28 - Was haben sie mit dir gemacht?

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Schmerzlich stelle ich fest, dass ich wohl irgendwann eingeschlafen sein muss, denn als ich aufwache, strahlt mir die Sonne direkt ins Gesicht

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Schmerzlich stelle ich fest, dass ich wohl irgendwann eingeschlafen sein muss, denn als ich aufwache, strahlt mir die Sonne direkt ins Gesicht. Mein Rücken ist steif von dem harten, kalten Boden. Ich frage mich, ob irgendwer nach mir sucht, denn ich war ja so schlau und hab niemandem Bescheid gesagt, dass ich zu Frieda wollte. Also kann ich nur hoffen, dass Willi und Katharina nicht denken ich würde bei Max übernachten. Wenn keiner sich Gedanken über meine Abwesenheit macht, dann stecke ich richtig in der Klemme.

Einige Zeit später öffnet sich die Tür, ein anderer Mann betritt den Raum. Er scheint noch nicht so alt zu sein. Er sieht stark aus.

„Frühstück", kommentiert er den Apfel, den er auf die Türschwelle legt und verschwindet.

„Wirklich jetzt? Hast du Angst oder wieso bleibst du nicht länger hier drinnen.", rufe ich entgegen der nun geschlossenen Tür. Wow, woher die vorlaute Klappe, Schwester?

Ich bin entführt worden, das ist mir bewusst, aber ein Stück Brot und ein bisschen Wasser wären doch wohl noch drin gewesen. Sieht sogar so aus, als wäre es einer der Äpfel aus meinem Korb. Die guten Sachen haben sich die Kiddis - meine neue Bezeichnung für die Kidnapper - bestimmt selbst unter den Nagel gerissen. Na hoffentlich ist ihnen der herrlich duftende Apfelkuchen, den Katharina gestern noch gebacken hat - und jetzt sicherlich vermisst - im Hals stecken geblieben. Sie bemerkt die Abwesenheit ihres Kuchens bestimmt eher als die meine. Große Klasse. Wie lange soll ich jetzt mit einem Apfel auskommen?

Doch das sollte es scheinbar, denn innerhalb der darauffolgenden Mahlzeiten erhalte ich jedes Mal einen Apfel und ich schwöre, wenn ich wieder draußen und daheim bin, dann statte ich der großen amerikanischen Fastfoodkette mit dem gelben M erstmal einen dicken Besuch ab. Drei Nächte müssen es bisher gewesen sein. Das ist aber auch die einzige Zeitangabe, die ich machen kann. Anhand der Mahlzeiten weiß ich ungefähr, welche Tageszeit wir haben, aber immer, wenn ich denke, die Dämmerung müsste langsam einbrechen, dauert es in Wirklichkeit noch eine Ewigkeit länger. Mein Zeitgefühl habe ich in meiner Isolation definitiv verloren. Ich kann nichts machen, außer meinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Dabei liefern sich das Thema Max und meine Gefühle mit dem Thema James und die Taschenuhr ein Kopf-an-Kopf-Rennen. So langsam drehe ich durch. Klar, eine Quasselstrippe bin ich noch nie gewesen, aber immer, wenn ich gerade nicht reden konnte - gefühlt in jedem Gottesdienst - dann hatte ich das größte Bedürfnis danach. Ist es nicht immer so, dass man will, was man nicht haben kann?

Wenn ich nicht demnächst mit irgendwem reden kann, dann explodiere ich.

Wie lange dauert es nochmal bis das Stockholm-Syndrom einsetzt?

Oh Gott ich sollte meine Gedanken wirklich abschalten...

Wenn es wirklich so weit kommen sollte, dass ich von meiner Isolation herbeigeführte Gefühle für einen dieser Kiddis entwickle... Eww. Hier drinnen fehlt der Sauerstoff.

Mein ganzer Körper schmerzt und braucht Energie. Ich liege eigentlich die ganze Zeit über nur auf dem Boden. Auf die Frage wie ich bitte meine Geschäfte verrichten soll, hat einer der Männer auf einen Nachttopf in der Ecke gedeutet. Den hatte ich bis zum damaligen Zeitpunkt gar nicht entdeckt. In der Nacht müssen sie den wohl immer ausleeren. Immerhin das, sonst wäre das Ganze noch fünfmal schlimmer. Die Idee einen der Kiddis zu überwältigen habe ich direkt wieder verworfen, weil ich feststellen durfte, dass ein anderer immer in der Nähe ist und tatsächlich alle stark und bewaffnet sind.

Hundred years back ||✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt