23. Wie früher

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POV Manu

Stumm saß ich zwischen Patrick und Claus und hatte den Blick starr auf den Fernseher gerichtet. Doch ich wusste ganz genau, links und rechts von mir saß eine kleine Familie.

Patrick knuddelte nebenbei mit Emma, von und der ab und zu ein niedliches Quieken zu vernehmen war. Luisa lag in den Armen ihres Mannes und schnarchte bereits leise vor sich hin.

Und ich?
Ich saß inmitten dieser Familie, die seit Jahren perfekt funktionierte, und wusste nicht so recht, wohin mit mir.
Emma liebte ihren Onkel Patrick über alles, so wie ich.

Die irgendwie  perfekte Ehe von Luisa und Claus zu sehen, erinnerte mich jede Minute des Tages mehr und vor allem schmerzlicher an meine eigene Beziehung, die ich vor Jahren durch so eine dumme Situation verloren hatte.

Ließ mich an die Tränen denken, die ich seit diesem Zeitpunkt vergossen hatte und mein Leben, das ich seit je her irgendwie verloren zu haben schien.

Ich bewegte mich nicht, spürte nur Patricks Schulter an meiner, die sanfte Wärme. Sie verursachte dieses seltsame, einsame Gefühl in mir, das mich hart schlucken ließ, bevor ich mich zusammenriss und aufstand.

Sofort hob Patrick seinen Blick von Emma und schaute mich von Kopf bis Fuß an, doch er schwieg. "Bin mal auf der Toilette", brachte ich dann doch irgendwie heraus, bevor ich nahezu fluchtartig das Wohnzimmer verließ.

Ich schloss die Badezimmertür hinter mir ab und spritzte mir erst einmal kaltes Wasser ins erhitzte Gesicht, bevor ich mein Abbild im Spiegel musterte.

Auch wenn die Hoffnung naiv war, dass es wieder super gut werden würde, es war nichts mehr wie früher und ich begann, zu zweifeln, ob es jemals besser werden würde.

Mit Patrick hatte ich nichts weiter besprochen, außer ein bisschen Zeit miteinander zu verbringen, vorerst. Ich liebte ihn, und er liebte mich, doch alles war fremd und so ernst geworden, weshalb ich mich nicht traute, etwas zu tun.

Ich wohnte seit Tagen im Gästezimmer des Hauses, war dafür mehr als Dankbar, doch Zuhause fühlte sich anders an. Zuhause war Patrick, wenn ich an seiner Brust einschlafen dürfte, zuhause war Claus, wenn ihr mal wieder ein Bier in unserer Lieblingskneipe tranken, und zuhause war Luisa, wenn sie mir lieb und aufrichtig zuhörte, wenn ich Probleme hatte.

Doch mein Zuhause war nicht mit mir stehen geblieben. Es hatte sich weiterentwickelt, war gewachsen. Und während ich hier aß und schlief und mich irgendwie versuchte, zu integrieren, wuchs es weiter und mit ihm dir Angst, hier nicht mehr rein zu passen.

Himmel, ich wusste noch nicht einmal, ob ich noch in diese Stadt passte. Ob ich hier her gehörte.

Meine Gedanken wurden durch ein sanftes Klopfen gestört und ich ging zögerlich zu der dunklen Holztür. "Besetzt", murmelte ich mit bebender Stimme, dennoch so laut, dass man es nicht überhören konnte.

"Mach auf, Manu", sprach Patrick leise. Wie früher, wenn ich mich beim Streit im Bd verschanzt hatte und schmollte. In der Vergangenheit hätte ich die Tür geöffnet und wäre meinem Mann schon fast in die Arme gesprungen.

Hätte ihn schüchtern geküsst, ein leises "Es tut mir leid, Paddy" an seine Lippen geflüstert und wir hätten uns eine halbe Ewigkeit umarmt, bis der Brünette mir sagte, dass er mich lieben würde und wir Hand in Hand zurück gegangen wären, wo unser Streit plötzlich wie ein weit entfernter Stern war und wir nicht anders konnten, als darüber zu schmunzeln.

Wie früher.

In Zeitlupe schloss ich die Tür auf und Patricks gefühlvolle Augen empfingen mich, in denen ich mich fast verlor. "Was ist los?", murmelte er nur leise und ehe ich mich versah, hatte der Andere mich in eine feste, warme Umarmung gezogen.

Ich schluchzte leise auf und krallte mich in seine Schultern. Wartete auf das beruhigende Geflüster.

Wie früher.

Kürbistumor - After Wedding [Fortsetzung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt