*Carlos
Kein Wort. Keine Reaktion. Kein Blick. Sein Gesicht war einfach nur leer, abgesehen von den...es schienen mir Millionen von Tränen. Nicht einmal mehr Traurigkeit konnte ich sehen. Trotz der Tränen. Mir war klar, dass er alles verloren hatte, was er liebte. Und ich konnte mir nur schwer vorstellen, wie es ihn auffraß. Zwar wäre es für mich furchtbar schrecklich, wenn ich meine Freundin verlieren würde, aber nur der Gedanke daran, konnte mir nicht Gefühle geben, die Logan gerade verspüren musste. Und ich wusste Logan war ein Mensch, der mit seiner ganzen Seele, mit seinem ganzer Herz liebte. Alles würde er aufopfern für Nina. Alles würde er geben. Schon so lange, gehört sein Herz und seine Seele ihr. Sie wusste es. Sie wusste es schon immer. Denn auch sie empfand das gleiche für Logan. Nur wusste sie nicht, dass sie ihrer Liebe noch eine Chance geben musste. Oder war es von uns allen zu viel verlangt, von ihr zu erwarten, Logan eine Chance zu geben. Schließlich hatte er sich nicht besonders toll ihr gegenüber verhalten, hat einen schrecklichen Fehler gemacht. Aber alle Menschen machten Fehler, auch die, die wir lieben. Und wenn ich ihn so am Boden sah, war es für mich, einer seiner besten Freunde, unmöglich, nicht zu ihm zu halten, oder ihm Vorwürfe zu machen. Egal was für Fehler er in seiner Vergangenheit getan hat. Es war absolut nicht toll, ihn so fertig zu sehen. Wie er rein gar nichts mehr machen konnte, als zu fliehen.
Also Logan an uns vorbei war, ohne uns zu beachten, schauten Kendall, James und ich uns an. Wir beschlossen, noch ein paar Minuten hier zu warten, bevor wir ihm folgen wollten. Er musste sich jetzt erst mal klar werden, was er jetzt vorhatte. Und wenn er nicht mit uns darüber reden wollte, wollten wir ihm die Zeit dazu geben, alleine zu sein. Wollte ihm die Wahl lassen, entweder auf uns zu warten, oder zu fahren. Logan wusste, wir würden ihm folgen, wenn er also jetzt nicht alleine sein wollte, würden wir kommen. Denn wir waren seine Freunde. Freunde machten so etwas füreinander. Es war wie eine Verpflichtung. War einer dabei zu fallen, gab es immer die anderen drei, die einen wieder auffingen. Keiner von uns, würde einen anderen von uns fallen lassen. Jedoch war es leider manchmal nicht möglich, diesen Fall zu verhindern. Manchmal war es einfach nicht möglich. So wie jetzt bei Logan. James, Kendall und ich waren aber nun dafür da, um ihn wieder auf die Beine zu bringen, ihm auf zu helfen und ihn dazu ermutigen weiter zu machen. Vielleicht war es in seiner jetzigen Situation nicht viel was wir für ihn tun können, aber er wusste er war nie alleine.
Als wir gut 10 Minuten gewartet hatte, beschlossen wir nach ihm zu sehen. Als wir vorhin angekommen waren, hatte wir seinen Wagen bereits gesehen, wussten also wo wir nach ihm suchen mussten. Es sei denn, er hatte sich dazu entschlossen zu laufen, was Logan auch des öfteren tat. Erst als er mit Nina das Gespräch geführt hatte, war er stundenlang durch die Gegend gelaufen. Der Regen hatte ihn schon völlig durchweicht, doch das hatte ihn nicht gestört. Logan war einfach weiter gelaufen, bis er gemerkt hatte, es hatte keinen Sinn mehr, weiter zu laufen.
Schon als wir den Flughafen verlassen hatten, sahen wir ihn vor seinem Wagen sitzen. Die Knie hatte er angewinkelt, die Arme waren über die gelegt, der Kopf zum Boden gesenkt. Ich wollte los gehen, zu ihm, doch Kendall stoppte mich durch eine Berührungen an der Schulter. Als ich ihn ansah, deutete er mit einer Kopfbewegung in der Ferne. Ich atmete tief ein, als ich erkannte, was da los war. Es war eigentlich nicht überraschend, dass sich auch die Paparazzi zeigen ließen. So eine Situation war ein gefundenes Fressen für sie und war leicht verdientes Geld. Noch hielten sie sich zurück, wir mussten Logan so schnell wie möglich von hier wegbringen, am besten ohne das er davon was mitbekam. Er sollte sie nicht noch um mehrere Sachen Gedanken machen müssen. Sein Kopf war schon voll genug.
Wir gingen auf ihn zu. Logan hob kurz seinen Kopf und schaute uns an. Er blieb weiterhin stumm, doch ich konnte in seinen Augen sehen, dass er jetzt nicht alleine sein wollte. Er wäre schon längst gegangen, hätte er es gewollt. Doch er war noch da.
Wir unterhielten uns leise mit Logan, der zusammengesunken an seinem Wagen lehnte, als sei er zu schwach, um sich auf den Beinen zu halten. Ich legte den Arm um Logan, um ihn zu trösten, und Logan brach schluchzend an meiner Brust zusammen, während ich beide Arme um ihn schwang. Für einen Moment lang starrten wir einander nur an.
Als Logan sich wieder beruhigt hatte, sprang er auf und wischte sich mit den Händen durchs Gesicht. Ihm war deutlich anzusehen, wie unangenehm ihm die ganze Situation war. Wortloch legte Kendall ihm eine Hand auf den Rücken. Kendall brauchte nichts zu sagen. Logan verstand ihn auch so. Logan wusste, dass Kendall wusste, wie sehr er litt. Wir alle wussten das. Ganz ruhig stand Kendall neben ihm, als würde er versuchen, Logans Schmerz zu absorbieren, um ihn Logan abzunehmen. Kendall war unglaublich talentiert, in solchen Augenblicken, immer zu wissen, was er zu tun hatte. Er hinterließ bei den Menschen, mit denen er zusammen war, immer ein gutes Gefühl. Er ließ einen fühlen, als wäre man der einzigste Mensch auf der Welt und keiner war in dem Moment wichtiger. Als wäre man etwas ganz besonderes. Und jeder der ihn kannte, konnte sich glücklich schätzen. Auch Logan wusste es zu schätzen, auch wenn er es im Augenblick nicht zeigen konnte.
Wir beschlossen den Flughafen zu verlassen, ich werde Logan nach Hause fahren, mit seinem Wagen. James und Kendall fahren in dem Wagen von Kendall hinter uns her, damit sie mich danach einsammeln konnten.
Schweigsam stieg Logan auf den Beifahrersitz, er hatte nichts eingewendet, als ich ihm sagte, es sei besser, wenn ich fahren würde. Er hatte es einfach hingenommen. Vielleicht war er sich selber bewusst, dass er in seiner Verfassung lieber nicht fahren sollte.
Die Fahrt zu Logan war unglaublich schrecklich. Nicht einmal sagte einer von uns beiden. Es war kaum auszuhalten für mich. Nicht weil ich das Bedürfnis hatte zu quatschen, aber ich hatte das Gefühl ich musste etwas zu ihm sagen. Ihm irgendwie zu sagen, dass alles wieder gut wird. Aber wie kann ich?
Als ich wir uns Logans Haus nährten, verlangsamte ich mein Tempo und fuhr auf den Hof. Logan hatte die ganze Fahrt über seiner Kopf an die Scheibe gelehnt, nun hob er ihn wieder an. Als Logan merkte, dass ihm Tränen in die Augen stiegen, blinzelte er heftig um sie zu vertreiben.
Ohne ein Wort, eine Verabschiedung oder einen kurzen Blick verließ er das Auto und ging mit den Händen tief in den Hosentaschen vergraben zu Haustür. Er hatte nicht darauf gewartet, dass ich das Auto verließ und auch nicht, dass ihm seine Autoschlüssel überreichte. Nichts.
*Nina
Im Flugzeug hatte ich Logans Brief aus der Tasche geholt und ihn auf meinen Schoss gelegt. Der Brief in meinem Schoss brannte wie Feuer. War schwer wie Blei. Es war unmöglich nicht an ihn zu denken, ihn für einen Moment zu vergessen. Ich hatte beschlossen ihn erst zu öffnen, wenn der Flieger abgehoben hat, denn ich war mir unsicher, ob es das Richtige war. Ob es meine Entscheidung weg zu gehen beeinflusste. Von meinem Fensterplatz aus konnte ich das Meer und den Strand sehen, die riesigen Gebäude und ein letztes Mal das Hollywoodzeichen.
Mittlerweile war ich schon etwas mehr als eine Stunde unterwegs und hatte es immer noch nicht geschafft den Brief zu öffnen. Obwohl ich es so gerne wollte. Es kribbelte bereits in meinen Fingerspitzen. Irgendwann musste ich es jedoch wagen. Als ich soweit war, öffnete ich den Umschlag und mir fielen ein paar Bilder in den Schoss. Bilder von vor zwei Jahren. Lange studierte ich die Bilder und ich bemerkte wie mein Herz begonnen hatte zu rasen. Auf den Bilder wirkten wir so unendlich glücklich. Wir waren unendlich glücklich. Und während ich sie betrachtete, erwischte ich mich, wie ich mir sehnlichst wünschte, diese Augenblicke wieder und wieder zu erleben. Erwischte mich, wie mich die Bilder zum Lächeln brachten, mich fröhlicher machten. Mir gefiel es, was die Fotos in mir auslösten und das war falsch, dass wusste ich. Deswegen steckte ich sie zurück in den Umschlag und packte diesen zurück in mein Handgepäck. Es war nicht richtig und ich durfte mich nicht so fühlen. Die Bilder durften nicht diese Gefühle in mir auslösen. Es war wie...es war wie ein Märchen, wie eine Geschichte mit Happy End. Und ich meine, wer erinnert sich nicht gerne die Gute-Nacht Geschichten seiner Kindheit? Da passt Aschenputtel der Schuh, der Froh wird zum Prinzen! Und Dornröschen wird wach geküsst. Es war einmal...und dann lebten sie glücklich bis an ihr Lebensende.
Märchen...der Stoff aus dem die Träume sind! Das Problem ist nur, dass Märchen nicht wahr werden. Das passiert nur bei den anderen Geschichten, denen die mit stürmischen und düsteren Nächten beginnen und schlimm enden. Es sind die Albträume, die anscheinend immer wahr werden. Dem, der sich die Redewendung „Und sie lebten glücklich an ihr Lebensende“ einfallen lies, sollte man kräftig in den Arsch treten. Denn es stimmt nicht, es ist und bleibt eine Redewendung. Das richtige Leben verläuft ganz anders, meins zu mindestens! Menschen werden geboren, werden alt und dann sterben sie. Das ist die Welt in der wir leben. Das ist meine Welt! Ich habe mich furchtbar geirrt, ich dachte, wenn ich zurück nach Amerika fliege, würde sich alles für mich ändern. Doch ich fliege mit dem gleichen, beschissen Gefühl nach Deutschland zurück, wie schon vor zwei Jahren. Nichts hat sich geändert, rein gar nichts! Meine Erwartungen waren viel groß, ich dachte ich könnte es schaffen. Doch so einfach ist es nicht. Diese ganzen schlimmen Dinge blieben mir erhalten, verfolgten mich! Ich kann ihnen nicht entkommen, so sehr ich es mir auch wünsche.
Vielleicht kann ich nur versuchen, für das Gute bereit zu sein und es herein zulassen, wenn es kommt, weil ich es brauchte. Auch wenn gerade alles so sinnlos scheint, ich will doch daran glauben, dass es irgendwann besser wird. Und mit diesem Gedanken lehnte ich meinen Kopf gegen den Sitz und schaute aus dem kleinen runden Fenster. Für einen Moment sah ich auf die weißen Wolken, dann wurden meine Augen schwer und ich musste sie schließen. Es dauerte nicht lange, da war ich eingeschlafen.
Es war nicht verwunderlich, dass ich fast den ganzen Flug über geschlafen hatte. Das zeigte bloß, wie Kräfte raubend die letzten Tage für mich waren, und ich kaum geschlafen hatte. Doch obwohl ich stundenlang schlief, war ich als ich erwachte noch immer müde. Mir blieb aber keine Zeit um noch einmal für einen Moment die Augen zu schließen. Das Flugzeug wird in etwas 20 Minuten landen.
Als ich dann schließlich gelandet war, nahm ich mein Handgepäck und schaute noch einmal an meinem Platz, ob ich alles eingepackt hatte. Als ich mir sicher war, alles dabei zu haben, erhob ich mich und streckte einmal meinen ganzen Körper durch. So langsam war meine Müdigkeit verschwunden, es fiel mir nicht mehr schwer, meine Augen offen zu halten.
Ein Reihe an Menschen ging an meinem Sitzplatz vorbei, als sie vorbei waren, verließ auch ich das Flugzeug.
Zwar war ich nicht mehr müde, jedoch musste ich mich sehr konzentrieren, als ich zu dem Rollband ging, wo ich auf meine Koffer wartete. Die Gedanken waren nämlich noch immer da und machten es mir sehr schwer. Es fiel mir schwer, mich zurecht zu finden. Die Menschenmengen, die zahlreichen Geräusche. Ich war schrecklich verwirrt.
Als ich mich auf den Weg zum Ausgang machte, war es, als würde sie von einem Scheinwerfer beleuchtet worden, als würde sie strahlen wie tausend Sterne. Es war unmöglich für mich, sie nicht zu sehen. Unter Millionen von Menschen hätte ich sie entdeckt.
Ich verlangsamte meine Schritte, atmende tief durch bevor ich mich ihr nährte.
Bei ihr angekommen, schauten wir uns für einen Moment lang in die Augen. Ihre Augen fühlten sich langsam mit Wasser, und auch meine waren dazu bereit. Dann fielen wir uns in die Arme und begannen beide zu weinen. Nie wieder wollte sie los lassen, denn ich spürte wie sehr sie mir gefehlt hatte. Meine Mutter. Ich war total fassungslos. Ich hatte nicht damit gerecht sie hier zu sehen. Sie überhaupt wieder zu sehen.
Ich wollte sie nicht wieder loslassen, wollte dieses Gefühl der Geborgenheit, des Schutzes für immer fühlen. Das Gefühl, dass nur eine Mutter einem verleihen konnte. Auch wenn ich mich nicht von ihr trennen wollte, beendete sie die Umarmung und nahm mein Gesicht in ihre Hände, wischte mit ihren Daumen die Tränen weg, die an meinem Gesicht herunterliefen. Als meine Mutter merkte, dass ich etwas sagen wollte, legte sie mir beide Daumen auf die Lippen und schüttelte leicht den Kopf. Sie musste ahnen, dass ich mich entschuldigen wollte. Das wir uns so gestritten hatten, dass ich sie verlassen hatte, dass ich sie nicht mehr gewollte hatte. Ich war so blind gewesen und das tat mir schrecklich leid. Alles tat mir leid. Sie war meine Mutter, sie konnte es spüren.
Als ich mich wieder etwas beruhigt hatte und mir sicher sein konnte, dass meine Stimme nicht versagen würde, wagte ich es, mit ihr zu sprechen. Ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob ich noch wusste, wie ihre Stimme klang. Es war schon so lange her, als ich sie das letzte mal hörte.
„Ich bin so unglaublich glücklich, dass du hier bist! Aber woher wusstest du...“, ich wollte meine Frage noch beenden, doch ich wusste wohin es führen würde, und ich war noch nicht bereit zu erklären was passiert war. War nicht in der Lage alles in Worte fassen zu können. Es auszusprechen.
Ich bemerkte das Zögern bevor sie mir antwortete. Sie atmete tief durch.
„Logan hat mich angerufen. Er hat mir alles erklärt und es tut mir so schrecklich leid, was dir widerfahren ist. Auch deinen Flug hat er mir durchgegeben.“
„Logan...“, hauchte ich und senkte den Kopf.
„Ja, Logan. Nina, du weißt gar nicht wie sehr ich ihn gehasst habe. Dafür, dass er mir meine Tochter weg genommen hatte. Aber jetzt weiß ich, dass mein Hass unbegründet war. Eigentlich wusste ich es schon immer. Denn er ist der Mensch der dich über alles liebt und dich glücklich macht wie kein anderen. Ich weiß, dass er dich sehr verletzt hat und du schrecklich enttäuscht bist. Aber Menschen machen Fehler. Jetzt weiß ich, dass Logan einer der liebenswertesten Mensch der Welt ist. Willst du nicht noch mal...“
Bevor sie zu Ende sprechen konnte, unterbrach ich sie mit einer Handbewegung. Es war für mich nicht auszuhalten, etwas über Logan zu hören.
Sie akzeptiere meine Entscheidung und nahm mir einen Koffer ab und wir gingen zu ihrem Auto. Sie bat mir an, mit zu ihr und meinem Vater zu kommen, doch ich lehnte ab. Ich brauchte einfach noch mehr Zeit um alleine sein zu können. Denn das, war das was ich am besten konnte. Alleine sein.
Und diesmal war niemand da, der plötzlich auftauchen konnte. Keiner würde kommen, um mit mir zu reden, um mich wieder nach unten zu ziehen. Um mich zu verletzten. Wenn man wirklich alleine war, passiert so etwas nicht.
Nur mit schweren Herzen ließ eine Mutter mich bei meiner Wohnung raus. Sie half mir noch meine Koffer bis zur Tür zu bringen, nahm mich noch einmal fest in die Arme und verließ mich dann.
In meiner Tasche suchte ich nach meinen Schlüsseln. Nach meinen. Nie wieder werde ich die Schlüssel von Logan brauchen. Nie wieder.
Ich sah so lange hinter dem Auto hinterher, bis es in der Ferne verschwand, danach öffnete ich mein Tür und trat herein. Es war etwas erschreckend....das Gefühl das ich bekam. Oder eher nicht bekam. Ich hatte gehofft, ich würde mich freuen zurück zu sein. Mich wieder wie zu Hause fühlen können, aber dieses Gefühl blieb aus. Alles war mir zwar vertraut, aber es bewirkte nicht das was ich mir so sehr gewünschte hatte. Die Wärme fehlte. Die Geborgenheit und der Schutz. Der „Ich bin gerne zu Hause“ Moment trat nicht zum Vorschein.
Meine Gepäck ließ ich im Flur stehen und ging gleich ins Badezimmer. Denn ich bekam plötzlich den Drang mich zu waschen. Ich fühlte mich unrein.
Ich ließ meine Klamotten auf die weißen Fließen sinken und stieg unter die Duschen. Ich wusste nicht warum ich mich so ein Bedürfnis hatte, doch vielleicht hing das mit den ganzen Veränderungen zusammen. Mit dem Neuanfang den ich wagen wollte. Und all das was ich mit mir herum getragen hatte, alles alte, wollte ich von meiner Haut entfernen. Wollte mich von dem ganzen „Schmutz“ trennen. Alles sollte wieder neu, rein und sauber sein. Damit der Beginn der Veränderung einfacher werden konnte.
Doch egal wie lange ich unter der Dusche stand, egal wie stark ich meine Haut rot schrubbte, das Gefühl ging einfach nicht weg. Meine Muskeln wollten sich einfach nicht entspannen. Mein Kopf wollte sich nicht von den Gedanken befreien. Es war alles sehr viel schwieriger als ich es mir vorgestellt hatte.
Als ich mich dann schließlich davon überzeugen konnte, dass eine weitere Stunde unter der Dusche nichts brachte außer erhöhte Wasserkosten, drehte ich den Hahn zu und stiegt aus. Aus dem kleinen Schrank unter dem Waschbecken zog ich mir ein großes Handtuch raus, sodass alle anderen auch mit heraus kamen. Aber das war mir im Moment egal, also wickelte ich mir das Handtuch um den Körper und begann meine Haare durchzukämmen. Ich achtete nicht drauf, wie stark sie verknotet und verfilzt waren, ich kämmte einfach tapfer weiter. Mit meinen Haaren war ich fertig und auch eine kleine Pfütze hatte sich bereit unter mir gebildet.
Mit noch nassen Füßen verließ ich das Bad und hinterließ Fußspuren auf den Fließen und Holzfußboden. Auf meinem Weg zum Wohnzimmer, lief ich durch den Flur. Mit einem leichten Handgriff fasste ich in meine Tasche und ergriff gleich beim ersten Mal, das was ich haben wollte, ohne hineinzuschauen. Es war, als wäre der Brief von Logan, mir direkt in die Hand gesprungen. Ich musste mich nicht mal anstrengen. Ich ging weiter ins Wohnzimmer und ließ mich auf die Couch fallen, zog die Beine an und legte eine Decke um meinen nackten Körper. Bevor ich den Brief öffnen konnte, machte ich mir auf einem Gedanken darüber, wo ich jetzt stand. An was für einem Punkt in meinem Leben ich angekommen war. Ich hatte kein Geld. Keinen Job. Und ich weiß nicht was ich tue.
Bevor ich nach Amerika gegangen bin, um auf die Hochzeit zu gehen, hatte ich meinen Job gekündigt. Ich hatte mir gesagt, dass ich viel zu lange dort bleiben musste, doch jetzt weiß ich, dass ich mich erhofft hatte, dort bleiben zu können. Mit Logan. Glücklich.
Ich habe auf einen Neubeginn gehofft, doch irgendwann war damit Schluss. Es gibt keine Zweifel, irgendwas läuft verdammt verkehrt bei mir. Es war alles falsch. Alles was ich gemacht habe war falsch. Ich habe meine Zeit vergeudet und ich bin nicht mehr das, was ich einmal war. Es ist leicht, doch diesen Weg muss ich alleine gehen. Ich versuchte nicht mehr an den Schmerz zu denken, denn den hatte ich schon zu lange gefühlt.
Jetzt wollte ich nicht mehr weiter darüber nach denken. Mir war klar, dass ich am Wendepunkt meines Lebens angelangt war. Dieser Gedanke reichte mir, jetzt mit denken auf zu hören.
Mit zitternden Fingern öffnete ich den Brief, und zog das Blatt heraus. Ich zögerte kurz, doch dann faltete ich ihn auf.
Liebe Nina,
es gibt so vieles, was ich dir sagen möchte, dass ich gar nicht weiß, womit ich anfangen soll. Soll ich dir zuerst sagen, dass ich dich liebe? Oder dass die Zeit, die wir miteinander verbracht haben, die glücklichsten meines Lebens waren? Oder dass ich in der ganzen Zeit, die wir uns jetzt kennen, zu dem Endschluss gekommen bin, dass wir füreinander bestimmt sind? All das könnte ich dir sagen, und es wäre alles wahr, aber während ich noch einmal überfliege, was ich bis jetzt geschrieben habe, denke ich vor allem eines: Ich wünsche mir so sehr, ich könnte jetzt bei dir sein, deine Hand halten und dein Lächeln sehen!
Ich weiß, dass ich unsere Beziehung in Gedanken immer wieder durchleben werde. Ich werde dein Lachen hören. Dein Gesicht vor mir sehen und deine Arme um mich spüren. Ach, wie sehr ich dich vermisse, mehr als du dir vorstellen kannst. Du bist die liebevollste Frau, die ich kenne, Nina. Du lässt dich nicht verziehen durch Scheine und Münzen. Darüber bin ich sehr froh, denn so etwas gibt es nur sehr selten. Ich kann nicht in Worte fassen, wie kostbar du mir bist und ich werde dich immer in meinem Gedächtnis behalten. Wie ein reines, helles Licht – atemberaubend schön.
Ich werde jeden Tag an dich denken. Ein Teil von mir hat Angst davor, dass du vielleicht irgendwann nicht mehr so empfindest wie ich und vergisst was uns verbindet. Der andere Teil von mir weiß bereits, dass es schon zu spät ist und ich es versaut habe.
Wieso haben wir uns so viel durchmachen lassen, wenn es doch so enden musste? Ich weiß das ich nicht immer fair zu dir war, aber ich vermisse dich trotzdem furchtbar. Und es ist für mich unvorstellbar, jemanden wieder so lieben zu können, wie ich dich liebe. Es ist einfach nicht möglich! In unserem Leben geschieht so viel. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Liebe nur Schmerz bringt. Dich zu verlieren, hat mir so vielen Wunden beschwert und ich habe gemerkt, wie verletzbar ich bin.
Jeden Tag werde ich an dich denken. Jeden Tag werde ich meine Liebe zu dir in Worte fassen und sie dir mitteilen. Denn dir zu sagen, wie sehr ich dich liebe, ist das einzigste was ich kann. Und du verdienst es, jeden Tag gehört zu bekommen, wie wundervoll du bist.
Ich liebe dich!
Logan
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Someone like you
Roman d'amourAls wollte er mir zeigen das er wieder glücklich ist, drückte er Melinda einen Kuss auf die Stirn und ich muss sagen, das es KEIN tolles Gefühl war.Doch ich hatte mir fest vor genommen, mich nicht von den beiden nieder machen zu lassen und mich nich...