8. 🎅

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Holmescest

John zog aus. Immer wieder traf ihn dieser Gedanke. Verletzte ihn immer mehr.
Warum hatte er nur nicht auf seinen Bruder gehört?
Hatte nicht darauf gehört, was dieser ihm sagte?
Warum hatte er John in sein Leben gelassen?
Er wusste die Antwort.
Er wollte es Mycroft beweisen.
Wollte beweisen, dass sich dieser auch irren konnte.
Doch ein weiteres Mal hatte Mycroft Recht.
Dieser eiskalte Politiker, der sich sein Bruder schimpfte, hatte Recht. Wie immer.

So langsam bereute es Sherlock, ohne seinen Mantel in die kalte Nacht hinaus gerannt zu sein. Nur sein lilanes Hemd, die schwarze Hose und seine Schuhe bekleideten ihn.
Gänsehaut machte sich auf seinem gesamten Körper breit.
Er zitterte.
Warum war er kein Fisch?
Fische konnten sich ganz einfach an die Temperatur um sich herum anpassen!
Warum war Menschen diese Gabe nicht gegeben?
Menschen.
John.
Er zog aus.
Und wieder sah sich Sherlock mit diesem leidlichen Thema konfrontiert.

Nun fing es auch noch an zu regnen.
Super, dachte er sich ironisch.
Wie scheiße konnte dieser Tag - diese Nacht - eigentlich noch werden?
Fehlte nur noch, das sein geschätzter Bruder auftauchte.
Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, hörte er wie aus weiter Ferne, ein Klackern.
Er schloss genervt die Augen.
Heute blieb ihm wohl gar nichts erspart!
Sherlock Zwang sich zu einem überheblichen Lächeln ehe er sich umdrehte um dem stoischen, kalten Blick seines Bruders zu begegnen.
Doch sobald ihre Blicke sich trafen, wankte Sherlocks aufgesetztes Lächeln.
Da war keine Kälte in dem sonst so kühlen Blick.
Keine Abschätzung, keine Kälte, keine Emotionslosigkeit.

Im Gegenteil.

Mycroft bedachte Sherlock mit einem Blick, der alles für seinen Bruder bedeutete.
Gnade, Zärtlichkeit, Gutmütigkeit, Trauer, Liebe.

Sherlock konnte nicht mehr an sich halten und schluchzte auf.
Hatte er sich in Mycroft getäuscht?
Hatte sein Bruder ihn doch gerne?
Oder war das wieder einer seiner Tricks um ihn, Sherlock, einzulullen und dann umso stärker von sich zu stoßen?

Doch selbst wenn es so sein sollte, war es Sherlock spätestens jetzt egal. Er flüchtete sich in die Arme seines Bruders, Schirmte sich ab von dem Schmerz, von der Wut, von der Welt.
Hier, in Mycrofts Armen, fühlte er sich zum ersten Mal richtig sicher.
Er spürte die Wärme, die Mycroft ausstrahlte.
Spürte, wie sich seine Arme um ihn legten.
Spürte das sanfte Streicheln, das Sherlock einen Schauer über den Rücken jagen ließ.
Er presste seinen Kopf dicht an Mycrofts Brust.
Spürte, wie Mycroft leicht seinen Kopf auf seine Schulter legte.
Es war ein Moment voller Liebe.
Voller Brüderlichkeit.
Ein Moment, in dem Sherlock es sich erlauben konnte, schwach zu sein.
Einmal in seinem Leben schwach zu sein, denn jeder knickt einmal ein. Doch wichtiger ist es, wieder aufzustehen.

My SherlockenderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt