28. Schlange :Felicia

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Es waren drei Tage, 12 Stunden und 14 Minuten vergangen, seit die Piraten sie von ihrem Lager aus verschleppt hatten.
Felicia hatte sie mitgezählt, weil sie sonst nichts zu denken hatte, während sie laufen mussten und denken war eine gute Ablenkung.
Nicht, dass es langweilig gewesen wäre. Nein, sogar abwechslungsreich, mal musste sie laufen, mal wurde sie auf dem Bauch gezogen, weil sie gefallen war und einmal hatte sie es sogar zwei Minuten geschafft, sich an die Rückseite des Karrens zu setzen, bis Mika es bemerkte und sie in den Dreck zurück schubste.
Man konnte also sagen, dass es vielleicht gar nicht so schlimm gewesen wäre, hätte Falko doch bloß mit ihr geredet.
Seit drei Tagen lief er bloß stumm neben ihr und half ihr auf, wenn sie stürzte und durch den Schlamm gezogen wurde.
Mehr nicht.
Achja und dann war da noch dieser blöde Vogel. Der von Utz, Captain.
Felicia wusste nicht wie er sie gefunden hatte, aber seitdem wich er ihr nicht mehr von der Seite.
Er flatterte ständig neben ihr her.
Der einzige Vorteil war, er regte nicht nur sie auf, sondern auch Mika, und hörte auch auf ihre Befehle. So konnte sie Mika hin und wieder ein wenig erpressen.
„Felicia Ruf deinen scheiß Vogel zurück! "kam es plötzlich vom Kutschbock.
Felicia schaute auf und entdeckte Captain, wie er auf Mikas Kopf saß und an seinen schwarzen Haaren zog.

Doch auf einmal fehlte ihr die Kraft dazu. Sie war müde geworden, das anstrengende Laufen, den ganzen Tag, war langsam aber wohl, zu einer Qual geworden.
Mika griff zu einem Dolch und schlug nach dem Raben aus, doch Captain war zu schnell. Er stieß hohe Krächzer aus und auf einmal wünschte sich Felicia, dass Mika getroffen hätte.
Das Krächzen hallte ihr im Kopf nach, immer wieder, wie ein Echo, attackierte es ihren Kopf.
„Captain! "brachte sie hervor und war erschrocken, wie kaputt ihre Stimme schon nach drei Tagen klang.
Der Rabe flog gehorsam zu ihr.
Mika sagte nicht ein Dankeswort.
Aber auch daran hatte Felicia sich gewöhnt. Sie war nun nicht mehr wert, als eine Sklavin, eine Gefangene der Piraten und Phrondos war der schlimmste von ihnen.
Jeden Abend, wenn sie Halt machten, kam er vorbei und schlug Falko so lange, bis dieser vor ihm auf die Knie ging.
So etwas hatte Felicia noch nie in ihrem Leben gesehen. Diese Brutalität.
Und Falko war zu dickköpfig. Oder er konnte einfach nicht vergessen, was Phrondos seiner Familie angetan hatte.
Ihrer Familie.
Das vergaß Felicia auch immer wieder. Das sie jetzt Familie waren und ihre Eltern nicht mehr nur allein auf ihrem Rache Plan standen.

Trotzdem war Falko zu dickköpfig.
Und er hatte sich das blaue Auge, die vielen blauen Flecken, Schwellungen, Blutergüssen und Schrammen selber zu zuschreiben, die Felicia heute früh notdürftig mit einem Hemd, das sie von Mika erpresst hatte, verbunden hatte.
Aber wenn sie ehrlich war, so leicht würde sie sich auch nicht von Phrondos zwingen lassen, vor ihm nieder zu knien.
Joey würde das auch nicht tun.
Felicia konzentrierte sich wieder auf den Weg vor ihr und versuchte den Gedanken zu verdrängen.
Joey...
Sie hatte ihn umgebracht, Joey war tot!
Nein! "schrie Felicia plötzlich laut und Falko warf ihr einen kurzen Seitenblick zu.
„Felicia." sagte Falko und es war das erste Mal, dass er sie direkt wieder ansprach.
„Es tut mir leid."
„Ich weiß. Es war deine Entscheidung ich habe sie akzeptiert."
Falko neigte den Kopf.
„Es war nicht deine Schuld. All das. Nicht jeder trägt die volle Schuld, denn jeder muss seine Entscheidungen selber treffen und du hast gewählt. Aber ich auch. "
Eine lange Pause entstand.
„Und Joey. "

Felicia schloss die Augen. Im nächsten Moment stolperte sie und fiel der Länge nach auf den Weg, der schon von vielen Hufen und Wafenkarren aufgewühlt wurde und alles bloß matschig war.

Es gab einen kurzen Ruck und Falko fiel ebenfalls auf den Bauch, bevor der Karren einfach weiter fuhr und sie an ihren Hände voran weiter gezogen wurde. Es tat furchtbar weh.
„Falko Hilf mir. "flüsterte sie und schluckte dabei Dreck.
Steine schrammten an ihrem Bauch und sie spürte wie der Stoff riss und warme Flüssigkeit an ihrem Becken entlang lief.
Es brannte wie Feuer und sie wurde immer weiter gezogen.
Falko versuchte stolpernd auf zu stehen, doch er schaffte es nicht und fiel erneut, diesmal auf die Knie.
„Halt! "rief er zu Mika. „Bitte warte!"
Doch Mika fuhr unerbittlich weiter.
Falko versuchte wieder auf die Füße zu kommen und wieder sah Felicia ihn neben sich am Boden liegen.
In diesem Moment merkte sie, was sie getan hatte.
„Felic... " murmelte Falko und zuckte zusammen, als er über einen Stein gezogen wurde.
„Nenn mich nicht mehr so." murmelte sie. „Felicia hat versagt."
„Du bist Felicia." krächzte Falko.
„Ich bin mehr als Felicia. Wenn wir die Grenze nach Meldorn übertreten beginne ich von neuem."

Trägerin des Lichts - Der KönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt