Kapitel 15 - Kälte

55 1 0
                                    

Ich hielt die ganze Zeit über Lenas Hand, wobei ich einschlief...

Als ich wach wurde, war alles so hell. Unangenehm hell.
Als ein Arzt rein kam stand ich vom Stuhl auf. ,,Ich muss nach Hause. Ich muss wieder zur Arbeit. Sonst drehe ich noch durch. Ich nehme jetzt einfach meine Krankschreibung und gehe wieder in die Schule!" Der Arzt sah mich verwirrt an. ,,Hey...ist okay. Gehen sie. Passen sie aber bitte auf." ,,Ja mache ich." Der Arzt lächelte mich an und gab mir noch die Hand. ,,Dann gehen sie. Wir kümmern uns schon um ihre Freundin."

Schnell fuhr ich nach Hause um einige Sachen zu holen. Als ich in der zweiten Stunde in der Schule an kam, sah ich schockierte und besorgte Gesichter.

Thomas legte eine Hand auf meine Schulter als ich im Flur stand und auf den Vertretungsplan sah. ,,Willst du wirklich wieder in den Unterricht?"

,,Ich kann nicht zuhause bleiben. Ich werde sonst nur an Lena erinnert."

,,Was?"

,,Sie...sie hatte einen Unfall...ich weiß keine Details. Sie liegt im Koma...ich war gestern noch bei ihr. Ich bin auf dem Stuhl neben ihrem Krankenbett eingeschlafen...ich musste da raus."

,,Oje...Tom...du solltest zuhause bleiben. Dir geht es definitiv nicht gut!"

,,Wenn ich zuhause bin, dann sitze ich nur im Bett und kann nicht aufhören zu weinen. Hier fühle ich mich wenigstens produktiv."

,,Wenn du meinst. Wenn du Hilfe brauchst, sei ehrlich und sprich mit mir, Niels oder irgendwen anderes."

,,Ja."

,,Okay. Ich gehe schnell auf den Vertretungsplan schreiben, dass du wieder da bist."

,,Ok."

,,Geh' du zur Klasse 5B. Die hätten eigentlich Mathe, mach du mal mit denen irgendwas, Hauptsache die sind beschäftigt."

,,Hm okay."

Also ging ich zur Klasse. Ich hatte noch nie mit einer fünften Klasse Unterricht. Ich hatte sonst immer nur Klassen ab der sechsten. Doch aktuell ging eine Art Seuche bei uns Lehrern um, und es fehlten mindestens 10 Lehrer. Von etwa 25.
Als ich in den Raum kam sah ich wie mich die neugierigen Kinder ansahen. Krass wie klein die waren. Zwischen mir und einigen Schülern lagen vielleicht drei Köpfe Größenunterschied.
,,Guten Tag Kinder."
,,Guten Morgen Herr..."
,,Gröll."
,,Guten Morgen Herr Gröll!"
Sagten sie im singenden Ton.
,,Nun...ihr hättet jetzt Mathe, doch ich bin maximal bescheuert in diesem Fach, also machen wir...hm habt ihr bock auf Deutsch?"
,,Neeee."
,,Das....habe ich mir gedacht. Aber wisst ihr? Wir können sagen, wir hätten Deutsch gemacht, könnten uns aber einfach etwas unterhalten. Was haltet ihr davon?"
,,Jaaaa!!!"
,,Okay. Habt ihr ein Thema über das wir diskutieren können?"
Alle schüttelten den Kopf. ,,Hm...wir könnten uns erst etwas vorstellen und dann...joa."
Also fing ich an etwas über mich zu erzählen. Die Namen konnte ich mir zwar nicht merken, doch das war ja nicht so wichtig.
,,Wie gehts ihnen denn so aktuell?"
Fragte ein kleines Mädchen. Ich glaube sie hieß Lea. ,,Naja...das Leben ist kein Wunschkonzert...sagen wir es so. Meine Mutter ist vor einiger Zeit verstorben, und nun liegt meine Freundin im Krankenhaus und ich warte die ganze Zeit auf den Anruf des Arztes der mir sagt, sie ist aus dem Koma erwacht. Alles in Allem, ist mein Leben gerade am kaputt gehen. Doch wisst ihr was mich motiviert weiter zu machen?"
,,Ihre Freunde und Familie?"
,,So in etwa! Ihr Schüler bringt mich zum weiter machen! Diese Schule ist mein zweites zuhause... Alle die hier sind, egal ob Schüler oder Lehrer, sind ein Teil meiner Familie."
,,Das ist schön zu hören!"
Ich grinste. Diese Kinder waren wirklich niedlich. Mein Luis war auch mal so klein... Ich wollte eigentlich schon immer noch ein zweites Kind.
Doch es passte nie zeitlich.
Luis wollte auch immer ein Geschwisterchen, aber irgendwann gab er diesen Traum auf.
,,Was ist eigentlich so euer erster Eindruck von mir?"
Sofort meldeten sich alle.
,,Sie sind ein sehr netter Kerl. Ihr Unterricht ist klasse."

,,Ich denke, hinter den Fassaden des Lehrers, steckt ein netter, aber auch ziemlich emotionaler Mensch."

,,Sie sind ein wirklich netter, emotionaler und vielleicht etwas sensibler Mensch, doch sie haben einen super Humor, der wirklich erfrischend ist."

,,Sie können wirklich Stimmung im Unterricht machen. Das ist gut."

,,Noch nie habe ich solch einen netten und sensiblen Menschen gesehen, der so gerne über sein Leben und seine Trauer redet. Das ist ziemlich bemerkenswert."

Ich fing an zu lächeln und verabschiedete mich von der Klasse.
Im Lehrerzimmer starrte ich auf meine Kaffeetasse.
Ich war ganz alleine dort. Alle waren irgendwo anders. Da ich noch am Nachmittag Musikunterricht in der letzten Stunde bei der 8C hatte, hatte ich meine Gitarre mit, welche ich rausholte und anfing zu spielen.

,,It's been lonely, trying get your attention from a thousand miles away
And you know me, always overthinking the worst possibilities
Yeah, we both know, in between you and me, there's an ocean
Castaway in a sea and it's frozen
I'm exposed, can't you see, all I need is a little warmth

Without your arms around me
Without you on my skin
Without you on my body, I'm sorry, I'm sorry
I don't mean to be desperate, or pretend that I'm not torn
But I don't want to let go of the things that keep me warm
Without you I'm just cold"

Während ich spielte kamen einige Kollegen ins Lehrerzimmer. Vorsichtig und leise schlossen
sie die Tür und sahen mir zu
,,Ihm geht definitiv nicht gut. Er macht mir Sorgen." Hörte ich Thomas zu Becki sagen.

,,I built a little boat with a sail from the memories I've been collecting
And I'll hold out for the wind to blow me, take me home the whole way, in your direction
Yeah, we both know, in between you and me there's an ocean
And I'm just trying to get a little closer
Pull me in, cause I'm here and all I need is a little warmth

Without your arms around me
Without you on my skin
Without you on my body, I'm sorry, I'm sorry
I don't mean to be desperate, or pretend that I'm not torn
But I don't want to let go of the things that keep me warm
Without you I'm just cold
Without you I'm just cold

And I need a little fire and you're my gasoline
Light me up, I'm burning, with all these things I feel
I'll always hold this flame for you, but it's naked on the breeze
So let me in, don't lock me out or cast me out to sea

Without your arms around me
Without you on my skin
Without you on my body, I'm sorry, I'm sorry
I don't mean to be desperate, or pretend that I'm not torn
But I don't want to let go of the things that keep me warm
Without you I'm just cold
Without you I'm just cold
Without you I'm just cold
Without you I'm just cold"

Becki klatschte freudig.
,,Na wer hat sich wieder in dee Welt der Musik verloren?" Scherzte Thomas. ,,Bist doch nur neidisch, dass du nicht singen kannst." Lachte ich ihm zu und nahm seine Brille von der Nase. ,,Alter dein Ernst?!"
,,So alt bin ich noch nicht! Du bist älter."
,,ALTER! Gib mir meine Brille."
,,Haha selbst wenn ich sie dir gebe, du siehst ja nicht, ob du sie richtig auf hast."
,,Du bist doof!"
,,Gerne. Ich habe dich auch lieb Thomas."
Nun setzte ich mir die Brille auf. ,,Boah! Wie kannst du mit dem Teil nur etwas sehen?! Das ist alles voll verschwommen!"
,,Das ist ja auch meine Sehstärke! Du brauchst keine Brille. Nimm das Teil ab, sonst bekommst du wahnsinnige Kopfschmerzen und eventuell Übelkeit. Ich will deine Kotze nicht weg machen." Allein der Gedanke, dass ich auf den Boden erbrach ließ mich schütteln. Also setzte ich Thomas wieder seine Brille auf und nahm wieder meine Gitarre. ,,Sagt mal, wo ist Niels?"
,,Beim Optiker."
Thomas sah gespielt beleidigt zu Becki, da diese mir schneller eine Antwort gab.

Der Lehrer - Warum ich...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt