Auch wenn es vielleicht nur Minuten sind, die Zeit scheint zu kriechen.
Wir warten noch immer.
Sobald James erscheint, muss es schnell gehen. Mein Herz pocht vor Aufregung. Vor Nervosität muss ich mich wieder an meiner Narbe am Arm kratzen, doch aus Angst das Kratzen könnte uns verraten unterdrücke ich den Drang. Sobald die Uhr wieder in unserem Besitz ist, habe ich wieder eine Wahl. Ich habe momentan nicht die Nerven, darüber nachzudenken, welches Leben ich wähle und welches ich aufgebe. Aber zumindest habe ich mit der Uhr wieder die Chance dazu, frei zu wählen. Es ist dann wieder allein meine Entscheidung. Fast unbemerkt schüttele ich den Kopf. Verscheuche die Gedanken für diesen Augenblick. Wenn es soweit ist, muss ich ganz da sein. Volle Konzentration. Ich schaue auf die Uhr, noch genau eine Minute dann sind es 17 Uhr. Etwa um diese Zeit ist James mit der Uhr abgehauen. Etwa um diese Zeit habe ich die Rückfahrkarte in mein altes Leben verloren.
Max knetet nervös und angespannt zugleich seine Hände. Es sieht aus, als würde er lässig neben der Tür lehnen und auf seinen Vater warten, aber wenn man genau hinsieht, dann merkt man, dass das nur Schein ist. Seine Füße wippen hibbelig auf und ab, die Lippen schon ganz rau vom darauf herumbeißen.
Auch Willi bewegt sich ab und zu leicht. Die Tür haben wir bewusst offengelassen, uns für alle Fälle eine Fluchtmöglichkeit bereitgehalten. Hoffentlich werden wir keinen Gebrauch von ihr machen müssen...
Ein Windhauch wirbelt durch die Luft und binnen Sekunden wird der Raum zwischen Vorhängen und Tür ausgefüllt. Unsere Atem stehen still. Hoffentlich wurde der Vorhang nicht zu weit aufgewirbelt.
James erscheint mit dem Blick zu seinem Sohn, uns im Rücken.
Ich kann nur noch gerade so erkennen, dass James einen langen Mantel trägt, sollte sich darunter eine Waffe befinden, kann ich sie nur erahnen. Nachdem er mich hat entführen lassen, traue ich diesem Mann wirklich alles zu. Die Taschenuhr in seiner rechten Hand. Der rote Edelstein funkelnd an der Rückseite.
Willi reagiert innerhalb von Sekunden und wirft sich von hinten auf James Rücken. Er umschlingt ihn mit beiden Armen und reißt ihn damit zu Boden. Schlitternd rutscht die Uhr über den Boden. Blitzschnell schnappe ich sie mir. Sanft fahre ich mit den Fingern über die Gravur und den Diamanten in der Einkerbung. Die Taschenuhr ist noch heil. Bis jetzt läuft alles genau nach Plan. Ich lasse sie in die Innentasche meines Cardigans gleiten, doch dann schaue ich mich überfordert um. Ich hätte mir wirklich vorher überlegen sollen wie es weitergeht. Jemand taucht in meinem Sichtfeld auf, doch ich kann nur eine Silhouette erkennen. Dann klärt sich mein Blick und plötzlich entdecke ich genau hinter Max eine maskierte Gestalt.
„Max Pass auf! Hinter dir!", brülle ich erschrocken. Mein Herz pocht immer schneller.
Blitzschnell wirbelt Max herum und weicht damit gerade so einem Schlag vom Maskenmann aus. Max stößt ihn raus auf den Flur. Immer wieder kassiert er einen Schlag, aber seine Abwehr sieht trotzdem vielversprechend aus. Er erinnert mich in dem Moment stark an einen Musketier. Rangelnd verschwinden sie aus meinem Sichtfeld. Doch nun erkenne ich den Maskenmann. Es ist einer meiner Kiddis. Natürlich der kräftigere der Beiden. Er ist genauso groß wie Max, jedoch hoffe ich einfach, dass Max stärker ist. Mein anderer Entführer liegt hoffentlich immer noch bewusstlos in der Waldhütte, falls nicht, haben wir nämlich noch ein weiteres Problem.
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Hundred years back ||✔
FantasiaDie achtzehnjährige Sophie hat ein nur allzu gewöhnliches Leben. Doch in einem einzigen Moment stellt sich für sie alles auf den Kopf. Durch ein Missgeschick reist Sophie ins Jahr 1916. Ihr Alltag ist nicht mehr mit dem vorigen zu vergleichen und Ta...