Kapitel 26 - Dunkle Schweigsamkeit

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Und nun saß ich hier

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Und nun saß ich hier. Halbwegs aufrecht, den Rücken von der Last leicht gekrümmt, den Hintern auf der Bettkante gepolstert, die nackten Füße in der warmen Umarmung meines Teppichs. Mein Zimmer war in völlige Schwärze getaucht, ich konnte nichts sehen, gar nichts, bis auf meine Hände, welche mein Handy fest umklammert hielten. Meine Augen hatten sich in den letzten Stunden, in welchen ich keinen Schlaf gefunden hatte, weitestgehend an die Dunkelheit gewöhnt, sodass ich immerhin einige Zentimeter weit schauen konnte. Meine Finger wandten sich wie die Tentakel eines Kraken um mein Handy, kneteten dabei einander und das Gerät.


Wie gebannt starrte ich ohne Unterbrechung auf das zersplitterte Display, auf die schimmernden Risse, auf meine unruhig zuckenden Finger. Ich fühlte mich leer, ein gigantisches Loch klaffte in meinem Inneren. Zu meinem eigenen Glück hatte dieses, neben meinem Lächeln, auch sämtliche meiner Gedanken verschlungen, sodass es in meinem Kopf angenehm still war. Ich saß hier schon so lange, dass man glauben könnte, dass ich versteinert wäre. Schon so lange wartete ich hier in dieser dunklen und stickigen Luft darauf, dass mein Handy aufleuchtete, dass es einen Ton von sich gab. Und als es dann endlich genau das tat, bereute ich diesen Wunsch sogleich wieder.


Mein Handy schrie plötzlich auf, ein schriller Laut jagte durch mein Zimmer, meine Knochen, meine Ohren. Vom Schrecken ergriffen zuckte ich augenblicklich heftig zusammen und ließ ich mein Handy fallen. Mein Fuß holte aus und ich schleuderte ihn geradewegs gegen meinen Nachttisch, was mir einen höllischen Schmerz durch die Zehen jagte. Ich biss die Zähne zusammen, stöhnte kurz auf, bückte mich dann nach meinem Handy und hob es vom Teppich auf - doch bevor ich das tat, stellte ich den nervigen Wecker aus.


Als ich mich wieder aufrecht aufsetzte, pochte mein Fuß schmerzhaft mit jedem meiner Herzschläge auf. Ich versuchte es so gut wie möglich zu ignorieren und stand seufzend auf. Ein letztes Mal schaute ich auf mein Handy. Nein, er hatte mir nicht geschrieben. Ich wischte die Enttäuschung weg und schaltete das Licht an. Schniefend ging zu meinem Kleiderschrank und griff willkürlich nach Klamotten für den Tag. Es war Montag, Schulzeit.


Wie eine Maschine folgte ich genau den Programmierungen, jeden Tag. Jeden Morgen durchlief ich dieselben Routinen. Mich im Bad frisch machen, Sachen anziehen, etwas Kleines, nettes frühstücken, meinen Ranzen schnappen und losmarschieren. Doch heute war es anders. Ich schaute mich nicht im Spiegel an, wusch mich nicht, zog mich lediglich an. Ich aß auch nichts, trank nur ein Glas Wasser, welches meinen Tränentank füllen durfte, nahm mir einen Apfel und verstaute ihn in meinem Rucksack. Ich hatte mir gestern Abend nichts zu essen für den Schultag gemacht und jetzt würde ich es ebenfalls nicht machen. Ich verzichtete auf eine Jacke, schlüpfte in meine Schuhe, welche den Schmerz meines Fußes auch nicht lindern konnten, und sattelte meinen Rucksack.


Als ich gerade noch dabei war, meine Arme durch die Schlaufen zu fädeln, öffnete sich auf einmal die Schlafzimmertür von Florian und Nico, wobei letzterer hinaustrat und die Tür hinter sich behutsam wieder schloss. Ich hielt in meinen Bewegungen inne, starrte in seine Richtung. Als er den Lichtschalter für den Flur betätigte und mich das Licht aus den Schatten riss, schien er sich kurzzeitig zu erschrecken, lief dann jedoch auf mich zu.

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