26. Kapitel

182 20 3
                                    

Dads Erstaunen war vermutlich das größte.  Er wirkte aber positiv überrascht und erwiderte die Umarmung. Nachdem Grandma sich wieder von ihm gelöst hatte erklärte sie: "Mir ist klar geworden, dass jeder sein Leben leben sollte, wie es für ihn am Schönsten ist. Das hat mir der Tod meines Bruders gezeigt. Er hatte früher auch mal jemanden, den er liebte, aber unsere Mutter hat es ihm ausgeredet. Deswegen war er den Rest seines Lebens unglücklich und wollte nie mehr als mich und unsere Mutter als Familie. Wenn du, mein Schatz, mit Michael glücklich bist, dann bin ich damit zufrieden. Auch wenn ich immernoch finde, dass Evelynn sich ihren Freund besser ausgesucht hat." Sie zwinkerte mir zu und ich lächelte zurück. Mal sehen, wie das Leben mit Grandma jetzt werden würde.

Am Abend setzte ich mich mit Ethan wieder vor den Fernseher um einen Film zu gucken. Er hatte einen Action-Thriller ausgesucht, womit ich nicht ganz glücklich war. Die waren mir meistens zu heftig. Nach einer halben Stunde fragte ich ihn dann, was Grandma ihn gefragt hatte. "Ich hatte das letzte Mal als sie da war mit ihr über unseren Streit geredet und sie hat mich gefragt, ob wir uns wieder vertragen haben." "Achso, über sowas kann man mit Granny reden?" "Ja klar, wenn ich mit ihr allein rede ist sie immer relativ verständnisvoll. Kann mir vorstellen, dass sie jetzt sogar noch netter ist." Danach war unser Gespräch beendet und wir schwiegen, während sich die Schauspieler auf dem Bildschirm gegenseitig erschossen.

Es klopfte und wir beide wandten uns zur Tür. Was wollte Mom denn jetzt von uns? Doch es war Grandma, die sich mit aufs Bett setzte und uns fragte, ob sie mitgucken dürfe. "Ja klar Granny. Aber der Film ist ziemlich heftig. Da werden dauernd Menschen umgebracht und so." Ich hatte mich schon lange wieder dem Bildschirm zugewandt als Ethan ihr noch den Film erklärte. "Ach, damit komm ich schon klar. Ist ja nur ein Film und nicht real." Ich war erstaunt über Grandmas Gelassenheit, da Mom und Dad doch noch nicht mal gut fanden, dass wir solche Filme sahen. Nach zehn Minuten verschwand sie jedoch wieder und kehrte kurz darauf mit Chips und Apfelsaft wieder zurück. Wir hätten zwar lieber Cola gehabt, aber die Chips waren toll, vor allem, weil wir zu faul waren um selbst aufzustehen.

Nach dem Film allerdings meinte Granny, dass nun Zeit zum Schlafen war und schaltete den Fernseher aus. Nachdem wir ein bisschen rumgemurrt hatten, verschwand Ethan jedoch in sein Zimmer und ich wischte die Chipskrümel von meiner Bettdecke. Dann ging ich ins Bad und machte mich bettfertig. Vielleicht war es doch nicht so schlimm, dass Granny länger hier wohnen wollte. Nachdem sie endlich verschunden war, las ich noch bis nach Mitternacht bevor mein Licht auch bei mir ausging. Grandma schlief bestimmt schon längst. Unter der Tür zum Nebenzimmer drang jedoch immernoch ein schwacher Lichtschein hindurch, was mir sagte, dass Ethan entweder gerade am Handy oder an der Wii U2 hockte. Er las prinzipiell nie. Es erinnerte ihn an Schule.

Am nächsten Morgen weckte mich der wunderbare Geruch von Vanille, Apfel und frischem Teig. Sofort war ich hellwach. Das musste bedeuten, dass Grandma für uns Apfelkuchen gebacken hatte. Und eins musste man Grandma lassen, so verklemmt sie manchmal war: Backen und Kochen konnte sie. Barfuß und in Schlafanzug polterte ich die Treppe runter um zu sehen ob ich helfen konnte. Der Ofen war allerdings schon wieder aus als ich unten ankam. "Guten Morgen Evelynn. Schon wach?" "Ja, bin vom Geruch aufgewacht. Wie lange hast du eigentlich vor zu bleiben?" "Willst du mich schon wieder loswerden? Weil um ehrlich zu sein hatte ich vor so lange zu bleiben wie ich kann.  Zuhause wartet ja jetzt niemand mehr auf mich." "Nein, ich wollte es nur wissen. Ich freu mich wenn du hier bist." "Das ist ja schön. Triffst du dich eigentlich mal wieder mit Riley? Ich mag den Jungen." "Er ist im Urlaub. Leider. Ich würd mich freuen, wenn er kommen könnte." Sie nickte zustimmend. Ich konnte echt nicht verstehen warum sie so einen Narren an ihm gefressen hatte. Plötzlich wieder müde ging ich nach oben um mich nochmal ins Bett zu legen.

Die Ferien gingen ab dort sehr schnell vorbei. Grandma war ziemlich nett und durchgehend am Kochen. Zwar würde ich Riley dann endlich wiedersehen und Scarlett könnte mich wieder durchgehend vollquatschen doch auch mein wunderbarer Spanischlehrer würde wieder da sein. An diesem Abend jedoch beschloss ich Taylor endlich zu fragen, ob er mich wieder trainieren könne. Um es möglichst schnell zu regeln, rief ich ihn am frühen Nachmittag an. "Hallo, hier ist Taylor Diavelli?" "Hi Taylor, hier ist Evelynn. Ich wollte fragen, ob wir vielleicht wieder trainieren könnten?" "Ja klar, ich hab mich schon gefragt, wann du mich anrufst. Wie wars in Juneau?" "Richtig schön. Was hältst du davon, wenn ich gleich noch vorbei komme?" "Sehr viel. Die Traningseinheit für heute ist schon beendet und ich langweile mich hier schon zu Tode. Ein paar andere sind in einen Club gegangen, aber ich wollte mich um die Uhrzeit noch nicht betrinken."  "Ok. Dann bin ich in einer halben Stunde da. Bye." "Ok, Ciao." Sofort zog ich mir meine Sporthose an, schnappte mir meine neue Lederjacke und ging los. Ich freute mich richtig und strahlte vor mich hin. Ich hatte das Training schon ein bisschen vermisst. Zum Abschied küsste ich Granny noch kurz auf die Wange, dann rannte ich zur Bushaltestelle um den Bus zu bekommen. Er fuhr mir vor der Nase weg -natürlich.

HexenflammenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt