Jason P.O.V
Seit 10 Jahren verzichtete ich jetzt schon auf das sprechen. Ich schrie nicht, lachte nicht, weinte nicht, aus meinem Mund kam kein Laut. Warum? Weil es nichts bringt. Meine Worte werden immer in der Masse untergehen, egal was ich sage. Es kostet nur Kraft, Worte zu verschwenden, um am Ende nichts zu erreichen. Natürlich braucht man Worte, um sich mit anderen auszutauschen oder einfach nur um jemandem einfach mal ein paar nette Worte zu sagen, aber ich hatte niemandem irgendwas nettes zu sagen. Ich wollte auch nie jemanden beleidigen oder sonst irgendwas. Mein Umfeld hatte sich daran gewöhnt, alle dachten ich sei einfach nur stumm. Auch meine Mom hat sich damit abgefunden. Schon oft war sie mit mir zu Psychologen gegangen, die versucht hatten mich zum reden zu bringen, vergeblich. Nur weil alle von mir wollten, dass ich rede, heißt das nicht, dass ich es auch so will. Es gefiel mir, amüsierte mich sogar fast schon wenn Leute mich versuchten in ein Gespräch zu verwickeln um dann zu merken, dass ich ihnen nichts sagen würde. Es gab eigentlich nur einen, der sich noch nicht damit abgefunden hatte. Der Schülerberater meiner Schule, Herr Adams, oder wie alle ihn nannten, Gabriel. Er mochte es lieber, bei seinem Vornamen angesprochen zu werden. Das hatte er erklärt, als er sich als der neue Schülerberater vorgestellt hatte. Seit einem Jahr arbeitete er schon an meiner Schule. Oft bat er mich um ein Gespräch in seinem kleinen Büro. Stumm hatte ich ihm immer zugehört, wie er mir verschiedenste Dinge erzählte. In der Schule wurde ich meistens als Zuhörer missbraucht. Schließlich erzählte ich niemandem, dass er verschwinden sollte und verbreitete auch keine Infos. Meine Klasse hatte sich ausgedacht, für Gabriel eine kleine Party zu veranstalten, da er in wenigen Monaten sein erstes komplettes Jahr an unserer Schule geschafft hat. Auch andere Klassen hatten sich bereit erklärt mit zu machen. Gabriel war eigentlich überall ziemlich beliebt. Sogar ein paar Lehrer machten mit. In der Schule verhielten sie sich ziemlich auffällig gegenüber ihm. Sie kicherten oftmals, wenn sie an ihm vorbei liefen, tauschten auffällige Blicke miteinander aus oder meideten ihn teilweise sogar schon, wenn er an ihnen vorbei lief. Natürlich hatte auch er bemerkt, dass die Schüler wahnsinnig komisch drauf waren. Am Dienstagnachmittag, knappe zwei Monate vor der Premiere sprach er mich schließlich in einem kleinen Privatgespräch darauf an. "Du weißt nicht zufällig, warum alle mich so behandeln, als kursiere irgendein ganz schlimmes Gerücht über mich?" fragte er mit dem charmanten Lächeln auf den Lippen. Stumm zuckte ich mit den Schultern. Er wusste, dass ich mit ihm nicht reden würde, aber trotzdem führte er mit mir ein ganz normales Gespräch, wie mit jedem anderen auch. "Ich habe übrigens mit deinem Klassenlehrer gesprochen. Dein Zeugnis dieses Jahr sieht wohl um einiges besser aus als letztes Jahr, herzlichen Glückwunsch, du hast dich wirklich gesteigert." Stumm nahm ich seine Worte zur Kenntnis, hätte ihm gerne ein dankbares Lächeln geschenkt, aber ich konnte es nicht. Mein Körper hatte sich so daran gewöhnt dass sprechen oder gar lächeln absolut verwirrend und lächerlich klang, wenn ich es tuen würde. Sein Handy klingelte. "Entschuldige bitte." seufzte er und sah auf sein Display. "Das könnte eventuell wichtig sein, tut mir leid. Ich bin gleich wieder da." murmelte er und verließ das Zimmer. Ich griff nach einem der leeren Papiere, die auf seinem Tisch lagen und fing an, etwas darauf zu schreiben. Ich schrieb das Papier voll, klappte es zusammen, steckte es ein und nahm mir ein neues Papier, ehe ich darauf etwas anderes schrieb. Nach ein paar Minuten kam Gabriel wieder rein. "Entschuldige, mein Neffe hat meine Schwester nicht erreicht und deswegen mich angerufen." erklärte er und stellte sich neben mich, ehe er mir über die Schulter schaute. Ich sah ihn fragend an. "Was ist? hast du nicht erwartet, dass ich einen Neffen habe?" fragte leicht amüsiert. Ich nickte und drehte mich zu ihm. "Er ist 5 und heißt Kai. Meine Schwester ist allein erziehend, deswegen passe ich ab und zu auf ihn auf." Ich drehte mein Blatt um und schrieb die Frage auf, die ich mit meinem Mund nicht stellen konnte. <Ist das nicht viel?> Kurz las er sich die Frage durch, ehe Gabriel mit den Schultern zuckte. "Ich versuche meine Schwester so gut es geht zu unterstützen, ein bisschen babysitten ist schon drin, mach ich mit dir ja auch." lächelte er und wuschelte mir durch die Haare. Eine merkwürdige Angewohnheit wie ich fand, jemandem durch die Haare zu fahren, aber anscheinend mochte er es und etwas dagegen sagen tat ich sowieso nicht. "Ich hab dich schon wieder viel zu lange aufgehalten,was? Wenn du willst kannst du ruhig nachhause gehen,ist schließlich schon lange Schulschluss." meinte er und fing an, sein Zeug einzupacken. Das sagte er jeden Dienstag, nach dieser Stunde in der er mich zu sich bat, dabei genoss ich diese Gespräche sogar. Seine Nähe nervte mich im Gegensatz zu anderen nicht und ich mochte es, ihm zuzuhören. Also stand ich wie jedesmal auf, warf mir meine Jack um und wartete auf ihn, sah ihm dabei zu wie er seine ganzen Dokumente einpackte. Meiner Meinung nach machte er sich zu viel Arbeit. "Holt dich deine Mutter ab?" fragte er, woraufhin ich den Kopf schüttelte und er mir kurz darauf seine Autoschlüssel zuwarf. "Dann fahre ich dich, wenn du nichts dagegen hast. Mein Auto kennst du ja." bot er an. Das tat er auch jedesmal und jedesmal wollte ich eigentlich verneinen, ihm sagen dass es nicht nötig ist und er doch auch irgendwann mal Feierabend hätte, aber stumm nickte ich nur und verließ das Zimmer, um zu dem kleinen schwarzen BMW zu gehen, den er fuhr. Schon öfters hatte er mich mitgenommen. Ich schloss den Wagen auf, setzte mich auf den Beifahrersitz und legte den Schlüssel wie gewohnt auf das Armaturenbrett. In einem extra angelegten Gruppen Chat, indem ich warum auch immer ebenfalls war, wurde darüber diskutiert, ob Alkohol bei der Party dabei sein sollte. Woher auch immer man diesen mit 16 herbekommen will, aber ich blieb wie immer stumm.
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Your Voice | BoyXMann (In Überarbeitung)
Novela JuvenilJason ist stumm, zumindest glaubt das jeder. Er spricht nie und hat auch nicht vor es zu tun. Natürlich weiß Jason wie man spricht, aber er hält es nicht für nötig. Es würde ihm sowieso niemand zuhören. Sein Umfeld hat sich inzwischen daran gewöhn...