7. Josslyn Merphi: Arleen

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Es war grauenvoll. Einfach nur,... Schrecklich. Arleen sank vor Julian auf die Knie und betrachtete ihn, dessen Kopf nach hinten fiel und er tot auf dem Schnee aufprallte.
Sie beachtete nicht die Soldaten, die tot um sie herum lagen.
Sie beachtete nicht das rothaarige Mädchen, das zwischen den Leichen umherging und ihnen etwas ins Ohr flüsterte.
Sie beachtete nicht den blutroten Sonnenuntergang, der die Wolken über ihnen rosa färbte.
Sie achtete nur auf die rote Blutspur, die aus Julians Seite herausfloss und ihr Knie durchtränkte. Sie war zu spät. Er hatte sich für sie geopfert, er hätte weglaufen können. Aber er tat es nicht.

Sie atmete einmal, dann zwei Mal, dann dreimal, dann verschwamm die Welt und Arleen stürzte in einen tiefen Abgrund, in eine Leere die kein Ende nahm, und eine Trockenheit, die ihr das Blut aus dem Körper sog und ihr die Luft aus den Lungen nahm.
Sie bekam keine Luft mehr, riss die Augen und den Mund auf und während sie so im dem Loch schwebte, waren das die zehn tödlichsten Sekunden ihres Lebens, in denen sie voller Verzweiflung nach Licht und Leben schrie, und nichts geschah.

Und plötzlich kehrte ihr Blut zurück, strömte um sie herum, in ihre Augen, füllte ihren Mund, und ihre Nase, verklebten ihre Luftröhre und Arleen sah nur noch schwarz, als tiefe Dunkelheit sie überkam und sie an ihrem eigenem Blut erstickt.

Julians Blut.

Dunkelheit.

Licht. Das war das erste, dass sie sah, als sie aufwachte und aufstand, wie aus einem Albtraum. Alles war übernatürlich hell und gleißendes Licht blendete sie, als sie sah wo sie war.
Auf dem Schauplatz des Kampfes. Und zwar in der Vergangenheit. Arleen sah sich selber und riss die Augen auf, das konnte nicht sein, war das hier eine Erinnerung?

Da bemerkte sie einen Mann, sein Gesicht war traurig und voller Schmerz sah er dem Geschehen zu.
„Sieh zu. " sagte er leise. „Du kannst es ändern, du hast die Macht, sieh zu! "
Arleen tat es, obwohl ihr Kopf sich weigerte die ganzen Schrecken Szenen noch einmal zu durchleben.

Ihr Herz pochte laut, als sie sah, wie Yark Julian festhielt, wie Julian voller Wut wegrannte, aber nicht weg von dem Geschehen, sondern direkt zu ihr, zu dem Mann, der sie gerade hatte töten wollen.
Und damit war er selber in die Falle gelaufen.
Mit Tränen in den Augen beobachtete sie wie er kämpfte, gegen eine Übermacht und dann kurz bevor die Pfeile die Soldaten töteten, wie sie sich auf ihn stürzten und...
Arleen schmeckte erneut sein Blut in ihrem Mund.
Dann sank sie erneut auf die Knie und Tränen über Tränen flossen ihr über die Wange, zerschnitten ihr das Herz.

Sie nahm nur am Rande wahr, wie der Mann sich neben sie setzte und sie gemeinsam weinten, jede einzelne Träne die sie hatten, vergossen.
„Es war nicht er..."
murmelte Arleen und blickte unter ihrem Tränenschleier auf sich selbst, ein paar Minuten zuvor, die verzweifelt schrie und schrie.

Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie geschrien hatte.
Aber zum Schreien war es. Allemal.
Arleen vergrub ihr Gesicht im Schnee und verschränkte die Hände über dem Kopf.
Es war nicht er, der hätte sterben sollen.
Der Mann legte ihr die Hände auf den Rücken und eine Ruhe überflutete sie und drang in sie hinein.
Sie konnte es ändern.

P. O. V. Julian

Julian fühlte nichts.
Er war leicht die eine Feder und schwebte über dem Abgrund.
Er wusste, dass er starb.
Aber wenn dafür, Arleen ein freies Leben hatte, war es sein Opfer wert.

Julian sah alles wie in Zeitlupe nocheinmal und beobachtete das rothaarige Mädchen, dass sich über ihn beugte. Sie würde Arleen helfen.

Eine Macht drückte ihn nach unten und Julian schloss befreiend ein letztes Mal die Augen. Doch er versank nicht in der tiefen Dunkelheit, die er erwartet hatte, sondern gleißendes Licht blendet ihn und so machte er noch ein Mal die Augen auf.
Dort stand ein Mann auf weißem Boden in einer weißen Halle mit einem weißen Gewand und sein Blick schien ihn zu durchbohren, voll Trauer und... Liebe.

Trägerin des Lichts - Der KönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt