Kapitel 17: Hilflos

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Scotts Pov:

„Percy, wach auf", schreit ihn Thalia an und rüttelt ihn dabei an den Schultern. „Okay, okay, okay", murmelt sie und steht dabei auf. Panik erleuchtet ihre Augen. Ich jedoch kann nur auf meinen Cousin starren, der regungslos auf dem kalten und feuchten Waldboden liegt. Wenn man nicht sehen würde, wie sich sein Brustkorb auf und ab bewegt, könnte man meinen, dass er Tod sei. „Okay, ihr bringt ihn zu Deaton, der wird uns grade am meisten helfen können. Ich verfolge derweil das Ding und versuche es einzuholen." Bevor ich nachfragen kann, wie das schaffen will und woher sie Deaton kennt, rennt sie los, in den mittlerweile schon dunklen, Wald. Meine Freunde starren mich an und erwarten, dass ich ihnen sage, was zu tun ist. Aber ich kann nicht. Ich kann mich nicht bewegen. Als wäre ich festgewachsen. Was ist, wenn er stirbt? Wenn er nicht mehr aufwacht? Was soll ich nur meiner Mutter erzählen. Sie bringt mich um. „Komm schon Scott, wir müssen ihn hier wegbringen", höre ich Malias Stimme neben mir. „Scott. Reiß dich zusammen. Wenn du hier nur Löcher in den Boden stehst, kannst du ihm auch nicht helfen." Sie legt eine Hand auf meine Schulter und reißt damit meinen Blick von Percy los.

Ich sehe wie sein Hund zu Percy schleicht und ihn mit seiner Nase berührt. An ihrem Blick kann ich erkennen, dass sie traurig ist. Auch sie guckt mich an, als würde sie erwarten, dass ich ihm irgendwie helfen kann. „Okay", sage ich, mehr zu mir selber als zu den anderen. „Wir bringen ihn zu Stiles Auto und fahren dann zu Deaton. Thalia hat recht. Er weiß am besten was tu tun ist." Ich gehe zu dem am Boden liegenden Jungen hin und will ihn hochheben, zucke aber zurück als ich merke, wie kalt er eigentlich ist und mittlerweile angefangen hat unkontrollierbar zu zittern. Ich höre wie sein Herz gegen seine Brust hämmert und wie sich die Schweißperlen auf meiner Stirn ausbreiten. „Wir müssen ihn schnell hier weg bringen", bestimme ich, mit der Angst, dass er hier draußen erfriert.

Wir tragen ihn zusammen zu Stiles Auto und legen ihn dort auf die Rückbank, wo sofort auch Percys Hund, der mittlerweile wieder eine normale Größe angenommen hat, drauf springt und sich neben Percy legt. Als ich die Beifahrertür aufmachen will um einzusteigen merke ich, wie ich sehr eigentlich zittere. Ich steige in den kühlen Wagen ein und bekomme grob mit, wie Stiles seinen Platz hinter dem Steuer einnimmt. Ich merke einen Ruck und merke, wie sich das Auto langsam in Bewegung setzt. Wie sich die Reifen unter dem feuchten Laub drehen. Ich höre, wie sich auch die anderen Autos in Bewegung setzen und uns hinterher fahren.

Ich blicke zurück auf Percy, der, als würde er schlafen, auf der Rückbank liegt. Der Kopf von Mrs. O'Leary ist auf seinen Beinen abgestützt. Automatisch kommen mir die Bilder von Allison vor Augen. Wie ich ihren leblosen Körper in meinen Armen gehalten haben. Wie sich das Blut auf meinen Händen ausgebreitet hat. Wie ich ihr nicht helfen konnte. Wie hilflos ich war. Wie hilflos ich jetzt bin. Eine Gänsehaut überzieht mich und ich wische mir unauffällig eine Träne aus dem Augenwinkel. Ich kann das nicht nochmal. Ich kann nicht nochmal eine Person verlieren.

„Er wird schon wieder", versucht Stiles mich aufzumuntern und wirft mir kurz einen Blick zu. Er muss wohl gemerkt haben, wie ich ihn angucke. „Deaton wird ihm helfen können, da bin ich mir sicher. Und dieses wütend aussehende Mädchen wird bestimmt auch alles tun, um ihm zu helfen", spricht er weiter und biegt währenddessen auf die Hauptstraße ein, die in Richtung Tierarztpraxis führt. Ich drehe mich wieder nach vorne und hole mein Handy aus meiner Hosentasche.

Kurz nachdem ich Deaton geschrieben und er geantwortet hatte, biegen wir in die Einfahrt der Tierarztpraxis, wo ich schon förmlich aus dem Auto springe und die hintere Tür aufreiße. Ich sehe, wie auch meine Freunde am Straßenrand parken und zu uns rüber kommen. Auch Deaton kommt aus der Praxis und blickt uns besorgt an. „Was ist passiert?", fragt er mich und mustert mich von oben bis unten, um zu gucken ob es mir gut geht, bevor sein Blick auf Percy fällt. „Ich... Ich weiß nicht genau. Es ging ihm den ganzen Tag schon nicht so gut. Und dann war da dieses schwarze Ding", versuche ich zu erklären, kann es aber nicht genau. „Wir bringen ihn erst einmal rein", sagt er uns. Zusammen heben wir Percy hoch und tragen ihn rein. Sein Hund folgt ihm und an seinem Blick kann ich erkennen, wie er uns misstrauisch mustert. Aber wahrscheinlich weiß er, dass wir Percys einzige Chance im Moment sind.

Drinnen legen wir den schwarz haarigen Jungen auf den metallischen Untersuchungstisch und versammeln uns um ihn. „Dann erklärt doch mal bitte genau, was passiert ist", weißt uns Deaton an, während er aus einem der Schubladen ein Stethoskop raus holt und sich schon irgendwelche Spritzen mit Medikamenten bereit macht. „Er war gestern Abend schon so komisch. Er konnte sich nicht mehr daran erinner, was er gesagt oder getan hatte. Die Nacht hat der nicht geschlafen. Er hat Herzrasen und Schweißausbrüche. Und dann grade im Wald, ist so ein Ding gekommen. Schnell. Es hat Percy am Kopf getroffen und dann ist er umgekippt", versuche ich wieder den Sachverstand deutlich zu erklären, in der Hoffnung, dass Deaton ihm so besser helfen kann. Dieser nickt und hört währenddessen sein Herz und die Lungen ab. Kurz herrscht stille. Keiner traut sich etwas zu sagen oder zu fragen. Es kommt mir vor wie Stunden, in denen nichts passiert und ich nur hier stehen und nichts machen kann.

Percys sich hebender Brustkorb zeigt mir, dass er immer noch atmet und gibt mir Hoffnung, dass Deaton ihm helfen kann. „Helft mir seine Jacke auszuziehen", bittet uns Deaton und sofort bin ich zur stelle, um seinen Arm aus der Jacke zu befreien. Als dies geschafft ist und legen wir seine Jacke auf den, in der Praxis stehenden, Stuhl. Ich hab Percy noch nie ohne Jacke gesehen und was ich sehe, verängstigt mich. Seine Arme zieren kleine und größere Narben, die teilweise auch noch nicht richtig verheilt sind. Ob er ihn irgendwelchen Problem steckt? Ob seine Mutter davon weiß? Nein, oder? Sie hätte doch bestimmt schon längst was dagegen gemacht.

Auf seinem Unterarm sehe ich das Tattoo, von dem ich niemals gedacht habe, dass er es wirklich hat. Ein Dreizack mit einem Strich drunter. Seit wann hat er das nur? Vielleicht ist er in irgendeiner Gang drinnen, aus der er nicht mehr rauskommt und sie behalten ihn mit Gewalt drin. Oder irgendeine Sekte. Auch Deaton muss mein Blick auf seinen Unterarm aufgefallen sein, denn im Augenwinkel sehe ich, wie auch er genau auf diese Stelle guckt. „Scott, wer sind seine Eltern?", fragt er mich und reißt somit meinen Blick von Percy weg. „Wie meinst du das?", frage ich nach. „Naja, weißt du, wer seine Eltern sind? Von wo kommen sie?" „Ehm... seine Mutter ist meine Tante. Und sie wohnt in Manhattan. Sein Vater soll wohl auf See verschwunden sein, soweit ich das mitbekommen habe", beantworte ich seine Frage. Deaton scheint kurz zu überlegen, bevor er sich wieder zu seinen Schränken dreht und in diesen herumwühlt, um etwas zu suchen. „Wieso ist das wichtig?", fragt Malia nach, die sich wohl auch fragt, was Deaton dort macht. Dieser macht jedoch einfach weiter und scheint sie zu ignorieren. Dabei murmelt er irgendwas von „irgendwo hier muss es doch sein." „Deaton", sage ich mit Nachdruck in der Stimme, „Was verschweigst du uns?"

Ergeben dreht sich dieser um und blickt mir in die Augen. Kurz scheint er mit sich zu hadern, ob er es wirklich sagen soll oder nicht. „Ich nehme an, dass er ein Halbblut ist." Stille. Was zur Hölle ist ein Halbblut? Und warum vermutet er das? Der Tierarzt muss wohl unsere fragenden Blicke gesehen haben, denn er erklärt weiter: „Ein Halbblut ist eine Mischung aus Mensch und Gott. Also ein Halbgott. Aufgrund des Tattoos würde ich mal auf Poseidon tippen." „Ein Halbgott? Sie wollen uns doch verarschen, oder?" Verständnislos guckt Liam den Arzt an.

„Nein, vor ein paar Monaten kam ein Mädchen zu mir, keine Ahnung wie sie mich gefunden hat, und hat mir von den Göttern erzählt. Sie hat von einem Krieg erzählt und dass ich drauf vorbereitet sein soll, wenn Monster oder eben Halbblute hier auftauchen", klär er uns auf. „Und du hast es nicht für nötig gehalten uns davon was zu erzählen?", fragt Hayden ihn. „Ich wollte, aber ich-" „NEIN! Annie... Nein, nein, nein", reißt uns Percys Stimme aus unserem Gespräch. Er hat wieder angefangen unkontrollierbar zu zittern und er windet sich auf dem Tisch, als hätte er einen schlimmen Albtraum. „Wir klären das später." Damit dreht er sich wieder zu den Schubladen und holt eine kleine Flasche und eine Art Müsliriegel aus. „Das sollte ihm helfen", murmelt er und packt den Müsliriegel aus.

Kurz zögert und in seinem Blick kann ich Unsicherheit erkennen. „Wenn es ihn hilft, dann gib es ihm", weißt Stiles ihn an. „Aber ich weiß nicht wie viel", erklärt Deaton sein Problem. „Ist doch vollkommen egal. Je mehr, desto besser. Sehr viel schlechter kann es ihm doch nicht gehen." Damit reißt Malia ihm den Riegel aus der Hand. Sie für den Riegel zu seinem Mund, als eine Stimme sie stoppen lässt: „Willst du ihn umbringen oder was?"

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Percy in Beacon Hills (Pj x Tw Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt