Biologie bei Kyra aber ich sollte wohl eher sagen Frau Schneider. Es hört sich komisch an... so fremd. Als würden wir uns nicht kennen. Aber tun wir das? Kenne ich sie? Was weiß ich schon? Ich muss mehr erfahren, bald.
Gutaussehend wie immer betritt sie das Klassenzimmer und wirft mir kurz einen Blick zu. Ich setze mich auf meinen Platz und bin in dieser Stunde wohl die vorbildlichste Streberschülerin, die es jemals in der Geschickte gab. Aber trotzdem ruft sie mich kaum auf und ignoriert mich meistens. Ich kann es auch irgendwie verstehen. Sie würde ihren Job riskieren, wenn jemand das mit uns rausfinden würde. Was auch immer es ist. Könnte ich mit diesem Gewissen leben? Was wäre, wenn ich nicht hier wäre? Wenn sie nicht an diesem einen Morgen mit mir im Bus gesessen hätte... Wäre sie dann vielleicht mit Christine zusammen? Oder mit jemand anderem? Was kann ich ihr schon bieten? Sie ist viel erfahrener als ich in... so ziemlich allem. Ich weiß nicht, ob ich es verantworten könnte, wenn sie wegen mir alles verliert. Als die Stunde zu Ende ist, reißt mich der Gong aus meinen Gedanken.
Ich sehe eine vor dem Pult stehende Kyra, die mich fragend ansieht, während immer mehr Schüler aus dem Klassenzimmer gehen aber ich kann jetzt nicht mit ihr reden, das wäre viel zu riskant. Außerdem steht Lina neben mir und wartet daraus, dass ich fertig bin und wir in das nächste Klassenzimmer gehen. Unauffällig lächle ich der Frau mit den schokobraunen Augen nochmals leicht zu, bevor ich sie wohl etwas verwirrt in dem leeren Klassenzimmer stehen lasse. Lina zieht mich an ihrer Hand zu sich und mustert mich mit kritischem Blick. „Was ist heute los mit dir? Du bist irgendwie anders. Und wo warst du eigentlich die letzten Tage?" „Tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet hab. Mir ging es nicht so gut und mein Handy war tot. Es ist nur... mein Dad ist..." „Ja?" fragt Lina mit Nachdruck. „Er ist wach." Sie bleibt stehen und sieht mich an, als hätte sie einen Geist gesehen. Für einen Moment sagt sie nichts. Sie muss es wohl auch erst verarbeiten, wie ich. Lina hat damals alles mitbekommen. „Ok. Und? Kommst du klar? Wie gehts dir damit?" Sie nimmt mich in den Arm und in dem Moment wird mir mal wieder klar, dass ich die beste Freundin habe, die es gibt. „Vielleicht solltest du dir nicht so viele Sorgen machen", meint sie kund gibt mir einen Kuss auf die Wange. „Schließlich fahren wir am Montag auf Klassenfahrt." „Wie bitte was?" Ich falle aus allen Wolken und sehe wahrscheinlich total komisch aus, denn Lina kriegt sich nicht mehr ein vor lachen. Nachdem sie sich wohl doch irgendwann beruhigt hat, fängt sie an, zu erklären: „Naja nachdem du ja gefühlt heute komplett mit den Gedanken woanders warst. Frau Kramer hat uns heute nochmal daran erinnert, dass wir am Montag auf Klassenfahrt fahren. Herr Hölzner und Frau Schneider sind auch mit dabei. Deswegen hast du ja auch die Liste bekommen." Aus ihrer Tasche holt Lina ein Stück Papier, dass mir tatsächlich bekannt vorkommt und langsam dämmert es mir. „Ahhh danke, ich hab grade irgendwie gar nichts mehr kapiert." Lina lacht nochmal und zwinkert mir zu. „Komm, wir müssen zum nächsten Unterricht du Schussel." Lachend folge ich ihr.
Als ich am frühen Nachmittag daheim ankomme, fliegt erstmal der Rucksack in die Ecke und ich beginne mit dem Aufräumen. Morgen kommt meine Mam zurück und da sollte alles ordentlich sein. Nach circa zwei Stunden ist die Küche sauber, das Wohnzimmer aufgeräumt und was gegessen habe ich auch. In meinem Gammeloutfit liege ich jetzt auf der Couch mit Dutt und dem schwarzen Pulli, den Kyra mir an dem einen Abend in ihrer Wohnung gegeben hat.
Auf einmal klingelt es an der Tür. Bestimmt der Postbote. Ich öffne die sie und vor mir steht eine lächelnde Kyra. Ich bin erstmal komplett überfordert aber sie bleibt ganz entspannt. „Naja also ich hätte ja schon gedacht, dass du dich für mich etwas schicker machst", meint sie locker und spaziert wie selbstverständlich an mir vorbei ins Haus. Ich stehe immer noch überrascht da. „Wie? Warum bist du hier? Weißt du, wie gefährlich das ist? Stell dir mal vor, meine Mam wäre daheim.." „pssst", sagt sie. „Sie ist doch bis morgen auf Geschäftsreise, hast du erzählt und da du heute so komisch in der Schule warst, habe ich als deine Lehrerin natürlich sofort meine Pflicht erkannt und wollte sehen, ob es meiner Schülerin gut geht." „Achso ja." Langsam finde ich mich wieder zurecht. „Willst du was trinken?" Ich gehe in die Küche und nehme ein Glas aus dem Schrank. Als ich mich umdrehe, erschrecke ich mich leicht, denn Kyra steht direkt vor mir. Leicht drückt sie mich gegen die Arbeitsplatte und sieht mich dabei wissend an. Sie weiß, was das in mir auslöst. Sofort muss ich wieder an das letzte mal denken, als wir so dastanden. Als ihre Lippen zum ersten Mal meine berührt hatten und gleichzeitig war es auch das letzte Mal. Seitdem hatten wir uns nicht geküsst und mit einem Mal überkommt mich eine Flut von Sehnsucht. Sehnsucht danach, das zu fühlen, was ich das letzte Mal gefühlt habe. Auch meine Fragen und Gedankengänge erscheinen wieder in meinem Kopf und mit ihnen kommt auch mein Verstand zurück. Ich erwache aus meinem Traum und frage unsicher: „Was- was tun wir hier?" „Naja so wie es aussieht, waren wir gerade dabei, uns fast zu küssen und dann sahst du plötzlich so aus, wie heute in der Schule, als ich mich gefragt habe, was los ist." Wir entfernen uns ein Stück voneinander, allerdings nicht zu weit. „Weißt du, du kennst vieles an mir, dass ich fast niemandem erzählt habe bis jetzt und ich weiß so wenig über dich. Ich... möchte dich einfach besser kennenlernen. Ich habe immer wieder so viele Fragen im Kopf und ich kenne keine Antworten." Kyra streicht mit ihrer Hand über meine Wange. „Hey ich beantworte dir alle Fragen, ok? Du kannst mir vertrauen. Ich möchte dich auch genauer kennenlernen." Sie nimmt mich in den Arm. Es ist so ein wundervolles Gefühl von Zuhause. „Komm, ich helf' dir, deine Tasche für München zu packen und erzähle dir ein bisschen was über mich. Wie klingt das?" Ich lächle und greife nach ihrer Hand, an der ich sie hoch in mein Zimmer ziehe. Sie macht es sich auf meinem Bett bequem, während ich schonmal anfange. „Alsooo was kann ich über mich erzählen? Ich komme aus Köln und bin nach meinem Studium direkt hierher gezogen. Meine Eltern wohnen immernoch da und sie sind mir sehr wichtig. Meine Mam, Ingrid, strickt mir immernoch total gerne Socken weil ich im Winter immer friere und mit meinem Dad, Franz, habe ich früher immer gerne Holz gehackt. Irgendwann haben wir sogar ein Brett für eine Schaukel aus dem ersten Holzstück gemacht, das ich alleine geschafft habe, durchzuhacken. Dort haben meine Eltern ein kleines Haus mit einem Garten und wenn im Frühling alles blüht, ist es dort wunderschön. Mit 14 habe ich mich beim Boxen verletzt und darf seitdem nichtmehr spielen. Das habe ich geliebt. Ich konnte mal Gitarre spielen und mein Lieblingsessen ist tatsächlich Pizza. Den Pulli, den du anhast, habe ich mir damals an einem richtig kalten Tag gekauft. Ich war im Urlaub in den Bergen und auf dem Heimweg. Ich habe so gefroren und als ich den Pulli gesehen habe, hab ich ihn mir einfach gekauft. Danach hab ich nichtmehr gefroren", lacht sie. Ihr Lachen ist wundervoll und so ansteckend, dass ich gleich mit einstimme. „Was meinst du? Ist das gut für den Anfang?" fragt sie. Ich gehe zu meinem Bett, auf dem sie sitzt und nehme sanft ihren Kopf in meine Hände. „Für den Anfang", grinse ich, „reicht das schon. Ich denke, ich werde wohl immer mehr über dich wissen wollen." „Da geht es uns wohl beiden gleich", meint sie nur. Wir sehen uns eine Weile in die Augen, bis mein Blick auf ihre Lippen fällt. Ich zögere. „Hey, du musst das nicht tun..." Ihre Worte verlieren sich in der Stille, als ich sie zu mir ziehe und wir in einem tiefen, langen Kuss versinken.
Wie findet ihr das neue Kapitel? Bald geht die Reise nach München. Jetzt seid ihr dran, zu entscheiden! Soll das nächste Kapitel aus Kyras Sicht oder lieber dich aus der von Maja handeln? Schreibt es doch gerne in die Kommentare oder schickt mir eine Nachricht auf Instagram (hannah_shw03), in der ihr auch Vorschläge für die weitere Handlung miteinbringen könnt. Ansonsten bis zum nächsten Kapitel<3
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✔️Eine ganz besondere Liebe
Roman d'amour[...]Sie nimmt jetzt ihren weißen, flauschigen Wollschal ab, zögert für den Bruchteil einer Sekunde und wickelt ihn mir langsam und vorsichtig um den Hals als würde sie befürchten, ich könne zerbrechen. Die Frau mit den schokobraunen Augen sieht in...