Kapitel 15

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Logan

Geradezu frustriert nippte ich an meinem Scotch. Ich konnte nicht einmal sagen, der wievielte es heute war. Das einzige, was ich noch wusste, war, dass vorher auch verschiedene Mischen mit Wodka und Orangensaft in meinen Magen gewandert waren. Der ein oder andere Kurze war auch dabei gewesen.

Ich würde mich spätenstens morgen dafür hassen, so viel getrunken zu haben.

Dennoch dachte ich im Moment noch nicht einmal daran, aufzuhören. Viel zu sehr genoss ich die betäubende Kühle, welche mit dem Scotch durch meine Adern tanzte. Der Alkohol ließ mich ruhiger werden und linderte den Schmerz, der in meinem Inneren wütete, wie eine zuckerfeine Schicht aus Schnee, welche sich über die scharfkantigen Splitter meines Herzen legte und sich mit dem Blut vermischte. Doch der eisige Effekt hielt nicht lange an und so war ich förmlich dazu gezwungen, wieder und wieder an mein kühlen Drink in meiner Hand zu nippen.

Sehnsüchtig betrachtete ich die beiden Mädchen, die in einigen Metern Entfernung von mir zwischen den zuckenden Lichtern ihre hübschen Körper im Takt der Musik bewegten. Sie wirkten gelöst und glücklich, fast, als wären die beiden in einer anderen Welt. Vielleicht war Letzteres auch etwas der Tatsache geschuldet, dass sie auch nicht mehr ganz nüchtern waren. Trotzdem wirklte ihre Augen noch klar wie Glassplitter in der Mittagssonne. Vor meinem inneren Auge konnte ich förmlich sehen, wie sich die Sonnenstrahlen darin brachen wie in Edelsteinen und bunte Lichtreflexe wie Konfetti den Boden sprenkelte.

Ich wusste, dass das eine Mädchen einen Freund hatte. Ebenso, wie glücklich sie mit mit war. Und ich gedachte auch nicht, daran etwas zu ändern. Nein. Vielmehr galt mein Interesse ihrer Freundin. Ihr Beziehungsstatus war in Moment, nun ja, sagen wir, etwas sehr kompliziert. Sie trotz all den Dingen, die ihr in den letzten Wochen widerfahren waren, jetzt doch so glücklich zu sehen, machte mich glücklich. Sehr glücklich.

Ganz im Gegensatz zu den Tatsache, dass die Kleine nur wenig Interesse an mir hatte. Und ich hatte mir lange eingeredet, dass das okay wäre. Ich würde das für sie sein, was das Mädchen besuchte. Bruder und bester Freund.

Doch langsam wurde mir klar, dass ich nicht wusste, ob ich das durchhalten würde. Zumal der Alkohol mir wieder und wieder einredete, dass ich das Beste war, welches die Kleine bekommen konnte.

Und gleichzeitig mit diesem Gedanken flammte die peinigenden Schmerzen in meiner Brust wieder auf. Es fühlte sich an, als würde eine Raubkatze ihre stumpfen Klauen durch mein Fleisch ziehen und mit jeden Mal, wenn sie sich in meinem faserigen Muskeln oder einem Knochen hängenblieb, etwas rausrumpfen. Selbstverständlich war in solchen Situationen das Kätzchen nie mit rasiermesserscharfen Krallen gesegnete, sodass man die Kratzer nur dumpf vernahm.

Lucinda vor zwei Wochen zu küssen, was das dümmste, das ich hätte tun können. Zwar hatte ich mir davor auch jede Sekunde gewünscht, ihre weichen Lippen auf den meinen spüren zu dürfen, ihren zarten Körper an meiner festen Brust. Doch das Verlangen danach war jetzt geradezu grausam, da ich nun genau wusste, wie es sich anfühlte. Hätte ich dich nur die Finger von ihr gelassen. Dann würde es nun weniger schmerzen. Denn was man nicht kannte, danach konnte man sich nicht sehnen.

Nun ja, hinterher war man immer schlauer.

Trotzdem blieb mir noch das Problem, wie ich mit meinem ungezügelten Verlangen nach diesem einen Mädchen klarkommen sollte.  Denn auch wenn ich mir wenig hatte anmerken lassen, waren meine Gefühle in den letzten zwei Wochen um Längen intensiver geworden, auch wenn ich niemals gedacht hatte, dass dies überhaupt möglich war. Gerade diese Woche hatte ich mich höllisch beherrschen müssen. Wenn sie neben mir gesessen hatte. Wie gerne hätte ich Luz an mich gezogen und ihre Lippen erobert? Ihren schlanken Körper auf meinen Schoß gezogen? Allen gezeigt, dass sie meins war?

Seelenschreiberin (Doppelband)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt