Logan
»Hey, Ash, sag mal, weißt du, wo Lucinda ...« Ich erstarrte. Mitten in Satz. Und mein Inneres drehte sich um.
Das konnte nicht wahr sein.
Perplex glotzte ich auf das Bild, das sich mir bot: Álvaro, der festen Freund meiner besten Freundin, knutschend mit einem blonden, langhaarigen Typen. Beide eng umschlungen.
»Was geht denn ab?«, keuchte ich, während sich mein Entsetzen langsam in pure Wut verwandelte. Was bildete sich die Drecksau eigentlich ein?
Ash schien es ähnlich zu gehen, wie mir. »Ich habe keinen blassen Schimmer.«
Ein gequälter Laut ertönte und ließ meinen Augen zwischen den Gesichtern hinter den beiden Knutschenden wühlen. Ich brauchte nur Bruchteile einer Sekunde, um das Gesicht meiner besten Freundin ausfindig zu machen. Sie war kreidebleich und hatte ihre zarten Hände vor den Mund geschlagen. Fast gleichzeitig stiegen Tränen in ihre Augen und sie wandte sich rasch ab. Und noch bevor ich reagieren konnte, war die Kleine zwischen den anderen Schülern verschwunden. Ich konnte nur noch sehen, wie Shira versuchte, ihr zu folgen - Entsetzen stand auch in ihrem Gesicht.
Inzwischen hatte sich eine Menschentraube um uns versammelt. Mädchen tuschelten untereinander und vereinzelt lachten Jungs, vermutlich darüber, dass zwei männliche Personen einander küssten. Diese Tatsache an sich fand ich ja nicht einmal verwerflich - jeder konnte lieben, wen er wollte - aber zum Teufel nochmal, Álvaro hatte eine Freundin. Die Tatsache, dass er geglaubt hatte, Lorenzo sei tot, rechtfertigte sein Verhalten noch nicht im Geringsten.
Die beiden Kerle in Mitten des Ganges lösten sich endlich voneinander. Doch bevor irgendjemand von ihnem etwas sagen konnte, ertönte Direktor Cadens Stimme durch den Gang: »Mr Moreno, Sie sind spät dran. Wenn Sie mir die Ehre erweisen könnten, sich endlich in meinem Büro einzufinden? Sonst können Sie ihre Anmeldung heute vergessen.« Man hörte deutlich, wie genervt er war.
Und vermutlich war Lorenzo zumindest ein Mindestmaß an Empathie und Einfühlungsvermögen gegeben, denn er trat einen Schritt zurück, strich Álvaro eine Strähne hinters Ohr und ging dann wortlos an uns vorbei zum Direktor. Der Vampir starrte ihm fasziniert nach.
Die gaffenden Schüler sahen dies als Ende des Spektakels und die Gruppen lösten sich auf, bis die Jugendlichen wieder in sanften Strömen um uns herum flossen. Ash und ich standen immer noch zu perplexen Salzssäulen erstarrt da, während Álvaro sich ungläubig über die Lippen fuhr.
»Das hat er jetzt nicht getan, oder?«, murmelte Ash neben mir, sein Kiefer war verkrampft.
In meinem Bauch brodelte es gefährlich. Instinktiv löste ich mich aus meiner Schockstarre und stand mit wenigen Schritten vor dem Vampir. »Was fällt dir eigentlich ein?«, fauchte ich ihn an. Und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht; mit so viel Kraft, dass ich seine Nase unter meinen geballten Fingern brechen spüren konnte. Das Gefühl war widerlich.
Dennoch ging der Arsch nicht zu Boden. Lediglich sein Kopf schnellte zur Seite. Langsam wandte er mir wieder sein Gesicht zu, das Blut rann augenblicklich aus seiner Nase und tropfe auf sein blütenweißes Hemd. Er machte sich noch nicht einmal die Mühe, sich das flüssige Rot aus dem Gesicht zu wischen - und eben das fehlen dieser Geste ließ ihn noch unmenschlicher wirken und das animalische Monster wurde betont, welches er wirklich war.
Jenes Monster, das meiner Luz wehtat. Sie auf grausamste Weise zurichtete. Sie immer wieder verletzte. Von ihr trank. Sie psychisch niedermachte.
Und egal, was er ihr auch antat, das Mädchen liebte ihn immer noch bedingungslos und würde alles für diesen Scheißkerl tun.
Die Wut explodierte in mir. Wieder schlug ich zu. Einmal. Zweimal. Dreimal. Ich stieß ihm vor die Brust, schubste ihn. »Wie kannst du ihr das antun? Weißt du Arsch eigentlich, was Loyalität beudetet?«, schrie ich außer mir.
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Seelenschreiberin (Doppelband)
FantasyMir wurde schlecht, als sich unsere Blicke das erste Mal trafen. Es war, als würde mir der Boden unter den Füßen weggerissen werden. Schlagartig weigerte sich meine Lunge, zu atmen, und all mein Blut verabschiedete sich in meine Beine. Dazu kam, das...