Kapitel 28

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Logan

Schwungvoll knallte mir die Tür zum Kunstzimmer mitten ins Gesicht. Ich hatte noch nicht einmal die Chance, mich mit meinen Händen zu schützen.

Wieso mussten die Türen auch in Richtung des Ganges aufgehen?
»Hey, Pass doch auf!« Wütend rieb ich mir die schmerzende Stirn. Beule hallo ...

Der Streber mit der fetten Brille, der für diese herausragende Situation verantwortlich war, murmelte undeutlich eine Entschuldigung und huschte geduckt in Richtung der Toiletten davon. Darauf bedacht, nicht gesehen zu werden und eine Schelle zu kassieren.

Er konnte sich wirklich glücklich schätzen, dass ich nicht zu Handgreiflichkeiten tendierte.

Seuftzend zog ich die Tür auf und betrat das Kunstzimmer. Der Raum war gut gefüllt, schließlich würde es in wenigen Minuten zum Unterricht klingeln. Ms Elliot hatte heute wieder gnadelos überzogen und uns somit fast die gesamte Pause geraubt. Und das nur, weil Claire unbedingt irgendeine dumme Diskussion über das Schulsystem führen musste, in der ein Vierjähriger besser argumentiert hätte. Super. Jetzt hatte ich Hunger und war genervt. Perfekte Voraussetzungen. Vor allem die Kombi war tödlich.

Zumindest war Kunst relativ locker; wenn wir an Projekten arbeiteten, konnten wir uns gern mit Freunden unterhalten, da dies oftmals zu Ideenfindung beitrug. Und wir durften mit Kopfhörern Musik hören. Etwas, das sich meiner Meinung nach hervorragend auf unsere Kreativität auswirkte.

Die ich zwar trotzdem nicht hatte, aber nun ja.

Genervt kämpfte ich mich durch das Klassenzimmer - stets bemüht, mich nicht auf die Fresse zu legen, indem ich über Britneys Tasche stolperte und in dem Riemen hängeblieb. Wieso mussten sie den Gang aber auch immer so zustellen?

Kurz darauf erreichte ich meine Freunde. »Hey.« Ich ließ mich auf den Stuhl neben Ash plumpsen.

»Hey Logan«, grinste er und hob den Blick von seinem Handy. »Hast du es auch mal geschafft? Warst du etwa so mit deiner Kleinen beschäftigt?«

Netter Seitenhieb. Danke, Kumpel. Zumal das jetzt nicht gerade zur Besserung meiner Stimmung beitrug.

»Welche Kleine?« Interessiert beugte sich Lucinda vor, ihr feiner Atem kitzelte in meinem Nacken.

Nein! Wieso? Bitte nicht.

»Die, die er sich Freitag geangelt hat«, erklärte Ash und wandte sich wieder seinem Handy zu. Ich hätte meinen rechten Arm dafür verwettet, dass er mit Shira schrieb. »Seid ihr dann noch zusammen nach Hause?«

Liv und ich hatten uns erstaunlich gut miteinander verstanden. Irgendwie war sie nicht wie die ganzen typischen Mädchen. Jeder wollte unbedingt perfekt aussehen und so. Olivia nicht. Sportlich war sie nicht, aber das Mädchen stand dazu. Und auch ihr Kleidungsstil hob sich aus der Masse ab. Im positiven Sinne. Es stand ihr.

Wir hatten noch eine Weile getanzt. Irgendwann, vermutlich hatte die Wirkung des Alkohols eingesetzt, war ich dazu übergegangen, flüchtige Bewegungen zu vertiefen und sie zu küssen.

Gott, ihre Lippen waren so weich und so köstlich. Ich hatte gar nicht mehr damit aufhören können.

Es war Liv, die mich gebremst hatte. Sie hatte mich gebeten, es nicht zu überstürzen. In den Punkt konnte ich die Kleine voll und ganz verstehen. Leider trieben sich auf Partys oft Kerle herum, die es nur auf Sex abgesehen hatten.

Wenn man es ganz genau sah, war ich ja genauso. Das war der Grund, warum mich meine Freunde Freitag dort hin geschliffen hatten. Ich sollte jemanden flachlegen.

Aber als ich da in Livs große, grünbraune Augen geblickt hatte, welche mich so sehr an weichen Moosboden denken ließen, hatte ich meine Meinung geändert.

Seelenschreiberin (Doppelband)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt