16 - Hinter der roten Tür

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Stunden sind mittlerweile vergangen und die Sonne verschwindet langsam am Horizont, an dem sie orange-rote Spuren hinterlässt. Durch den pflanzenüberwucherten Pavilion betrachten wir die Sternbilder am Himmel, der sich von Minute zu Minute immer mehr ins tiefe blau tränkt. Kyra und ich sitzen nichtmehr  auf dem alten Bett, sondern haben es uns mit einzelnen Kissen auf dem kleinen Balkon gemütlich gemacht. Stille verschluckt jedes Geräusch und ich reiche ihr die Flasche mit dem letzten Schluck Wasser, während Kyra immer noch das von mir Gesagte zu verarbeiten scheint. Noch nie habe ich jemandem von meinen ständigen Albträumen erzählt, die mich noch jetzt an den Unfall erinnern, an meine Operationen nach dem Unfall oder von meinen Problemen mit meinem Dad, der vor allem mit meiner damaligen festen Freundin ein Problem hatte. Wir waren allerdings nicht sehr lange ein Paar gewesen, da mein Dad sie mehr oder weniger verjagt hatte. Er hat sie schlecht geredet bei ihren Freunden, indem er sich Fake-Accounts auf Facebook erstellt hatte und solche Sachen. Das hat mir damals mein Herz gebrochen und das Schlimmste war, dass er damit tatsächlich durchgekommen ist. Generell kann ich wohl sagen, dass mein Vater alles andere als ein Musterbeispiel ist.

Eine Welle von Unsicherheit und Angst überkommt mich. Unsicher, wie Kyra es wohl aufnimmt und ich habe Angst, dass ihr das zu viel ist. „Kyra... ich... verstehe natürlich, wenn dir das alles zu viel ist. Schließlich werde ich nichtmal damit fertig." Als hätte sich ein Schalter in ihr umgelegt, hebt sie ihren Kopf und sieht mit ihren wunderschönen, braunen Augen in meine glasigen, die aufkommende Tränen zurückhalten. Ihre warme, weiche Hand legt sie nun auf meine und ihre Finger umschließen sie. „Ich lasse dich doch jetzt nicht im Stich", antwortet sie mit entschlossener aber dennoch sanfter Stimme. „Du bist mir wichtig und ich unterstütze dich auf jeden Fall. Aber... bitte... lass dich von einem Arzt untersuchen. Ich habe da eine alte Freundin, die das sicher machen würde." In mir kämpfen die Gefühle und Gedanken um die Antwort und ich blicke nachdenklich in die schwarze Nacht. Zwei Hände umschließen mein Gesicht und drehen leicht meinen Kopf zurück. Sie ist mir so nah. Ich müsste mich nur vorlehnen und schon würden sich unsere Lippen vereinen. „Bitte", wispert sie und haucht mir einen Kuss auf die Lippen. „Wie soll ich denn da nein sagen?" erwiderte ich, bevor ich den Kuss fortsetze, in den sie hinein grinst und gebe damit meinen stundenlangen Widerstand auf.

Mit dem nächsten angebrochenen Tag regnet es wie in einem Hollywood-Film. Vor einer guten Stunde hat Kyra ihre „alte Freundin" angerufen und nach wenigen Minuten haben wir auch schon unser Motelzimmer verlassen, um mit dem Auto zu ihr zu fahren. Meine Mum musste kurzfristig auf eine Geschäftsreise nach Spanien, weshalb sie mich wohl nicht so schnell zuhause vermissen wird. Durch den Seitenspiegel des vertrauten schwarzen Autos wird das hellblaue Gebäude immer kleiner. Nie hätte ich gedacht, dass hier so ein Wandel stattfinden kann. Noch vor weniger als 12 Stunden haben mich meine dunklen Seiten der Vergangenheit Stück für Stück innerlich aufgefressen aber jetzt kann ich sie mit jemanden teilen, darüber sprechen. Ich bin damit nichtmehr allein. Es ist ein gutes Gefühl, welches sich mit einem Blick auf den Fahrersitz verstärkt. Da sitzt sie. Konzentriert auf die Straße mit einem leicht angestrengten Blick. Mal wieder könnte ich mich für ewig an diesem Anblick verlieren. Sie weiß jetzt so viel über mich, wir haben so viel gesprochen. Doch trotzdem bleiben viele offene Fragen. Was ist das zwischen ihr und mir? Wer ist sie eigentlich? Ich weiß so wenig... Und habe ich mich tatsächlich in diese wundervolle Frau verliebt? Fühlt es sich so an? Die Liebe? Ich würde gerne alle meine Fragen stellen, möchte jedoch nicht diesen Augenblick zerstören. Meine Zeit wird noch kommen. Vorsichtig greife ich nach einer Hand von Kyra und umschließe sie mit meinen Fingern, wodurch sich ein glücklicher Gesichtsausdruck bei ihr widerspiegelt. Für jetzt reicht mir das, was ich habe. Wir zwei in einem Auto, der blaue Himmel und die lange Straße ins Unbekannte umgeben von Feldern und Wiesen.

Den halben Tag sind wir fast schon gefahren. Zwischendurch mit Pausen, Musik und dann doch der ein oder anderen Frage. Als die Uhr im Auto 14:37 Uhr anzeigt, sind wir scheinbar an unserem Ziel angekommen. Beim genaueren Betrachten unserer Umgebung fällt mir gleich auf, dass es sich um einen kleinen Hof handelt. Ich öffne die Autotür und trete langsam nach draußen. Eine kühle Brise streift mich und ich atme tief die reine Landluft ein. Aus der Ferne ist wohl auch das ein oder andere Tier zu hören. Kyra tritt nun neben mich und hält mir ihre Hand hin. „Kommst du?" Ich greife nach dieser und begebe mich langsam mit ihr zu einer rot lackierten Haustüre, an der wir klingeln. Was wird wohl heute passieren? Wird sich wieder alles in so kurzer Zeit ändern? Während wir warten, wird mir wieder bewusst, warum wir hier sind und was uns, oder besser gesagt mich, erwartet. Die Unsicherheit kehrt zurück. Wie soll ich einer Person vertrauen, die ich zuvor nie gesehen habe? Kyra scheint meinen langsamen Anflug von Panik zu bemerken, der sich wohl auch dezent durch mein verzweifeltes Gesicht äußert und meint: „Hey, das wird schon, ich bin doch da." Sie drückt leicht meine Hand und ich will gerade etwas erwidern, als sich die Tür öffnet.

„Hallo ihr zwei da seid ihr ja!" begrüßt uns eine elegante Dame mit freundlichem Gesicht. Sie scheint wohl ungefähr so alt zu sein wie Kyra, hat blonde, schulterlange Haare und auch braune Augen. Doch diese sind nicht wie die schokobraunen von Kyra, in die ich mich immer wieder verlieren könnte. Mit einer Handbewegung signalisiert sie uns, rein zu kommen. Kaum im Haus, zieht sie Kyra in eine enge Umarmung. Meiner Meinung nach etwas zu eng aber gut. Dann lächelt sie mich freundlich an. „Hey ich bin Christine, freut mich sehr, dich kennenzulernen." „Hallo, ich bin Maja", erwidere ich zurückhaltend. „Na dann kommt mal mit, ich hab vorhin extra noch Kuchen gemacht." Nickend folgen wir ihr in ein gemütliches Zimmer, welches edle alte Holzmöbel und einen großen Tisch in der Mitte stehen hat. An diesen setzen wir uns kurz darauf und jeder bekommt ein Stück Zitronenkuchen von Christine. Ich glaube, dass ich tatsächlich noch nie in meinem ganzen Leben einen Kuchen gegessen habe, der besser geschmeckt hat.

Ok Leute, jetzt gibts mal nach Ewigkeiten wieder ein neues Kapitel. Ich habe schon seit längerem keine Motivation zum Schreiben gehabt und wollte euch dann nicht irgendwas hinklatschen. Ich hoffe, ihr versteht das. Was meint ihr? Wie wird es wohl weitergehen? Wer ist diese „alte Freundin"? Schreibt es gerne mal in die Kommentare <3
Danke übrigens für euren extremen Support, ihr seid echt super!

✔️Eine ganz besondere Liebe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt