir nur Schaden zu.
Er zuckte mit den Schultern und schob die Kaugummis zur seite und wieder zurück.
Amca gab ihm die Packung und der Junge bäugte sich zu ihm rüber. Ich konnte in dem Moment lauschen.
B: Abi, schreibs ins Heft ich brings dir sobald wie möglich und Babas Schulden begleich ich auch bald, ich warte noch auf das Geld.
Amca schlug ihm auf die Schulter und gab ein „mach dir keine Gedanken Junge, alles ist gut!" von sich. Baris nickte, bedankte sich und drückte sich distanziert an mir vorbei und verliess eilig den Laden.
Ich stellte mich neben Amca und schaute ihm nach wie er davon lief.
Osman Amca schlug währenddessen ein altes Heftchen auf und Blätterte rum bis er bei einer Seite anhielt wo oben ganz groß Ali Kozan stand. Er schrieb nicht rein, sondern las sich alles nur durch und schüttelte mit dem Kopf. Die Seiten waren voll geschrieben mit unbezahlten Käufen. War es die Liste von ihm? Wer ist Ali?
O: Alles bleibt an dem Jungen hängen.. Er muss alles für seinen Vater ausbaden.. er macht viele Fehler aber er muss ja irgendwie überleben können..
Amca wirkte sehr mitgenommen und traurig als er diese Wörter aussprach und sah Mehmet nach. Es war ganz außergewöhnlich über ihn nachzudenken und den Namen auszusprechen.
I: Amca was meinst du, was ist denn so schwer in seinem Leben?
Amca seufzte.
O: Die Mutter hat sie verlassen als sie ganz klein waren, der Vater war und ist Alkoholiker. Somit sind Baris und sein älterer Bruder Cenk auch auf die falsche Bahn geraten. Sie haben schon so oft in Schwierigkeiten gesteckt, ich habe Ihnen schon so oft geholfen, vorallem Cenk er ist der ältere und ist die ganze Zeit am Scheisse bauen. Baris ist ein guter Junge und das weiß ich, tief in meinem Herzen. Ich möchte nicht dass er seine Zukunft verbaut mit solchen Aktionen wie auf der letzten Hochzeit.. er ist umzingelt von falschen Leuten, versucht immer noch die Schulden seines Vaters und Bruders zu zahlen, vergisst dabei aber komplett sich selbst.
Osman Amca floss eine Träne über die Wange, meine Augen füllten sich ebenfalls. Ich hatte Gänsehaut am ganzen Körper, ich war schockiert. Er hatte es so schwer im Leben und ich hatte nur Luxusprobleme.
I: geht er zur S..Schule..?
O: wie soll er dass finanzieren? Wie? Ich würde alles geben um ihm das Geld aufzutreiben aber ich hab die Mittel nicht dafür... mal abgesehen würde er das niemals annehmen. Er ist so klug, mutig und hat seine Grundschule als bester abgeschlossen, doch er musste früh ins Leben kommen da sich keiner um das Geld kümmerte. Nach der Grundschule ging er noch eine Zeitlang in die weiterführende Schule, danach arbeitete er als Maurer, half auf Bauernhöfen, arbeitete in Fabriken und heute arbeitete er auf dem Feld obwohl er der klügste Junge ist den ich kenne.
Osman Amca hörte sich wütend Aber zugleich traurig an. Ich spürte wie sehr ihm Baris am Herzen lag.
O: Ich hoffe er kommt aus diesem Sumpf raus.
Ich nickte, griff nach meinen Tüten und eilte zur Türe raus. Nach ein paar Schritten stützte ich mich draußen an einer Wand und weinte. Mein Herz war so getroffen. Seine Geschichte, Sein Leben.. Es tat mir so leid für ihn. Ich wollte ihn umarmen. Einfach ganz feste umarmen. Nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte lief ich langsam zu mir nach Hause, meine Oma erwartete mich schon besorgt.
O: wo warst du Kizim, ich hab mir schon Sorgen gemacht.
I: Habe etwas mit Osman Amca gequatscht.
Ich brachte die Tüten für Oma in die Küche und sie fing an mit dem Backen und Kochen.
Ich ließ mich auf das Sofa das genau an dem Straßenfester war plumpsen und schaute den Menschen auf der Straße zu.
Ich liebte es dass wir so zentral wohnten. Es war immer was los, es war immer lebendig. Menschen, laute Motorräder, Traktoren, Kinder und ab und zu Musik.
Ich könnte die Menschen noch Stunden lang beobachten.
Plötzlich kam eine Gruppe von Motorrad Fahrern angerast. Sie hielten vor dem Kleinen Internet-Café und quatschten.
Ich schätze dass es ca. 7-8 Jungs waren. Hinter manchen Jungs saßen auf den Motorrädern Mädchen. Sie lachten laut und hatten sehr spaß.
Ich konnte unter ihnen meinen Cousin Hakan erkennen. Ganz unauffällig beobachtete ich sie weiter und plötzlich sah ich auch Baris. Er saß locker auf seinem Schwarzen Motorrad und redete mit Hakan. Oh mein Gott, Hakan kennt ihn?!? Mein Herz schlug schneller und ich ließ ein kleines Quieken von mir raus.
Oma: Alles okay Nihan?
Hörte ich meine Oma aus der Küche rufen.
I: Jaa alles super oma ich geh kurz nach Oben.
Ich rannte so schnell ich konnte nach oben und zog statt meinem Sommerkleidchen eine enge Jeans und ein T-Shirt an. Ich frischte mein Makeup auf, sprühte Parfüm und erneuerte Mein LipBalm.
Als ich endlich fertig war schlüpfte ich in meine Schuhe und rannte wieder runter zu meiner Oma. Es wurde langsam dunkel.
Schnell schmiss ich mich aufs Sofa und sah der Gruppe weiterhin zu.
Plötzlich Sprachen sie sich ab und sprangen auf die Motorräder. Im Hand umdrehen waren alle in eine Richtung verschwunden. Mein Herz bebte, ich hatte angst vor dem was ich gleich machen wollte.
I: Oma ich geh ein bisschen raus, zu Ayca und so
Ohne auf eine Antwort zu warten lief ich raus zu Tür.
Ich wusste genau wo sie waren.. Wieso tu ich das gerade nur ?

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