Montag, 20.3.1916
Ich öffne die Augen und starre geradewegs auf den burgunderroten Himmel meines Bettes. Ich fand schon immer, dass man sich beim Aufwachen in diesem Haus wie eine Prinzessin fühlt, denn jedes Zimmer hier hat ein super bequemes Himmelbett. Widerwillig setzte ich mich auf und blicke mich im Raum um. Die Fenster des Gästezimmers sind einen Spalt weit geöffnet und ich lausche dem Zwitschern der Vögel. Es ist bereits relativ hell. Es sind nur wenige Wolken am Himmel zu sehen, als ich mich schließlich aus dem Bett bewege und die Vorhänge vollständig öffne. Einen kurzen Moment habe ich das Gefühl alles ist perfekt. Ich will gerade zu meinem Koffer gehen, um mir frische Sachen zum Duschen zu holen, doch er ist nicht an seinem Platz.
Meine gute Laune sowie der perfekte Start in den Tag lösen sich sofort in Luft auf. Ich bin gar nicht im Gästezimmer meiner Großeltern, sondern in dem von Willi. Also im gleichen Zimmer, nur 100 Jahre früher.
Das war es dann wohl mit der morgendlichen Ruhe. Ich beschließe dem Selbstmitleid dieser Nacht ein Ende zu setzen und das Beste aus meiner Situation zu machen. Mein Rumgeheule wird mich ja nicht nach Hause bringen, also kann ich auch gleich beschließen meine Zeit hier sinnvoll zu nutzen. Denn wer würde nicht mal gerne eine kleine Reise in die Vergangenheit machen und dabei seine Vorfahren kennenlernen? Dafür gibt es viel zu viele schöne Romane und Liebesfilme, die von Zeitreisen handeln. Dies war ein kläglicher Versuch mich aus meiner depressiven Stimmung heraufzubefördern, denn von meinen Romanen fehlt hier jede Spur. Obgleich es meiner Familie auch in dieser Zeit an nicht zu fehlen scheint, befinde ich mich immer noch mitten im Ersten Weltkrieg.
Im angrenzenden Bad halte ich mein Gesicht unter das kalte Wasser und beschließe, meinen Großvater aufzusuchen, genau genommen Ur-, Urgroßvater.
„Guten Morgen, du musst Sophie sein. Ich bin Katharina de Lacy. William ist mein Mann. Schön dich kennenzulernen. Ich habe gehört, du kommst von weit her.", sagt eine junge Frau, der ich auf dem Weg nach unten begegne, freundlich und zwinkert mir verschwörerisch zu.
Ich kann gar nicht anders, als sie sofort in mein Herz zu schließen. Nach ihr wurde meine Schwester also benannt. Interessant. Die beiden sind komplett unterschiedlich, so wirkt es zumindest auf den ersten Eindruck. Katharina trägt ein recht hübsches Kleid, jedenfalls denke ich das, denn mit der Mode dieser Zeit bin ich nun wirklich nicht vertraut. Ihr hellblondes Haar ist am Hinterkopf zusammengesteckt. In den blauen Augen erkenne ich einen leichten Grünstich, sie sind nahezu türkis. Sie sieht aus wie eine Dame und damit meine ich ihre ausdrucksstarken Augen, die Aura, die sie umgibt, die edle Kleidung, welche durch ihre aufrechte Haltung umso teurer wirkt. Auch das Charisma und die Erfahrenheit scheinen bewundernswert. Katharina muss etwa Ende 20 sein und es gelingt ihr frisch und jung, aber gleichzeitig sehr erwachsen und erfahren auszusehen. Vor mir steht gerade die Art von Person, die man sofort respektiert und gleichzeitig bewundern muss.
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Hundred years back ||✔
FantasyDie achtzehnjährige Sophie hat ein nur allzu gewöhnliches Leben. Doch in einem einzigen Moment stellt sich für sie alles auf den Kopf. Durch ein Missgeschick reist Sophie ins Jahr 1916. Ihr Alltag ist nicht mehr mit dem vorigen zu vergleichen und Ta...