Letter 63

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*Kendall

Heute war ein sehr ruhiger und entspannter Tag am Set. Es waren nicht so viele Leute da wie sonst und auch der Geräuschpegel war auszuhalten. Jedoch musste ich sagen, wie sehr ich diese Ruhe auch genießen konnte, mittlerweile nervte sie mich einfach nur noch. Die Ruhe hatte sich schon seit einer ziemlich langen Zeit, hier am Set eingenistet und wollte einfach nicht verschwinden. Diese Stille war für mich bereits nicht mehr auszuhalten und sie war schlimmer als der lauteste Lärm. Das es so leise war, hatte nichts damit zu tun, dass immer so wenige Leute am Set waren. Ganz im Gegenteil. Nur heute wurden nicht so viel gebraucht. Und trotzdem war es eine lange Zeit unausstehlich. 
Es war so deutlich spürbar. Spürbar, dass es nicht nur mir so ging. Alle hier fanden diese Stille, diese Leere furchtbar, aber keiner konnte daran etwas ändern. Keiner fühlte sich in der Lage etwas zu tun, denn jeder hatte Angst irgendwas falsches zu sagen oder zu tun. Das alles lag ganz alleine an Logan. Wir alle wussten was mit ihm war und wie er sich zur Zeit fühlte. Jeder konnte seinen Schmerz verstehen und keiner wollte ihm noch mehr weh tun. Deswegen war mit der Zeit die gute Laune, die jeden Tag da war, verwunden. Stück für Stück. Jeden Tag etwas mehr. Aber niemand gab Logan die Schuld dafür. Er gab sein bestes, versuchte immer sich nichts anmerken zu lassen, wie schlecht es ihm ging. Aber er war zu verletzt und vermisste zu stark, da war es nicht möglich es zu verbergen und das merken alle. Jeder fühlte mit Logan mit und das setzte der guten Stimmung stark zu. Auch jetzt noch, obwohl schon so viel Zeit vergangen war. 

Noch dazu, war Logan derjenige, der immer am meisten lachte, herumalberte und für gute Laune sorgte. Schlechte Stimmung gab es so gut wie nie, was wir zum größten Teil auch Logan zu verdanken hatten.
So wie er es früher geschafft hat, alle zum Lachen oder zum Strahlen zu bringen, schaffte er es nun, uns alle mitfühlen zu lassen. Logan war unglaublich beeinflussend, er zog uns alle mit sich.
Mir war klar, dass er es merkte. Er merkte jeden Tag, was er am Set „anrichtete“. Logan spürte die Blicke, bemerkte die veränderten Reaktionen ihm gegenüber. Oft hat er mit uns gesprochen, dass es ihm so schrecklich leid tut und er wünschte er könnte etwas daran ändern. Logan wünschte sich auch, mit alles so sprechen zu können wie mit Carlos, James und mir. Er wollte offen allen gegenüber sein und versuchen eine Lösung zu finden. Aber er gab selber zu, dass er es nicht schaffen kann, dass es einfach im Moment nicht möglich ist. Und jedes mal, wenn ich ihn dann vor mir sah, war mir zum Heulen zu mute. Es war ganz grausam für mich, diesen Schmerz in seinem Gesicht zu sehen. In seine Augen zu sehen und zu merken wie schuldig und schrecklich er sich fühlte. In seinen Augen war das alles am meisten zu sehen. An keinem Körperteil, war es so deutlich sichtbar, wie bei den Augen. Seine braunen Augen...ja, ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, wann sie das letzte Mal wirklich gestrahlt haben. Jetzt waren sie einfach nur eine dunkle, leere Schlucht. 
Ich sehe ihm an und ich weiß sofort, dass er das nicht will. Er will nicht, dass sich seinetwegen alles verändert, will nicht das sich die Leute ihm anders gegenüber treten. Für ihn ist es furchtbar, die Kontrolle über sich und seine Taten zu verlieren. Das er nicht mehr steuern kann, wie er auf andere wirkt. Es macht ihn fertig. Doch egal wie sehr er sich bemüht hatte, nicht änderte sich. 
Als Logan bemerkt hatte, es hatte keinen Sinn was er tat, zog er sich immer weiter zurück. Ließ sich kaum noch zeigen, redete mit niemanden mehr, außer Carlos, James und mir. Und auch das wurde immer weniger. So verschlossen haben wir ihn noch nie erlebt, auch nicht, nach der ersten Trennung von seiner großen Liebe. Damals war er noch fähig gewesen, eine Lösung für sein Problem zu finden. Auch wenn es die falsche war. Dieses Mal, schaffte er es nicht aus eigener Kraft sein Problem zu beseitigen.

Nur wenn er für eine Szene gebraucht wurde, bekamen wir ihn zu Gesicht, die restliche Zeit verschwindet er in seiner Garderobe. 
Oft frage ich mich dann, was Logan so verändern konnte. Er war ein ganz anderer Mensch geworden, verschloss sich immer weiter. Und jedes Mal wurde mir klar, dass nur die Liebe daran Schuld war. Seine Liebe machte ihm das Leben schwer. Und wenn wir keine Lösung finden, wird es ihn irgendwann vollkommen zerstören, denn auf hören sie zu lieben, wird er niemals tun. Dazu ist er nicht in der Lage. Nichts geht über seine Liebe. Dafür hält er jeden Schmerz aus. Jede Veränderung. Und jeden Rückzug den er tätigen muss.
Auch in der jetzigen Pause hatte sich Logan wieder in seine Garderobe verzogen. Wie bei jedem Pausenende ging einer von uns zu ihm, um ihm bescheid zu sagen, dass es weiter geht. Bei James, Carlos und mir hat sich das schon eingespielt. Haben uns bereits so gut es ging daran gewöhnt. Ganz daran gewöhnen, werden wir nie. Das ist überhaupt nicht möglich. Niemals werden wir uns mit der Veränderung unseres besten Freundes abfinden können. Werden uns nicht damit abfinden können, dass wir rein gar nichts für ihn tun können, außer alles so hinzunehmen.
Heute machte ich mich auf den Weg zu Logan. Als ich durch den weiß gestrichenen, lang gezogenen Flur ging, um zu Logan's Raum zu gelangen, wurde mir von einer Stylistin einen ziemlich großes Hut in die Hand gedrückt. Ihn werde ich für die nächsten Szene brauchen.
Ohne etwas zu sagen, nahm ich den Hut entgegen und behielt meinen Weg zu Logan bei.

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