Kapitel 42

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Ich ließ die Maske in meiner Hand fallen und taumelte einige Schritte zurück. Mit aufgerissenen Augen starrte ich Liam an und konnte nicht fassen, dass genau er vor mir stand. Sowas war unmöglich. Das alles war nur ein schlechter Witz. Ich träumte gerade nur und gleich würde ich wieder aufwachen. Wie wild begann ich meinen Kopf zu schütteln und meine Augen begannen zu brennen. Das konnte einfach nicht wahr sein. Nicht er. Bitte. Er dagegen starrte mich einfach nur an und sagte kein einziges Wort. Nicht einmal eine kleine Reaktion konnte man aus seinem Gesicht ablesen. Ich legte meine Hände vor die Augen und wollte, dass das Alles wieder verschwand.

"D-Das ist nur ein Traum. Das ist nicht...wahr. G-Gleich...werde ich wieder aufwachen. Das ist nämlich nicht echt. Du k-kannst n-nicht vor mir stehen. Das ist nur ein Traum. Das bist nicht d-du", murmelte ich und Tränen liefen über meine Wange.

"Das ist nicht echt! Ich träume! Warum wache ich nicht auf?!", schrie ich verzweifelt und konnte nicht zu ihm sehen.

Wie verrückt schüttelte ich immer wieder den Kopf und wollte es einfach nicht wahrhaben, denn das Alles konnte einfach nicht die Realität sein. Das durfte es nicht sein. Damit könnte ich nicht leben, denn das war zu viel. Mein ganzer Körper war nun völlig schwach und ich hielt mich nur noch schwer auf den Beinen. Vielleicht war das doch nur ein grausamer Alptraum, der nicht vergehen wollte. Ich meine, es war doch unmöglich das Liam es sein könnte. Es war nicht er, da war ich mir sicher. Niemals. Ich wollte das nicht mehr. Am liebsten würde ich jetzt sterben wollen.

"Warum verschwindest du nicht?! Warum bist du noch immer hier?! Nein, gleich wird alles wieder gut. Ich werde aufwachen, dabei vor meinem Fenster sitzen und...auf dich warten. Du bist gerade nicht vor mir. Ich bilde mir das nur ein", lachte ich und ich konnte die Verzweiflung in seinen Augen erkennen.

Diese Augen.

Ich blieb an seinen Augen hängen, dabei verging mir das Lachen und ich konnte nicht aufhören sie anzustarren. Das waren nicht Liam seine Augen. Er hatte grünblaue Augen, aber nicht die Augen eines Mörders. Ganz plötzlich beschleunigte sich mein Puls und es schmerzte. Für einen Moment verzog ich das Gesicht und blickte auf den Boden, denn es tat weh ihm weiterhin in die Augen zusehen. In Sekunden verging jegliche Emotionen aus meinem Gesicht und ich fühlte rein gar nichts mehr. Nicht einmal Hass oder Wut. Einfach gar nichts. So langsam sah ich verschwommen, jedoch kümmerte dies mich nicht. Ich spürte wie eine einsame Träne meine Wange herunterlief und ich die Augen nun schloss.

Alles war echt.

Es war keine Einbildung, denn Liam stand wirklich vor mir. Er war es. Die ganze Zeit war er vor mir gewesen und ich hatte nie etwas gemerkt. Jetzt verstand ich, warum er von mir Abstand nehmen wollte, warum er mich immer von sich weggeschubste, warum sich genau er zu mir anders verhielte, warum er mich von allem und jeden beschützte, warum er seine Kindheitsfotos vor mir versteckte, warum ich Levin so bekannt vor kam, warum Ace diese Andeutungen machte und das Datum an der Zeichnung. Alles hatte darauf hingedeutet, aber ich war so dumm und hatte rein gar nichts gemerkt. Schon von Anfang an hatte er nur mit mir gespielt.

"Aria", kam es plötzlich über seine Lippen und fasste mich am Arm, aber sofort zuckte ich weg.

"Fass mich nicht an!", platzte es aus mir und er konnte mir nicht mehr in die Augen schauen.

"Ich habe dir vertraut. Ich habe dir alles über meinen Vater anvertraut! Wie konntest du mit mir nur so spielen? Warum?! Was habe ich dir denn angetan, dass du mir ihn weggenommen hast?", wollte ich verzweifelt wissen, aber er antwortete mir nicht.

"Das kann nicht wahr sein. Bitte, es soll nicht die Wirklichkeit sein! Es kann nicht sein das ich mich...das ich m-mich...in den Mörder meines Vaters verliebt habe", sprach ich ungläubig diese Worte aus, wofür mich Liam mit großen Augen ansah.

"Ich habe mich in den Mörder meines Vaters verliebt!", schrie ich auf einmal, als es mir nun bewusst wurde und war kurz vorm durchdrehen.

Ich begann laut zu schreien und weinte, sodass ich unzählige Tränen verlor. Da ich mich kaum noch auf den Beinen halten konnte, stützte mich an der Wand ab. Liam sah verzweifelt aus und wusste nicht, was er machen sollte. Er konnte sich weder zu mir nähern, noch etwas sagen, denn er wusste ganz genau das er damit alles nur noch schlimmer machen würde. So langsam fühlte es sich an, als ob ich keine Luft mehr bekommen würde, weswegen ich eine Hand an mein Herz legte. Schmerzerfüllt verzog ich das Gesicht und sah nun kaum meine Sicht vor Augen.

Am Ende verlor ich mein Gleichgewicht und fiel zusammen, doch bevor mein Kopf auf dem Boden prallte, spürte ich eine Hand, die mich rechtzeitig davon abhielte. Auch, wenn ich ihn am liebsten angeschrien hätte, dass er mich nicht anfassen sollte und sofort verschwinden sollte, brachte ich kein Wort mehr raus, denn selbst das Atmen viel mir schwer. Ich konnte ihn immer wieder etwas sagen hören, jedoch verstand ich es nicht und schloss langsam meine Augen. Die Schmerzen an meinem ganzen Körper vergingen allmählich und irgendwie war es ein gutes Gefühl. Ich versuchte die Augen wieder zu öffnen, jedoch gelang es mir nicht. Kraftlos ließ ich meinen Arm fallen und spürte rein gar nichts mehr.

Die AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt