*Nina
Ich wickelte mir ein Handtuch um die nassen Haare und rubbelte sie trocken. Dann zog ich mir einen breiten, langen Pullover an. Er reichte mir weit über den Hintern. An den Füßen trug ich weiche Hausschuhe. Eine Hose hatte ich mir noch nicht heraus gesucht.
Bevor ich mich, wie jeden Morgen, auf den Weg zu meinem Briefkasten machte, nahm ich mir das Tuch wieder vom Kopf und kämmte mir die noch feuchten Haare. Ohne Hose und nur in meinem Pulli gekuschelt, ging ich in meinem morgendlichen Ritual weiter. Und dieses führte mich zum Briefkasten. Sobald ich die Tür geöffnet hatte, begannen meine Hände leicht zu zittern, und das lag nicht an der Kälte. Es lag an der Angst.
Ich hasse es wenn ich versuchte nicht zu weinen. Dieses Gefühl, als würde dir jemand die Kehle zu ziehen, wie sich der Kloß in meinem Hals immer mehr vergrößerte und mir den Atem raubte. Ich musste unglaublich viel Kraft auf wenden nicht sofort laut los zu schluchzen, doch ich spürte schon wie der Schluchtzer meinen Rachen herauf wanderte und wie sie meine Augen mit Wasser füllten. Ich schaute nach oben, um die Tränen daran zu hinten, zu fallen, doch sie taten es trotzdem.
Wenn ich dann begonnen hatte zu weinen, habe ich verloren und all die Emotionen die ich aufgehalten hatte, sprudelten an die Oberfläche und rollten mir in Form von Tränen über mein Gesicht.
Ich drücke mir den Umschlag, welcher wie immer morgens in meinen Briefkasten steckte, kurz gegen die Brust und verschwand wieder im Haus, bevor ich meinen Gefühlen freien Lauf ließ. An die vielen Tränen hatte ich mich bereits gewöhnt, es war jeden Morgen das Selbe, aber an den Schmerz werde ich mich wohl nie gewöhnen können. Es fühlte sich an, als würde ich so laut schreien wie ich nur könnte, doch niemand konnte mich hören. Niemand kümmerte es. Es war als würde man von innen sterben und von außen legten sich die Gefühle langsam schlafen. Ich war immer einsam, immer alleine, egal wie viele Menschen ich um mich herum hatte. Niemand von ihnen konnte mir helfen und es begann bereits weh zu tun wenn ich nur versuchte zu lächeln.
Ich hatte diese Emotionen satt, ich konnte sie nicht mehr ausstehen. Sie mussten enden. Sofort.
Aber es funktionierte einfach nicht.
Langsam ließ ich mich an der Tür herunter rutschen, setzte mich auf den Boden. Für einen Moment schloss ich die Augen, hielt mir den Umschlag vor die Nase und atmete tief ein. Der leichte Geruch, welchen ich nun vernahm, ließ die Gänsehaut über meinen Körper wandern, ließ mir die feinen Härchen zu Berge stehen. Und das machte mir Angst. Jedes mal aufs neue machte es mir Angst, wenn ich wieder einmal realisierte, wie viel mir jemand bedeuten kann. Auch nach dieser langen Zeit. Wenn es einen trifft, ich meine wirklich richtig trifft, all diese Gedanken und Fragen rauschen in meinen Kopf. Alles zur selbem Zeit. Wenn sich das traurige Gefühl durch deinen Körper schleicht, Stück für Stück kämpft es sich vorwärts. Und es ist schneller als man denkt.
Was ist wenn ich wegen jemanden nichts mehr auf die Reihe bekomme? Wie soll ich überhaupt weiterleben ohne diesen jemand? Jemand, der am Anfang nur ein Fremder war und nun die einzigste Person ist, die ich so gut kenne wie die Rückseite meiner Hand. Jemand für den ich zu Beginn gar keine Gefühle hatte, hat nun die Kraft mein Herz in tausend Stücke zu brechen. Jemand mit dem man nie etwas unternommen hat, nimmt auf einmal die meiste Zeit meines Lebens ein. Die Person, die ich dachte niemals lieben zu können, nimmt nun den gesamten Platz in meinem Herzen ein. Eine Person, ohne die ich mein ganzes Leben leben konnte, wünsche ich mir jetzt für immer in meinen Armen halten zu können.
Und ich dürfte eigentlich nicht mehr so über ihn fühlen, denn es war meine eigene Entscheidung gewesen. Es ist auch nicht so, dass ich diese Entscheidung bereue, ich dachte bloß ich würde schneller über Logan hinweg kommen. Auf der einen Seite hasse ich ihn mehr als alles andere und auf der anderen Seite bin ich immer noch süchtig nach seiner Nähe. Da sind diese zwei Stimmen in meinem Kopf, die sich rund um die Uhr bekämpfen und einfach keine Ruhe geben. Sie machen mir das Leben schwer.
Alles was ich will ist, dass Logan aus meinen Gedanken verschwindet und doch möchte ich immer noch seine Hand in kalten Nächten halten, und Samstags morgen aufwachen und in sein Gesicht schauen. Ich möchte einschlafen bei dem ruhigen Sound seines Herzschlages und seine samtweiche Haut unter meinen Fingerspitzen spüren. Bevor ich einschlafe, will ich noch einem den wundervollen Klang seiner Stimme hören und aufwachen und die Schönheit seines Lächelns wahrnehmen. Möchte meine Arme ganz eng um ihn schlingen und ihn nie wieder gehen lassen. Möchte ihn küssen von seiner Stirn bis zu den Zehen und möchte in seinem sicheren Lachen versinken. Ich möchte ihn, ihn in seiner Gesamtheit und möchte Logan unendlich lieben. Und doch weiß ich, dass er Gift ist. Toxisch für mein Herz, tödlich für meine Seele. Und doch bin ich immer noch auf der Suche nach ihm, bin süchtig nach Logan wie nach einer Droge.
Ich hatte gedacht ich könnte diesem ewigen Kreislauf irgendwann entkommen, doch ich schaffe es nicht. Mit dem Verschwinden aus L.A hatte ich mir erhofft, dieses schreckliche Labyrinth verlassen zu können. So lange Zeit habe ich in diesem Labyrinth fest gesteckt, habe jeden einzelnen Tag darüber nachgedacht, wie ich daraus flüchten kann und wie wundervoll es sein wird und wie die Zukunft für mich aussehen wird. Doch als ich wieder in Deutschland war, habe ich gemerkt, dass es noch nicht vorbei ist, ich habe bloß ein neuen Abschnitt erreicht. Mir scheint es als wäre das Labyrinth unendlich und unmöglich für mich es zu verlassen.
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Someone like you
RomantizmAls wollte er mir zeigen das er wieder glücklich ist, drückte er Melinda einen Kuss auf die Stirn und ich muss sagen, das es KEIN tolles Gefühl war.Doch ich hatte mir fest vor genommen, mich nicht von den beiden nieder machen zu lassen und mich nich...