|50|

1K 60 13
                                    

Steffen P.O.V

Schon seit einer ganzen Weile versuchte ich Jason zu erreichen, aber er hatte sein Handy wohl ausgeschaltet. Dabei bräuchte ich ihn jetzt wirklich sehr. Mir ging es nicht gut, um ehrlich zu sein ging es mir ziemlich scheiße. Emily war hier um ihre letzten Sachen abzuholen und mir meine zurück gebracht. Wir waren jetzt ganze drei Monate getrennt und trotzdem gab es überall noch Spuren von uns beiden beim jeweils anderen. "Emily?" Sie hatte ihre letzten Sachen gerade in einen kleinen Karton gepackt und war bereit zu gehen. "Darf ich dich was fragen? Bevor du gehst?" Ich war zum Ferneseher gedreht, weswegen ich nicht sah, ob sie stehenblieb oder auf mich zukam. "Was gibt es?" Ich hörte ihre Schritte und sah ihre Silluette im Fernseherbildschirm. "Bist du in Jason's Freund verliebt?" fragte ich trocken. Aus meiner Stimme kam keine Emotion. "Hat Jason dir was davon erzählt?" fragte sie und setzte sich neben mich. "Nein, er wollte es nicht erzählen. Er schien es selbst nicht wissen zu wollen. Ich hatte es im Gefühl, nachdem du ihn nachdem ich entlassen wurde so oft versucht hast anzurufen. Zuerst dachte ich, du machst es wegen Jason, aber dann hast du mal angefangen zu weinen, du, die die sonst nie weint. Da war es mir eigentlich klar." erklärte ich und sah weiter auf den Fernseher. "Gut, ich bin ein Monster. Ich hab es verstanden, ihr müsst mir das nicht alle fünf mal sagen!" Sie klang müde, frustriert, aber vor allem erschöpft. "Ich habe nie behauptet du wärst ein Monster. Du bist ein Mensch." meinte ich und lehnte mich leicht zurück. "Wie bin ich ein Mensch, wenn ich meinem sowieso krankem Bruder das Leben schwer mache?" fragte sie. "Genau deswegen. Wir Menschen sind dazu geboren unser Handeln unseren Emotionen anzupassen. Neid, Angst, Hass. Diese Emotionen haben dich wahrscheinlich so handeln lassen, wie sie es getan haben. Es ist in Ordnung schwach zu sein. Es ist auch in Ordnung, seine Schwäche zu erkennen und sich einzugestehen. Sie mich an. Ich bin mein Leben lang im Rollstuhl, hab ich deswegen meinem Bruder die Beine abgeschnitten? Nein, ich hab ihn um Hilfe gebeten, wann immer ich konnte. Warum seid ihr Frauen so? Warum macht ihr es nicht einfach so wie wir Männer?" fragte ich. "Alles stehen lassen und warten bis es irgendeiner macht?" erwiderte sie. "Lasst euch helfen! Du hast einen Fehler gemacht, aber es wird dadurch nicht besser, dass du alle denen du was bedeutest von dir stößt. Was willst du dann machen? Völlig isoliert leben? Von deinen eigenen Gefühlen durchgehend geplagt werden. Wie willst du das anstellen?" fragte ich. "Ich weiß es nicht, ich find es heraus." antwortete sie mit leiser Stimme, verschränkte die Arme ineinander und seufzte tief. Ihr Atem zitterte während dem Ausatmen gleich, als würde sie nach den richtigen Worten suchen aber keine finden. Eine Art Seil schnürrte sich um meine Brust, als ich meine nächste Frage aussprach. Ich erdrückte mich selbst quasi, aber ich wollte es wissen. "War der Sex mit ihm besser als mit mir?" fragte ich, schluckte und musterte die alte Fernbedienung vor mir, als wäre sie der interessanteste Gegenstand in diesem Raum. "Ja, die Antwort sollte doch aber nicht überraschen." murmelte sie. "Nein, er hat ja zwei Beine, die er benutzen kann." Unkontrolliert redete ich meinen Frust heraus. "Das war es nicht. Als ich ihn angesehen habe, da habe ich für einen kurzen Moment dieses Gefühl gehabt. Als wäre alles wieder normal, genau wie vor zehn Jahren. Als wir noch eine ganz normale Familie waren. Er hat das Lächeln meines Bruders, auch wenn es Jason bisher noch nicht aufgefallen ist. Er hat Elliots Lächeln." flüsterte sie leise. "Die zwei Grübchen an der Seite, die kleine Zahnlücke, an der er immer rumgespielt hat. Es war, als würde ich ihm wieder ins Gesicht sehen. Der Sex war für mich zweitrangig, aber das Gefühl. Es war, als hätte ich Elliot wieder vor mir." Ihre Stimme brach ab. Sie hielt sich zitternd die Hände vor den Mund. "Hast du es Jason mal gesagt?" fragte ich. "Nein, Jason war damals noch zu klein. Er war erst sieben." Eine bedrückende Stille füllte den Raum. "Ich will ihn wieder. Ich will Elliot wieder!" schluchzte Emily und durchbrach die Stille. Jetzt endlich verstand ich alles, ich verstand, warum sie Gabriel möchte, warum sie nicht wollte, dass Jason ihm nahe kommt. Weil sie in Gabriel ihren längst verstorbenen Bruder sieht.

Your Voice | BoyXMann (In Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt