Die Fahrt verläuft ruhig und trotzdem ist es eine extrem unangenehme Atmosphäre. Sefer ist angespannt, er fährt wie ein Gestörter und viel zu aggressiv. Sein Kiefer mahlt und ich kann leicht die Adern an seinem Hals rausstechen sehen. Ich bin gerade beschäftigt, mir jedes Detail seines Gesichtes einzuprägen, als er plötzlich seine Stimme hebt. Naja er hebt sie nicht, er brüllt. " Ich will von dir wissen, wie man so dumm sein kann hmm? Mädchen was hast du dir dabei gedacht, hey ich kiff jetzt alleine auf meinem Balkon ist ja nicht schlimm, hast du dir das gedacht ja??!!" Ich schaue ihn geschockt an, dieser Schreianfall hat mich überrascht. "Woher hast du überhaupt das Zeug?" Schreit Sefer weiter. Ich antworte nicht, die Fußmatte seines Autos ist plötzlich sehr interessant. Er schlägt auf das Lenkrad und brüllt " Antworte mir!". Ich schaue langsam hoch zu ihm und bringe nur die Wörter "Jungs" und " Block" raus. Ich habe einen trockenen Hals, der unfassbar brennt, ich weiss, wenn ich mich jetzt nicht zusammenreisse, weine ich. Es ist zu viel für mich, von der Person, die bei mir den wichtigsten Platz in meinem Leben besitzt, angeschrien zu werden. " Wie kannst du nur so unfassbar dumm sein, willst du mich eigentlich komplett verarschen? Die hätten wer weiss was mit dir machen können. Denkst du das ist hier wie in einem kleinen Kaff? Nein die hätten dich abstechen können, anfassen können, vergewaltigen können alles! Und du checkst das alles nicht! Du checkst es einfach nicht!" Ich schlucke, und nun fallen mir die ersten Tränen aus den Augen. Zum Glück ist Sefer auf die Straße fokussiert, ich will nicht schwach und wie ein kleines Kind wirken. Wir sind mittlerweile vor dem Hochhaus angekommen, in dem sich meine Wohnung befindet. Ich schnalle mich ab und steige aus, höre jedoch wie die Fahrertür ebenfalls aufgeht und Sefer aussteigt. Ohne ein Wort zusagen begleitet er mich ganz hoch bis zur Wohnung, und drängelt sich mit durch meine Tür. Bei dem Grasgeruch der in der Wohnung liegt, rümpft er die Nase, murmelt irgendwelche Flüche auf Türkisch und schaut mich dann an. Ich stehe immer noch an der selben Stelle, er kommt langsam auf mich zu. Ich weiche nach hinten, bis ich die Wand spüre. "Du wirst mir jetzt sagen was du dir dabei gedacht hast", sagt Sefer. Doch ich kann gerade gar nichts, ich muss mich beherrschen nicht hysterisch zu werden, weil wir uns so nah sind. Ich schaue nach unten, um wenigstens seinem strengen Blick zu entkommen. Ich bin total verwirrt, ich bin nervös wegen seiner Nähe, angespannt, traurig und irgendwie auch ein bisschen erregt. Ich stehe auf männliche Dominanz, merke ich gerade. Naja generell stehe ich auf alles was Sefer tut. Sefer nimmt mein Kinn in die Hand und zwingt mich so, ihn anzuschauen. Er kommt mir immer näher und flüstert mir gegen meine Lippen " warum?". Ich schnappe nach Luft, mein Herz schlägt wie verrückt. Ich bin so nervös dass das passiert, was ich unbedingt vermeiden wollte. Es wird mir alles zuviel und ich fange an zu weinen. Und zwar nicht so elegant wie in den Filmen, mit stummen Tränen und großen Augen. Nein ich schluchze und Klinge dabei wie eine Robbe, meine Augen tränen so sehr, dass ich sie zusammenkneifen muss und natürlich läuft auch meine Nase. Ich muss gerade ziemlich erbärmlich und schlimm aussehen, ich will nur noch weg von hier. Während ich gegen meine Heulattacke kämpfe probiere ich Sefer von mir zustoßen, aber nichts passiert. Er ist einfach zu schwer. Er bemerkt meine aufkommende Panik und nimmt mich fest in den Arm. Ich heule wie ein Wasserfall, sein Hemd bekommt schon nasse Flecken. Er hält mich fest, gibt mir die Stabilität, die ich benötige. Langsam schleift er mich mit in mein Zimmer und setzt mich dann auf mein Bett. Er selber hat sich vor mich gekniet und hält meine Hände. Wir sehen uns lange in die Augen, ich vermittle ihm durch den Augenkontakt meinen ganzen Schmerz, und er nimmt alles auf und schenkt mir durch seinen Blick Geborgenheit und Wärme. Ich bekomme Schluckauf, Sefer fängt an zu lachen. Ich sehe ihn beschämt an und halte mir die Hand vor den Mund. Er steht auf und nimmt mich wieder in den Arm. Dadurch, dass ich sitze und er steht umarme ich seinen Bauch. Gott ist sein Bauch hart von den ganzen Muskeln. Wie gerne würde ich jeden einzelnen Muskel berühren. Er schaut mir in mein Gesicht und fragt " alles wieder gut?" Ich nicke, er lächelt und fängt an, meine Tränen mit seinem Daumen aus meinem Gesicht zu wischen. Seine Berührungen hinterlassen ein angenehmes Kribbeln auf meiner Haut. Er steht auf und schaut sich meinen DVD Schrank an. Er wird fündig und zieht König der Löwen heraus. Er grinst mich an, während er auf den Fernseher zugeht die DVD einlegt und sich plötzlich auf mein Bett schmeisst. Ich hatte damit nicht gerechnet und schreie kurz auf. Er lacht so herzhaft, dass ich gar nicht anders kann, als mitzulachen. Völlig außer Atem erwischen wir gerade noch das Intro und singen herzhaft mit. Es ist schön, neben Sefer zuliegen und mit ihm den Film zu schauen. Als Mufasa stirbt, verliere ich wieder ein paar Tränen. Trotz meiner Bemühungen es zu verstecken, bemerkt es der Junge den ich liebe und nimmt mich in deine Arme. Das hat nur leider zur Folge, dass ich mich nicht mehr auf den Film konzentrieren kann. Er flüstert mir ins Ohr "ich will die nie wieder weinen sehen ok? Egal was ist und wann es ist du kannst immer zu mir kommen und mit mir reden. " Ich sehe ihn an und flüstere ein " danke" zurück. Er lächelt mich flüchtig an und widmet sich wieder dem Film.
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Hoffnung
RomanceHoffnungen erweisen sich manchmal als bester Freund, manchmal als schlimmster Feind.