Percy Jackson PoV
Ich stand im Tartarus, Springflut in der Hand, Annabeth neben mir, um uns herum Monster, die man sich als Sterblicher nicht in den schlimmsten Albträumen vorstellen kann.Als hätten sie auf ein Signal gewartet, stürzten sie sich auf uns. Tausende Klauen und Zähne trafen gegen Springflut und Annabeths Schwert aus Drakonknochen, das ihm fahlen Licht des Tartarus bleich schimmerte. Es war kein Albtraum, bei dem man aufwacht, wenn die ersten Feinde einen berühren. Ich wachte nicht auf. Ich sah, wie Annabeth neben mir zu Boden ging, kurz bevor ich dasselbe tat. Obwohl wir vermutlich schon mehrere Dutzend Monster aufgeschlitzt, enthauptet oder erstochen hatten, es kamen immer mehr.
Die Monster beugten sich über uns, Blut war überall, es spritzte durch die Gegend, ich lag in einer Pfütze davon, Annie noch immer direkt neben mir. Den Schmerz nahm ich kaum wahr, ich wusste nicht mal, wie viel von mir überhaupt noch vorhanden war. Klauen und Zähne bohrten sich in uns hinein, zerfleischten uns. Die Monster griffen sich gegenseitig an, um an uns heranzukommen. Dann kam die erlösende Dunkelheit, kaum einen Moment bevor ich tropfnass in meinem Bett aufsprang, mein Schwert in der Hand.
Als ich realisierte, dass es nur ein Traum war, liess ich mich kraftlos und erschöpft zu Boden fallen. Ich konnte das nicht mehr. Jede Nacht genau dasselbe. Ich und Annabeth im Tartarus. Umzingelt von Millionen Monstern. Dem Tode geweiht. Ich brauchte eine Auszeit. Sofort.
Nachdem ich mich ein wenig beruhigt hatte, stand ich wacklig auf und sah auf den Wecker, dessen Leuchtziffern die Dunkelheit der Poseidon-Hütte ein wenig erhellten. Es war knapp halb sechs. Normalerweise erwachte ich schon vor fünf Uhr. Ich ging ins Bad, um zu Duschen. Sofort fühlte ich mich besser. Danach zog ich mir was Frisches an. Dann holte ich Mrs. O'Leary. Sie schlief gerne in der Hades-Hütte, was ich echt verstand.
Trotzdem kam sie, als ich sie herpfiff, schwanzwedelnd aus der Hütte gelaufen. Wie sie dort reinpasste? Hades hat mir einen Gefallen getan. Er hat sie auf die Grösse eines normalen Labradors geschrumpft und ihr die Fähigkeit gegeben, wenn es nötig ist wieder normal gross zu werden. So war es viel komfortabler. Zum Beispiel rannte sie niemanden mehr um, wenn sie spielen wollte. Und sie passte in die Wohnung meiner Mom.Ich ging mit ihr gerne morgens am Strand spazieren. So auch jetzt. Die Art wie sie ausgelassen um mich herumtollte, heiterte mich jeden Tag erneut auf. Am Strand legte ich mich in den feuchten Sand und sah zu den Sternen, die am immer heller werdenden Himmel langsam verblassten. Ich sah Zoës Sternbild. Ich erinnerte mich zurück und fasste an die silbergraue Strähne in meinen sonst schwarzen Haaren. Was ich schon alles geschafft habe ist erstaunlich.
Zuerst hatte ich Zeus den Herrscherblitz zurückgebracht und die Götter, eine uralte Zivilisation, davon abgehalten sich wie kleine Kinder zu streiten und dabei die Welt zu zerstören. Ich hatte meine Mom aus der Unterwelt geholt, war ins Meer der Ungeheuer gefahren und mit dem Goldenen Vlies zurückgekehrt, hatte Annabeth und Artemis von den Titanen befreit, war durch das Labyrinth des Dädalus gewandert und hatte schlussendlich den Titanenkönig Kronos persönlich besiegt. Aber als wäre das nicht genug hatte Hera mich wie eine Schachfigur genommen, mein Gedächtnis gelöscht und mich in ein Camp voller Römer gesteckt. Ich war nach Alaska gereist und hatte die lange verschollene Standarte der zwölften Legion zurückgebracht, dann war ich auf einem Schiff nach Griechenland gereist und dort hatte ich Riesen besiegt, während das Camp von einer riesigen Matschfresse angegriffen wurde. Und bei alldem hatte ich so viel Hilfe. So viele Leute hatten sich für mich geopfert. So viele waren ums Leben gekommen. Ich wusste nicht, ob ich jemals darüber hinwegkommen würde.
Während ich so da lag, merkte ich gar nicht wie die Zeit verstrich. Irgendwann kam Mrs. O'Leary zu mir und legte sich neben mich. Sie benutzte meinen Arm als Kissen. Entgegen allen Erwartungen schlief ich ein. Es war das erste Mal seit dem Krieg, dass ich ohne Albträume schlief.
Ich wachte auf, als Annabeth mir einen Eimer Wasser über den Kopf schüttete. Ich öffnete die Augen und als ich merkte, dass es Annie gewesen war, musste ich grinsen. Sie musste Lachen, ein wunderbares Geräusch. Sie half mir aufzustehen. Ich fragte sie: "Ich wollte heute eigentlich bei meiner Mom vorbeischauen, um sie was zu fragen. Magst du mitkommen?" "Na klar! Wann geht's los?" "Wenn du willst, gleich jetzt", meinte ich und zuckte mit den Schultern. "Dann los!", rief sie begeistert. Ich merkte immer wieder, dass die Verluste sie nicht so belasteten wie mich. Wahrscheinlich, weil meine fatale Schwäche Loyalität ist.
Wir rannten über die Wiese zum Haupthaus, um Chiron Bescheid zu geben, dass wir in die Stadt gehen. Mit Annies Telefon riefen wir ein Taxi, das uns direkt vor die Haustür brachte. Wir liefen die Treppe nach oben und ich schloss die Tür auf. Kaum war ich in der Wohnung erschien meine Mom im Flur. Sie umarmte mich und begrüsste auch Annabeth überschwänglich. "Ich hab blaue Kekse da, wenn ihr wollt. Setzt euch doch hin. Ich bring euch was zu trinken." Wir setzten uns und eine Minute später kam meine Mom aus der Küche, in der einen Hand einen Krug mit blauem Sirup, in der anderen ein grosses Keksglas mit blauen Keksen drin. Wir bedienten uns.
Dann fing ich an: "Mom, ich wollte dich etwas fragen. Ich denke, ich brauche eine Auszeit. Eine Auszeit von allem was mit Göttern, Halbgöttern oder Monstern zu tun hat. Egal ob griechisch, römisch oder sonst was. Hast du eine Idee wo ich hin könnte?" Sie überlegte kurz, bis sie offenbar eine Idee hatte: "Du kennst doch noch deinen Cousin Scott? Du könntest ihn besuchen. Einfach eine Zeit lang bei ihm wohnen und dort zur Schule gehen. Was meinst du?" "Das ist grossartig! Ich könnte seiner Mutter gleich eine IM schicken und sie fragen." Meine Mom sah mich mit einem unverwechselbaren Ist-das-dein-Ernst-Blick an. Ach ja, da war ja was. Scotts Mutter würde vermutlich an einem Herzinfarkt sterben, wenn in ihrem Wohnzimmer plötzlich eine neblige Erscheinung eines Neffen, den sie schon ewig nicht mehr gesehen hatte, auftauchen würde. "Dann muss ich wohl zum Telefon greifen", meinte ich und stand auf.
Ich holte das Telefon und fragte Mom nach der Nummer. Es dauerte nicht lange bis sich jemand meldete, aber es war weder Scott noch seine Mutter.
Er stellte sich als Stiles Stilinski vor. Ein ungewöhnlicher Name, wenn man mich fragt, wobei ich da nichts zu sagen habe. Er war offenbar Scotts bester Freund. Was er in Scotts Haus zu suchen hatte, wenn niemand da war, wusste ich nicht. Er meinte, dass Scott schon zur Schule sei und seine Mutter bald von der Nachtschicht heimkommen werde. Ich bedankte mich und legte auf. Meine Mom fragte: "Und was hat sie gesagt?" "Sie war gar nicht da, aber sie kommt bald heim." "Willst du Annabeth eigentlich mitnehmen?" Daran hatte ich nicht gedacht. Einerseits wollte ich sie mitnehmen, andererseits ist Scott mein Cousin und ich glaubte nicht, dass ich da einfach mit einer Freundin aufkreuzen könnte. Und ausserdem konnte ich sie jederzeit per IM erreichen.
Annabeth war einverstanden, unter der Bedingung mich mindestens jeden dritten Tag zu melden. Sie rief ihren Vater an, um zu fragen, ob sie in der nächsten Zeit zu ihm kommen kann. Etwa eine Stunde später, in der wir am Tisch gesessen, über dies und das gesprochen und nebenbei Kekse gegessen hatten, versuchte ich nochmals Melissa McCall zu erreichen. Mit Erfolg. Sie war erstaunt und erfreut darüber, dass ich mich nach so langer Zeit wieder meldete und sie sogar besuchen wollte. Sie schickte Scott noch eine SMS, um zu fragen ob er einverstanden wäre. Ein paar Minuten später kam die Antwort: Ja. Ich war glücklich. Glücklich meinen Cousin und meine Tante wiederzusehen, glücklich eine Auszeit zu bekommen, glücklich meinem Alltag zu entfliehen. Nachdem ich mich mindestens hundertmal bedankt hatte, legte ich auf. Da ich am nächsten Tag am Abend dort sein wollte, begann ich mein Zeug zu packen. Unterwäsche, ein paar Jeans, meinen Vorrat an Camp-Half-Blood und SPQR T-Shirts, den ich im Camp gelagert hatte, genug goldene Drachmen, Nektar, Ambrosia und eine Leine für Mrs. O'Leary. Ich hatte beschlossen wenigstens sie mitzunehmen. Ich hatte natürlich Melissa davon in Kenntnis gesetzt und sie war einverstanden. Sie war anfangs ein wenig skeptisch gewesen. Ich glaube es war irgendwas wegen Scott.
Diese Nacht schlief ich bei Mom zu Hause. Mein Zimmer war echt zugemüllt. Ich wusste nicht ob es bei Gabe wirklich schlimmer gewesen war, so wie es jetzt aussah. Ich flehte Hypnos und Morpheus an, mir eine ganze Nacht Schlaf ohne Albträume zu gewähren und schlief schliesslich ein.
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Myths and Legends
FanfictionWas wenn Percy Jackson, der grösste Held aller Zeiten, eine Auszeit will und zu seiner Tante Melissa McCall und ihrem Sohn Scott nach Beacon Hills geht? Wird das wirklich eine Auszeit oder eher ein Desaster? Kaum läuft in Beacon Hills alles gut, erh...