Ich habe das Verlangen danach Max von der erfolgreichen Suche zu berichten. Aber wo kann er nur sein? Dieses Haus wirkt geradezu ausgestorben, denn irgendwie läuft mir abgesehen von ein paar Dienstmädchen niemand mehr über den Weg. Alle Schlafzimmer sind leer, genauso Gemeinschaftsräume. Sogar in Willis Arbeitszimmer ist niemand zu sehen. Während ich zum wiederholten Male die breiten Treppen herunterflitze, begegne ich Albert.
„Wo sind denn hier alle hin?"
„William und Katharina sind Freunde besuchen. Voraussichtlich werden sie erst zu später Stunde zurückkehren.", erwidert der Butler vornehm.
„Ach so, gut und ähm wo ist Max?", frage ich versucht beiläufig.
„Herr Cantor hat heute einen freien Tag und ist wahrscheinlich in seinem Apartment."
Schmunzelnd beugt er sich zu mir, als würden wir ein Geheimnis haben.
„- in der Kirchstraße.", setzt er zwinkernd hinterher, was mich ein wenig erröten lässt.
„Vielen Dank. Ich muss jetzt nochmal los.", fröhlich eile ich davon.
Ich ziehe noch Schuhe und Jacke an, da fliegt auch schon die Haustür hinter mir zu. Geradeaus rennend, überlege ich, in welcher Richtung die Kirche liegt. Irgendwo muss ich jetzt links, oder war es doch rechts? Das kommt davon, wenn man sein Leben lang Google Maps um Hilfe bitten konnte. Erleichtert mache ich über ein paar alten Häusern die Spitze des Kirchturms aus. Also doch links.
Hier muss die Kirchstraße sein. Die Beschilderung ist nicht gerade bombastisch, aber wenn hier die Kirche steht, dann bin ich ja wohl richtig. Ich muss zugeben, dass die Kapelle, wenig Ähnlichkeiten mit der aus meiner Zeit hat. Normalerweise verändern sich die Gotteshäuser ja am wenigsten. Aber dieses Ding da wird zum Glück noch ein paar Mal renoviert. Das weiß ich aber auch nur, weil wir jedes Jahr am ersten Weihnachtstag vor dem Essen mit meiner Familie in die Christmette gehen.
Vor der Kirche sehe ich ein jüngeres Mädchen. Sie hat ein schönes aber verschlissenes Sommerkleid an. Die vielen kleinen Sommersprossen und zwei geflochtenen Zöpfe lassen sie unglaublich niedlich aussehen. Vielleicht kennt sie sich hier ja aus.
„Hallo, sag mal, weißt du vielleicht, wo Max Cantor wohnt."
„Ja, ich kann dir zeigen, wo seine Wohnung ist. Hier kennt fast jeder jeden.", sagt die kleine mit einer zuckersüßen Stimme und mustert mich, scheinbar mit dem Fazit, dass ich keine Gefahr bedeute.
„Das wäre super lieb. Danke."
Auf dem Weg zu Max frage ich mich, in welchen Verhältnissen dieses Mädchen lebt, es scheint ihr nicht viel besser zu gehen, als Friedas Familie.
Zum Glück hat mir Katharina letztens ein bisschen Geld zugesteckt. Ich belohne das Mädchen mit dem Kleingeld und sie eilt strahlend davon, nachdem sie auf die Tür gezeigt hat und mir damit bedeutet hat, dass Max dahinter wohnt.
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Hundred years back ||✔
FantasyDie achtzehnjährige Sophie hat ein nur allzu gewöhnliches Leben. Doch in einem einzigen Moment stellt sich für sie alles auf den Kopf. Durch ein Missgeschick reist Sophie ins Jahr 1916. Ihr Alltag ist nicht mehr mit dem vorigen zu vergleichen und Ta...