Kapitel 52

18.5K 549 34
                                    

Zwei Wochen später

Heute durfte ich endlich wieder nach Hause gehen und über dieses Ereignis freute ich mir unglaublich sehr, denn wenn ich länger im Krankenhaus geblieben wäre, hätte ich ausrasten können. Meine Tante war alleine hergekommen, um mich abzuholen und gerade parkte sie in die Einfahrt ein. Mit einem guten Gefühl stieg ich aus dem Auto aus und strahlte förmlich. Tante Amber sperrte die Tür auf, woraufhin ich direkt in eine Umarmung von meiner Oma gezogen wurde, die mich fast erdrückte.

"Oma, ich...b-brauche wieder Luft", lachte ich, weshalb sie mich los ließ und in die Küche reinzog.

"Du hast bestimmt Hunger", lächelte sie, worauf ich nur nickte und mich sofort zum Tisch setzte.

Sie nahm mir gegenüber Platz und beobachtete mich amüsiert beim Essen. Einige Minuten später verabschiedete sich Tante Amber von uns, da sie in die Arbeit musste und somit waren wir alleine. Liam und die anderen hatten noch Schule, weswegen ich sie somit auch überraschen konnte, denn sie erwarteten mich erst morgen. Mir fiel dabei auf, dass ich sehr viel verpasst hatte und hatte somit ein wenig Angst, das ich es nicht mehr nachholen könnte. Außerdem war es mein letztes Jahr, weswegen sich die Unsicherheit in mir breit machte, jedoch blendete ich diesen Gedanken wieder aus und konzentrierte mich auf was anderes.

Erst jetzt bemerkte ich das ich nie nachgefragt hatte, wer überhaupt mein Spender war. Ich hätte mir selbst auf die Stirn klatschen können, denn das war wirklich scheiße von mir. Die Person hatte mir mein Leben gerettet und ich kannte denjenigen noch nicht einmal. Wer auch immer es war, musste ich es herausfinden und mich bei dem Menschen bedanken, denn wegen diesem jemanden, war ich jetzt hier. Aus diesem Grund wanderte mein Blick zu meiner Oma, die gedankenverloren ins Leere starrte.

"Oma?", riss ich sie aus ihrem Gedankengang, worauf sie lächelnd zu mir hochsah.

"Ich habe eine Frage an dich", begann ich.

"Frag ruhig, Liebes", sagte sie und blickte mich leicht neugierig an.

"Wer hat mir das Leben gerettet, also wer war mein Spender?", wollte ich wissen und schlagartig verging das Lächeln aus ihrem Gesicht.

"Oma, alles okay?", fragte ich besorgt, jedoch schwieg sie, weshalb sie mich verwirrte.

"Oma, sag doch etwas", verlangte ich und bekam langsam Angst.

Sie hob den Kopf, um mich anzusehen, dabei waren keine Emotionen in ihrem Gesicht und ich verstand nicht, was plötzlich los war. Hatte ich etwas falsches gesagt? Ich beobachtete sie genau, um irgendwas an ihr zu erahnen, aber nichts. Auf einmal griff sie nach meiner Hand und ich bemerkte nebenbei ihre Nervosität. Was war denn nur plötzlich los mit ihr? Eine ganz normale Frage hatte ich ihr gestellt, warum reagierte sie so komisch?

"Katy", flüsterte sie und für einige Sekunden starrte ich sie stumm an.

"W-Was?", fragte ich verständnislos und irgendwie wollte ich es gar nicht wissen.

"Deine Schwester, hat dir das Leben gerettet", antwortete sie und meine Augen begannen zu brennen, aber ich wollte nicht weinen.

Ich zog meine Hand weg und stand vom Stuhl auf, dabei begann ich den Kopf zu schütteln und wollte nicht glauben, was mir meine Oma da sagte. Katy? Genau sie? Das konnte nicht ihr ernst sein. Erneut schüttelte ich den Kopf und schloss meine Augen. Tief atmete ich einmal ein und aus, aber trotzdem konnte ich den Schmerz in meiner Brust nicht verhindern. Eine einsame Träne lief meine Wange entlang. Es sollte nicht sie sein. Bitte.

"Aria", hörte ich meine Oma sagen und ich blickte zu ihr.

"Warum hast du mir das nicht früher erzählt?!", wurde ich lauter, weswegen sie mich durch traurige Augen ansah.

"Du hättest es nicht akzeptiert und dir wäre es nur noch schlechter gegangen. Ich konnte dich nicht in den Tod werfen! Auf meine Katy konnte ich nicht aufpassen, aber dich konnte ich auch nicht verlieren", erzählte sie und auch ihr liefen Tränen aus den Augen.

"Oma", flüsterte ich verzweifelt und setzte mich neben sie, um sie zu umarmen.

"Wo ist sie?", fragte ich schließlich und sie schien kurz nachzudenken, bevor sie mir es beichtete.

"Bei Liam", antwortete sie, worauf ich mich aus der Umarmung löste und sie ungläubig ansah.

"Wie bei Liam? N-Nebenan?", konnte ich es nicht glauben und sie nickte stumm.

Ich wusste nicht, warum ich das gerade tat, aber ich stand auf und verließ das Haus. Für einen Moment schloss ich meine Augen und atmete immer unregelmäßiger. Es wollte sich auch gar nicht mehr beruhigen. Als ich sie wieder öffnete, blickte ich rüber. Sie war dort drinnen. Langsam ging ich die drei Stufen runter und näherte mich zu den Black's. Schlagartig blieb ich stehen und drehte mich um, da ich zurückgehen wollte, aber ich konnte nicht. Schwer unterdrückte ich meine Tränen und drehte mich wieder um. Mit rasendem Herzen traute ich mich an die Haustür. Automatisch wanderte meine zitternde Hand an die Klingel und somit gab es kein zurück mehr.

Wenige Sekunden später wurde die Tür geöffnet, worauf ich langsam den Kopf hob. Levin stand vor mir und wusste anscheinend nicht so genau, was er sagen sollte. Da ich ihm aber keine Erklärung schuldig war, warum ich nun vor seiner Haustür stand, wollte ich an ihm vorbei gehen, jedoch stellte er sich vor mich, sodass er mir den Weg versperrte. Erneut richtete ich meinen Blick auf ihn, jedoch sah er mich bittend an und Verzweiflung war ihm ins Gesicht geschrieben.

"Levin, geh mir aus dem Weg", verlangte ich in einem wütenden Ton, aber er schüttele nur seinen Kopf.

"Es ist keine gute Idee, wenn du jetzt da reingehst", versuchte er mich umzustimmen.

Ich hörte aber nicht auf ihn und schubste ihn etwas auf die Seite. Sofort platzte ich ins Wohnzimmer und blieb direkt stehen, als ich sie vor mir erblickte. Bei ihrem Anblick riss ich erschrocken meine Augen auf und die ganze Wut in mir verschwand plötzlich. Eine einsame Träne lief meine Wange entlang und ein gewisser Schmerz bildete sich in meiner Brust.

"W-Was ist mit dir passiert?", fragte ich vollkommen schockiert.

Die AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt