Kapitel 35

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Hallo ihr Lieben!

Heute habe ich ein neues (und hoffentlich besonderes) Kapitel für euch, das letzte ist schon wieder viel zu lange her, aber ich dachte, ich nutze meinen freien Samstag, um euch wieder in die Welt von Lisa und Frau Vogel zu entführen. Ich wollte mich hiermit auch einmal für eure ganzen Votes und lieben Kommentare bedanken. Das bedeutet mir sehr viel. Es kommen auch immer wieder mal neue Follower*innen dazu, worüber ich mich natürlich auch sehr freue – es sind schon fast 300 Menschen. Verrückt! Aber nun habt viel Spaß beim Lesen! :)

Der nächste Morgen war das reinste Chaos. Erst hörte ich meinen Wecker nicht und dann verpasste ich auch noch den Bus, der mich zur Schule brachte. Mir blieb nichts anderes übrig, als auf den nächsten zu warten. Ungeduldig trat ich auf der Stelle umher und schrieb Sophia eine Nachricht, dass sie nicht auf mich warten musste. Es war eisig kalt, das wurde von Tag zu Tag schlimmer, und ich war aufgeregt, weil ich Vanessa heute sehen würde. Das letzte Mal für die nächsten Tage. Ab morgen war sie auf ihrer Weiterbildung, was in mir noch immer ein dumpfes Gefühl zurückließ. Immerhin konnte ich abends mit ihr telefonieren und ihre Stimme hören. Was würde sie der Klasse heute sagen? Mir wurde klar, dass ich die einzige Schülerin war, die wusste, was geschehen war mit ihr. Was man ihr angetan hatte. Wenn nicht sogar der einzige Mensch der Schule. Es machte mich stolz, dass sie mir vertraute. Dass sie mich ausgewählt hatte. Ein angenehmes Kribbeln breitete sich in meiner Brust aus.

Dann endlich kam der Bus und wenn es unterwegs nicht zu Verzögerungen kam, würde ich gerade noch pünktlich kommen. Meine Bedenken waren unbegründet, denn ich schaffte es rechtzeitig. Ich ließ mich etwas atemlos auf meinen Platz fallen und genau in dem Moment betrat Vanessa den Raum. Mein ganzer Körper reagierte auf sie. Sobald sie in meiner Nähe war, war ich glücklicher. Konnte besser atmen. Alles schien so leicht. Sie wurde zu meinem Mittelpunkt und alles drehte sich um sie. »Guten Morgen«, begrüßte sie uns und wieder einmal wurde mir klar, dass sie meine Lehrerin war. So etwas kannte ich sonst nur aus Büchern oder Filmen, aber es war die Realität. Ich liebte meine Lehrerin. Ich konnte es nicht leugnen und wollte es auch gar nicht, denn eigentlich war es doch auch bloß ein Beruf.

Mein Blick war auf ihre Lippen gerichtet, dann wanderte er weiter. Sie hatte die Stellen im Gesicht gut abgedeckt, es fiel kaum noch auf. In der Klasse wurde es etwas unruhig, denn natürlich hatten sie es trotzdem bemerkt. Der Mensch war von Natur aus neugierig. Ein allgemeines Tuscheln begann und ich fühlte mich unwohl in meiner Haut. Ich wollte sie alle anschreien, aber presste die Lippen fest aufeinander. Ich konnte und durfte Vanessa nicht helfen. Nicht hier in dieser Situation. So gern ich das auch getan hätte. Ich kam mir vor wie im Kindergarten und war froh, als Vanessa sagte: »Hört mir mal bitte kurz zu.« Zum Glück verstummten alle und meine Wut auf sie verebbte langsam.

»Ich weiß, dass ihr wissen wollt, wo ich gesteckt habe«, fing sie an. Es war nun absolut still im Raum. Niemand räusperte sich und auch kein Gemurmel war mehr zu hören. Sie zwang sich zu einem Lächeln und ich erkannte, dass es nur aufgesetzt war, aber den anderen aus meiner Klasse schien es nicht aufzufallen. Dann lachte Vanessa auf, um ihre Unsicherheit zu überspielen. So kam es mir jedenfalls vor. Ihre Stimme war etwas höher als sonst, als sie sprach: »Eigentlich ist es nichts Aufregendes. Ich habe mir beim Abwaschen den Kopf am Schrank gestoßen. Es hing der Verdacht einer Gehirnerschütterung im Raum, deshalb hatte der Arzt mir einige Tage Ruhe verordnet. Aber es ist alles wieder in Ordnung.«

Ich merkte, dass es ihr nicht gut ging. Ich wollte aufstehen, sie in meine Arme ziehen, ihr Halt geben, aber ich konnte nicht. Ich durfte nicht. Es machte mich wahnsinnig und wieder entfachte sich eine unbeschreibliche Wut in mir. Dieses Mal richtete sie sich gegen Eric. Ich hasste ihn und wollte ihn mit meinen bloßen Händen erwürgen. Ich war so in Gedanken versunken und bekam deshalb nicht mit, wie Sophia mich ansah. »Du glaubst ihr die Geschichte auch nicht, oder?«, flüsterte sie und mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. »Wa... Was?«, stammelte ich und blickte sie nervös an. »Ich glaube nicht, dass sie sich den Kopf gestoßen hat. Da steckt mehr dahinter.« Stumm schüttelte ich den Kopf. »Nein, warum sollte sie uns anlügen?«, fragte ich und tat so, als würde ich ihrer Geschichte glauben, obwohl ich es besser wusste. Sophia zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, weil wir ihre Schüler und Schülerinnen sind vielleicht?« Dann wandte sie sich ab und folgte dem Unterricht. Auch ich konzentrierte mich auf Vanessa, aber ich konnte nur daran denken, dass ich diese Frau die nächsten Tage nicht sehen würde. Ich vermisste sie schon jetzt, obwohl sie noch da war.

Mitten ins Herz || txsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt