Gabriel P.O.V
Ich wusste nicht, was in mich gefahren ist, einen Jungen zu küssen, der bestimmt fünf oder noch mehr Jahre jünger war als ich, aber ich bereute es nicht. Die Schüler beschäftigten sich zum Glück ziemlich gut alleine. Ich ging durch die Reihen und sah mir an, was sie so machten. Einige malten, unterhielten sich leise oder lernten sogar teilweise. Bei Jason, der natürlich wieder etwas schrieb, konnte ich es mir nicht nehmen, meine Hand auf seine Schulter zu nehmen und mich leicht nach vorne zu beugen, um mit zu lesen. Er schrieb über jemand Blinden, der sich blind durch den Alltag eines Erwachsenen kämpfen muss. "Wirklich gut, du solltest Schriftsteller werden." flüsterte ich lächelnd und strich ihm kurz über die Schulter, ehe ich weiter ging. Eines der Mädchen hatte sogar tatsächlich angefangen mich zu malen. "Du hast Talent." grinste Ich, als ich das sogar wirklich gute Portrait von mir sah. Verlegen strich sie sich eine Strähne hinters Ohr. "Kann ich später das fertige Ergebnis sehen? Du bist wirklich sehr gut." bat ich, worauf sie fröhlich nickte. Ich ging wieder nach vorne und setzte mich aufs Pult. "Gabriel?" Fragend sah ich in die Menge. "Kannst du mit uns zu diesem Ausflug kommen?" fragte einer von ihnen. "Was für ein Ausflug denn?" fragte ich. "Unsere Biolehrerin will uns in die Ökologie einbringen und deswegen sollen wir einen Nachmittag in den Wald. Du magst die Natur doch und mit dir wird das sicher nicht so langweilig." erklärte er. "Die Natur ist nie langweilig. Ich wurde von eurer Biolehrerin nicht gebeten mitzukommen, aber ich kann sie mal fragen." Meine viel zu große Naturliebe, von der kaum ein Schüler nichts wusste, verleitete mich dazu, wie ein kleines Kind zu lächeln. "Also gut, ihr habt jetzt fünf Minuten Pause und danach machen wir gemeinsam was." meinte ich nach einem kurzen Blick auf die Uhr. Ich hatte eigentlich noch einiges an Arbeit, die ich machen musste, weswegen ich mich hinters Pult setzte und mir eine der Akten, die ich mitgenommen hatte durchlas. Motivationslosigkeit, depremiert, auffällige Schnittwunden. Oh man, der arme Junge. "Gabriel?" Das Mädchen, welches mich gemalt hatte, legte mir das fertige Bild hin. "Wow danke. Das ist wirklich gut geworden. Wirst du später mal Künstlerin?" fragte ich. "Ich weiß es noch nicht." Sie konnte wirklich gut malen. "Du kannst es behalten, wenn du es magst." bot sie an. "Wirklich gerne, vielen Dank." lächelte ich. Genau wegen sowas liebte ich meine Arbeit. Nach der fünf Minuten Pause setzten sich alle wieder auf ihre Plätze. "Okay, was möchtet ihr den machen?" fragte ich. "Erzählen sie uns was von sich!" Ich wusste nicht, warum sie so auf mich fixiert waren, aber irgendwie mochte ich es. "Was wollt ihr denn hören?" fragte ich amüsiert, auch wenn ich es mir schon denken konnte. "Haben sie einen Partner?" Ich lachte leise. "Nein, ich bin schon seit einer ganzen Weile Single." antwortete ich lächelnd und irgendwas in mir verlangte, kurz zu Jason zu sehen, der ebenfalls seine Aufmerksamkeit auf mich gerichtet hatte. "Haben sie Kinder oder so?" Ich muss wohl sehr interessant sein, denn inzwischen sahen mich alle neugierig an. Sie wussten natürlich, dass ich gerne privates erzählte und deswegen sehr locker darauf reagierte. "Ich habe einen Neffen. Er ist erst fünf, also noch eine ganze Ecke jünger als ihr." lächelte ich. Einige "Aww's" kamen von der Menge. "Gabriel? Warst du schonmal so richtig verliebt?" Ich seufzte. "Ja, natürlich schon öfters. Liebe ist nichts, vor dem man sich drücken kann." meinte ich. Jason sah mich nun langsam auch sehr neugierig an. Ich war total fixiert auf ihn, warum keine Ahnung. "Ich kann euch, bevor ihr fragt, nur einen kleinen Tipp geben, was etwas wie die Liebe angeht, auch wenn ich sicherlich kein Experte darin bin. Ihr müsst ehrlich zu euch selbst bleiben, wenn ihr merkt, dass die Beziehung euch mehr schadet als hilft, dann bringt es nichts, diese Beziehung weiter bestehen zu lassen." erklärte ich und klatschte kurz darauf in die Hände. "Also gut, bevor das hier alles so ernst wird können wir ja noch etwas spielen." lächelte ich. "Museum!" Fast schon einstimmig kamen die Rufe. Zum Glück war es auch bei den Schülern aus der Oberstufe noch nicht uncool, etwas zu spielen. Museum, dieses Spiel, bei dem sich keiner außer drei bewegen dürfen und zwei herausfinden, wer diese drei sind. Naja, so ist es immerhin schön still. "In Ordnung, ihr schafft es sicher alleine die Leute zu bestimmen." lächelte ich und setzte mich hinters Pult, ehe ich weiter diese Akte durchblätterte. Als sie zwei hatten, die raus sollen, begann sie sofort viel leiser zu reden. "Jason muss einer sein!" Ich sah langsam auf. Keine dumme Idee. Er war völlig lautlos, bei allem was er tat. Sie setzten sich in den verschiedensten Posen hin, ehe ich die zwei draußen wieder rein ließ. Die Zeit verging wie im Flug. Es war zwar nur ein Notfall und eine von wenigen Ausnahmen gewesen, aber ich mochte es wirklich sehr, Schüler zu beaufsichtigen. Selbst unterrichten könnte ich wirklich nicht, da fehlt mir die Herangehensweise komplett. Mich einfach mit ihnen zu beschäftigen war jedoch mehr als schön. "Jason, kannst du bitte noch kurz hier bleiben?" fragte ich, als das Klingeln die Schüler befreite. Er nickte stumm, packte sein Zeug zusammen und kam zu mir nach vorne. Ich wartete, bis alle anderen draußen waren, ehe ich aufstand. "Jason, ich würde dich gerne mal zu mit einladen. Das Angebot klingt wahrscheinlich wirklich komisch." erklärte ich leicht unsicher. Er nickte und holte einen Zettel und Kulli aus seiner Jackentasche, ehe er mehrere Datume draufschrieb und mir den Stift in die Hand drückte. Ich las mir kurz alle durch und umkreiste dann den Termin, unmittelbar nach unserem Gespräch am Donnerstag, ehe ich ihm den Zettel zurück gab. "Danke." lächelte ich. Er sah mich kurz zögernd an, hob dann für einen kleinen Moment den rechten Mundwinkel und verschwand kurz darauf. Auch wenn es nur ein kurzes und zögerliches Lächeln war, ich hatte es jetzt schon zum zweiten Mal geschafft, ihn zum lächeln zu bringen.
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Your Voice | BoyXMann (In Überarbeitung)
Novela JuvenilJason ist stumm, zumindest glaubt das jeder. Er spricht nie und hat auch nicht vor es zu tun. Natürlich weiß Jason wie man spricht, aber er hält es nicht für nötig. Es würde ihm sowieso niemand zuhören. Sein Umfeld hat sich inzwischen daran gewöhn...